Carcinosin (Fibrosarkom) –
Das Problem der Verdrängung eines Konflikts
in die körperliche Ebene
Protokoll einer Verreibung
Inhalt
Vorwort
C1
C2
C3
C4
Bericht von Teilnehmer 3 (C5-Verreibung mit
C5-Text)
Stoff: |
Fibrosarkom *1 |
Prüfungs-Datum: |
2001-03-08 (C1 – C4),
2001-03-09 (C5) |
Prüfungs-Status: |
unblind |
Personen: |
4 Männer |
Autor: |
Olaf Posdzech |
Datum: |
2001-04-10 |
Textstatus: |
Vollständige Abschrift des Tonbands |
*1 Der Patient, von dem das Fibrosarkom stammt, litt an
einem Tumor des Fußes, der vom Weichteil ausgehend, auch den
Knochen arrodierte. Der Tumor wurde mehrfach operiert, bis beim letzten
Mal der halbe Fuß entfernt wurde. Bei Untersuchungen konnte das
Gewebe nicht eindeutig als gut- oder bösartig identifiziert
werden. Bis zum Tag der Verreibung wurden keine Metastasen
festgestellt. Das Interesse des Patienten und seines Behandlers lag
darin, durch eine Verreibung und die anschließende Einnahme des
homöopathischen Mittel mehr über das Thema seiner Krankheit
und seines Tumors zu erfahren.
Abbildung 1: Hieronymus Bosch "Brennende
Weltlandschaft" (Ausschnitt)
Vorwort
Es war uns nicht klar, ob in dieser Verreibung eines Fibrosarkoms in
irgendeiner Art die Thematik von Carcinosin spürbar werden
würde. Die dann aufgetretenen Themen bis hinein in den C-5 Text
eines Teilnehmers haben zumindest mich persönlich davon
überzeugt, dass wir das Thema von Carcinosin bei dieser Begegnung
ein Stück weiter verstehen und spüren lernen.
Wichtige Themen der Verreibung:
- verdrängte Aggression
-
- Ausbrüche von Gewaltphantasien
- alter Ärger
- Gedanken über eine Welt voll Mord und Gewalt
- Isolation
-
- Gefühl der Entfremdung von einer Welt, die nicht so
harmonisch funktioniert, wie das Ich es sich wünscht
- sich zurücknehmen
- innere Leere
- Verzichtbereitschaft
- Kontaktverweigerung zu einem Konflikt
- abgespaltene Sexualität, Gedanken über die Verbindung von
Sexualität und Aggression
- Drehung, verdrehte Drehrichtung
- Asche
- Tanzen als Ausdruck der Lösung
Abbildung 2: Geographische Position der
Prüfer während der Verreibung
Der Patient, der sein Fibrosarkom für diese Verreibung gegeben
hat, nahm auch selbst an ihr teil (Teilnehmer 1). In den
Auswertungsgesprächen nach jeder Stunde gab er nur sehr wenige
Sätze zu Protokoll. Sei es, weil er tatsächlich wenig
gespürt hat, sei es aus Scheu oder Zurückhaltung diesem
unbekannten Ritual gegenüber.
Um so verblüffter war ich, als der Patient in der C3 zu einem
langen Monolog über die Rolle der Asche in unserer
Welt ansetzte. Zur Asche würde alles werden, und aus der Asche
würden wir alle kommen. Er zählte dann viele Bereiche auf, in
der die Asche in unser Leben tritt. Ich selbst hatte Witold Ehrlers
Ankündigung über die Rolle der Holzasche (Cinis ligni) als ein
Antwortmittel für den Krebs bis zu diesem Zeitpunkt immer skeptisch
gesehen. Eine Holzasche-Verreibung, an der ich ein halbes Jahr zuvor
teilgenommen hatte, war für mich die reinste Tortur. Sechs Stunden
lang keine Gefühle, keine Emotionen, keine Gedanken und
völliges Unverständnis darüber, was einzelne andere
Teilnehmer mit ihren Erlebnissen in jener Verreibung ausdrücken
wollten. Und nun brachte dieser Patient plötzlich das Thema Asche
ganz massiv auf den Tisch! Dem Patienten war unbekannt, dass das
homöopathische Mittel Holzasche existiert. Er selbst hatte es auch noch
nie bekommen.
Olaf Posdzech
März 2001
C1
Einige Wochen vor der im Anschluss dokumentierten Verreibung wurde
das operativ entfernte Fibrosarkom von der Frau und dem Sohn des
Patienten gemeinsam mit seinem Behandler zur C1 verrieben. Die
während dieser ersten Verreibung aufgetretenen Gefühle und
Themen waren den Teilnehmern 3 und 4 der zweiten Verreibung nicht
bekannt.
Teilnehmer 2
- ernst! etwas Unsicherheit, Traurigkeit
- weiches wattiges Gefühl im Oberkörper,
Schmerz in den Zähnen
- Am Ende: milde Zugewandtheit.
- Kopfschmerz hinten links am Schädelrand. Brustbeklemmung,
Jucken rechts (rechter Hals, rechte Schulter, rechte
Wade)
- Hitze im Gesicht (alle Teilnehmer)
- Kloß im Hals
- Traurigkeit
- Pulsschlag linke Schulter, wie ein "Pockern", am linken
Auge spürbar, wechselt von rechts nach links
- Kiefernmuskelspannung, Stirnkopfschmerz, trockener
Hals!
- Der Satz taucht auf ‚Ich bin
isoliert.‘
- stille tiefe Traurigkeit, Räuspern,
Stirnkopfschmerz besonders über den Augen
- Es geht nicht leicht! Eher stumpf, ruhig, etwas bitter,
zurückgezogen, schwer, leer stumpf, ernst, bilderlos
- Kribbeln unter den Augen, Jucken rechte Wade und linker
Oberschenkel
- Gefühl, mich zu vergraben; Gefühl ich habe schwer
zu tragen
- Unruhe, Gefühl wie im Käfig
- trocken, langweilig, etwas ungeduldig, Zeit vergeht langsam (in den
folgenden C-Stufen verging die Zeit allmählich immer
schneller)
- Schmerz im Schultergürtel
Sohn des Patienten
- Mühe, Mühsal, die Kehle schnürt
sich zu, der Atem fällt schwerer
- Die Kehle tut weh, wie wenn man sehr lange geweint
hat. Quälende Mühe – sie macht wütend!
Sich fremd fühlen und weglaufen wollen! Schwere
Last, müde, gedrückt.
- Nächste Runde: Leichtigkeit, Tanzen! Eine
Glocke läutet immerzu im Himmel, fröhlich. Bilder vom Stapfen
durch tiefen Schnee – zu Hause fühlen, wohl fühlen,
heimisch, warm ums Herz!
- Arbeit, Verpflichtung, Last. Widerwillen, weg
wollen! Unwohl sein, rumlaufen wollen! Etwas tun, nicht
stillsitzen!
- Mir wird schlecht! Kotzgefühl, grippig!
- Mein Weg führt über Kopfsteinpflaster. Mir gleitet alles
aus den Händen-Gefühl. Langsamer werden! Langsamer ist
besser! Weicher, langsam, ohne anzuhalten.
- Entspannung, ferne Galaxie
Frau des Patienten
- beklommen, Herzklopfen, Schwächung
- Wir haben es nicht verstanden! Der Tumor will und was
sagen! Gefühl, ich zerstöre den Tumor. Der Tumor hat
uns unsicher und ängstlich gemacht. Daraus wird "Ich kann ihn
zerstören!"
- Als mein Sohn rieb, entspannte ich mich. (Diese Dynamik tauchte bei
beiden auf: Immer wenn der eine rieb, entspannte sich der andere und
bekam schöne Bilder.) Gedanken wurden friedlicher. Das
"Warum" löste sich. Entspannt, nicht bösartig.
C2
Teilnehmer 3
- Starke Kopfschmerzen an den Schläfen und vorn, wie ein
Eisenband, das sie zusammenpresst oder hineindrückt (ich kenne
sonst keine Kopfschmerzen); der Kopfschmerz drückt auch in die
Ohren.
- Ich habe dabei ein Gefühl, als müsste ich gegen
etwas ankämpfen, etwas, das mein Leben bedroht, mich
einmauert. Mit dem Kopf durch diese Wand müssen. Das
Gefühl ist sehr unangenehm.
- Kurze Gedanken an Delphine, ganz leichtes befreites Gefühl
dabei. Es ist sowas wie ein Erlösungsbild für mich.
- Ich mag niemanden von euch in die Augen sehen aus Angst, ich
würde bewertet und hätte keinen Bestand vor euch. Ich bin in
einem Gefühl, wo ich mich selbst für wertlos
halte: "Ich bin doch nebensächlich für die
anderen." Wichtig ist, dass ich nur den kleinen Raum
einnehme, der mir in dieser Welt zusteht!
- Ich fühle mich wie ein Stück trockenes
Holz, ohne Gewicht – es ist wenig Emotion in mir da
(wenig Wasser). (Der Teilnehmer dachte wegen diesem Holzgefühl
auch an Cinis Ligni, welches nach Witold Ehrler eine Begleitmittel bei
Krebs sein soll. Das erzählte er jedoch erst später.)
- Die Frage ergibt sich: Was ist mein Gewicht? Und das
Gefühl der Antwort dazu ist das verschwindende Gewicht dieses
Holzstückes. Das macht mich noch nicht mal richtig traurig.
Ich fühle mich wie eine Sache, eine unwichtige
Sache.
- Der Kopfschmerz ist immer noch da und ich frage mich: Was
bedräng mich? Was ist diese Mauer? Für einen kurzen Moment
kommt ein Gefühl, sie ist gar nicht richtig da, sie ist wie aus
Papier – mehr von mir selbst gemacht in meiner
Einbildung, als von der Wirklichkeit!
- kurze Verwirrung über die richtige
Drehrichtung beim Verreiben
- Der Stuhl von Teilnehmer 2 knarrt rhythmisch beim Rühren, als
würden es zwei Leute darauf treiben und ich denke: Wie unpassend!
Ich finde das richtig eklig! Er soll aufhören! Ich will
von diesem Thema nichts wissen!
- 50´: Die Kopfschmerzen halten immer noch an. Ich habe ein
Bild dazu, es könnte auch eine Männerhand sein, die meine
Stirn mit eisernem Griff festgepresst hält. Was will sie??!??
- Der Stuhl von Teilnehmer 2 knarrt wieder so aufreizend und
penetrant. Ich will nicht hinhören, doch das Geräusch fesselt
meine ganze Aufmerksamkeit. Es macht mich wütend. Für einen
kurzen Moment sehe ich, wie ich ihm meinen Pistill auf den Schädel
einschlage und sein Schädeldach zertrümmere!
-
Das hat er davon!
Hier hat Frieden zu herrschen!
Teilnehmer 4
- Ich hatte gleich das Gefühl: Sorgfalt! Die Substanz muss ganz
sanft verrieben werden. Ich habe mich bemüht, es wie samten
auszukleiden. Es hat mich immer geschmerzt, wenn jemand von Euch
irgendwie geknirscht hat.
- Dann kam ein kurzes Bild von indischen Adligen, die eine
religiöse oder Tanz-Zeremonie durchführen.
Mata Hari kam mir in den Sinn.
- Ich hatte auch kurz Kopfschmerz. Und dann wurde mir
speiübel! Also mir ging es ziemlich lange sehr
schlecht! Ich habe einen Moment gedacht, ich muss das aufhören
oder ich muss mich übergeben! Ich habe dadurch ein bisschen
Tränen in den Augen gekriegt – das war einfach die
Stärke der Übelkeit. Das ist jedes Mal wieder gekommen,
sobald ich versucht habe, den Stoff stärker zu reiben. Immer, wenn
ich den so locker in der samtenen Atmosphäre gelassen habe, ist
das weggegangen und hat sich beruhigt. und wenn ich versucht habe,
stärker zu reiben, ist diese Übelkeit wieder gekommen.
- Dann habe ich so ein Bild gekriegt von tanzenden, glänzenden
Frauen in einer Erdhöhle. Das hat mich auch sehr
beruhigt. Dieses samtene Gefühl haben mir auch diese Frauen
gegeben.
- 10´: Im zweiten Intervall hatte ich eine Erinnerung an ein
geschäftliches Versetzt-worden-sein vor 30 Jahren (!), als mich
ein Geschäftspartner mal versetzt hat. Das fand ich seltsam, dass
mir das gerade jetzt in den Sinn gekommen ist, denn das ist ein
lange zurück liegende Erinnerung! (Der ist mit meinem
Geld abgehauen.)
- Es ist schwieriger an die Tänzerinnen zu kommen, weil jetzt
mehr Material in der Schüssel drin ist. je mehr Zucker drin war,
desto mehr hatte ich Schwierigkeiten, and en Grund zu kommen.
- Dann hatte ich Zahnschmerz, der über 20 Minuten von links nach
rechts zog.
- Mir kamen Flechten in den Sinn. Irgendwie habe ich
gedacht, ich möchte eigentlich gern auf eine Wiese. In der Wiese
fand ich keine Entsprechung zu mir, aber in den Flechten schon! Die
Tänzerinnen waren für mich so ein zäher,
dunkler, glänzender Strom, irgendetwas, das so dunkel auf
mich herunter tropft.
- 30´: Lärchen-Flechten kamen mir in den Sinn.
Eigenartiger Weise auch wieder geschäftliche Sorgen (ein
Geschäft, das ich letztens hatte, wie ich das abwickeln soll und
wieviel Gewinn ich damit machen kann). Dann dachte, es müsse ja
auch in der Fauna für mich eine Entsprechung geben – und das
waren Schlangen. Und dann sind mir Verrat und Lüge auch in Bezug
auf Mata Hari und dieses geschäftliche Versetzen in den Sinn
gekommen. (Mata Hari war eine Spionin, die wohl sogar Doppelagentin
war. Es gibt einen Film mit ihr, da ist sie sehr edel mit goldener
Krone abgebildet in diesem Tempeltanz. Eine eigenartige Vermischung von
kultiger Religion und Sexualität.)
- Dann ist mir aufgefallen, dass ich völlig nach links zusammen
knicke und rechts eine riesige breite Seite offenbare, die aber
irgendwie taub ist. Die Idee dazu war, dass der Segen eigentlich von
links kommt (das hatte ich auch als Gefühl), und rechts muss etwas
aus mir heraus gezogen werden. Weil es sonst schlecht ist für
mich. Aber ich komme nicht richtig in die Mitte. Weil ich links so
zusammen gekrümmt bin, kann mich auch niemand richtig segnen.
Teilnehmer 1 (Patient)
- Beim ersten Verrühren habe ich eigentlich gar nichts gedacht
oder empfunden. Doch, gedacht schon – aber eigentlich
konzentriert auf das, was ich tat. Und weiter ist eigentlich nichts
passiert
- Beim zweiten Verrühren hatte ich den Eindruck, dass ich einen
sehr schweren Teig rühre, der sehr zäh ist, und mich
unwahrscheinlich anstrengt. Und dass ich ein ganz schweres linkes Bein
bekomme – so schwer beweglich wie der Teig, den ich gerade
bearbeite. Es war wie im Sumpf stecken.
- 10´: Dann entstand ein Zucken in dem linken Bein, ein
Nervenzucken.
- 20´: Im dritten Verrühren war eigentlich eine
ausgesprochen Ruhe. Fast eine Müdigkeit, dass ich fast vergessen
habe zu rühren. Dann löste sich das ein bisschen auf. Dass
ich wie so nach einer Schrecksekunde ein bisschen zu mir kam, damit mir
nicht der Behälter zwischen den Beinen durchrutschte.
- Nebenbei habe ich auch den (knarrenden) Stuhl wahrgenommen und
gedacht "Armer Stuhl!"
Teilnehmer 2
- Es war eigenartig. Ich hatte einmal das Gefühl, ich habe wenig
Gefühle, Gedanken, Bilder (obwohl einiges schon war). Aber es gab
ein Gefühl von einer Unbefriedigtheit, einer Leere, ein
bisschen missmutig. Ob das alles gut genug ist, ob
ich gut genug bin, es gut genug mache. Ein Wunsch, mehr zu
haben und dann auch immer weggleiten in irgendwelche Alltagssachen oder
praktische Sachen. Als einer von euch sagte, er braucht noch einen
Kugelschreiber, habe ich schon zwei weitere ausprobiert und hingelegt!
(Ich war mit diesen praktischen Sachen anders zu Gange als sonst.)
- Am Anfang habe ich einen starken Druck oben in der Brust
gefühlt, auch wie ein Kloßgefühl im
Hals, als wenn er trocken wäre (aber er war gar nicht trocken).
Ein starkes Kribbeln zog sich im rechten Unterkiefer lang, auch ein
bisschen ums Auge.
- Dann gab es ein auswegloses Gefühl, so "Ich kann
nicht!" Das war alles ein bisschen traurig, schwer
– aber nicht richtig traurig, dass ich mich jetzt wirklich
traurig gefühlt habe. Ich habe es nachher "milde
Traurigkeit" genannt. Irgendwann guckte ich mal mehr so
von oben und dann fühlte ich mich vergnügt, aber das war auch
so mehr eine milde Vergnüglichkeit, nicht ausgelassen sondern
mild.
- Magenschmerzen
- Ich hatte einmal ein gerührtes Gefühl bei Gedanken an
einen Menschen, den ich mag und bei Gedanken an
Gemeinschaft. Aber das waren wie so kurze Verbindungen (ich
habe mich auch mehr so wie getrennt gefühlt). Es gab so kurze
Momente, wo sie so vor mir auftauchten – und dann floss was ganz
Warmes, das war dann wieder weg. ‚Ich bin
verzichtbereit.‘ kam auch als Satz.
- Zum Schluss: Ach, ich mach nicht mehr! Was soll das alles?
Müssen wir das hier tun?
- In Gedanken war ich auch immer wieder beim Patienten, was der wohl
denkt, was das alles soll. Und ob das überhaupt etwas bringt. Ob
das nutzbringend ist.
C3
Teilnehmer 3
- Beim Erzählen von Teilnehmer 2 spürte ich auch ein
Druckgefühl im Sternum wie von einem trockenen Kloß.
- drückender zermürbender Kopfschmerz, fühle mich
dumpf und gleichgültig, 30 Minuten lang!
- 30´: Dann dachte ich, die Leere sei im Kopf, weil ich wegen
der Kopfschmerzen nicht denken kann. Später merke ich, ich
will gar nicht denken!
- 45´:Wegen dieser Leere kam zum Schluss ein Gefühl, da
ist gar nichts zu verstehen! Das Ganze war ganz einfach nur ein
Irrtum, dass das gewachsen ist! (Es kommt mir vor, als
würde so ein Kobold mir das ins Ohr flüstern.)
-
Zugleich sagt mir eine andere Instanz in mir: Das kann nicht
stimmen! Das würde meinem ganzen bisherigen Verständnis von
Krankheit und Heilung widersprechen!
- 55´: Der Kopfschmerz und die Ohrenschmerzen sind immer noch
da. Daran merke ich, dass noch nichts gelöst ist. Offenbar
will ich nicht darüber nachdenken, warum ich krank
bin. Ich merke, es gibt irgend etwas, dem ich mich nicht
stellen will!
Teilnehmer 4
- Ich war auch seltsam unbeteiligt. Das auch, es ist
keine Substanz mehr drin, keine Energie mehr drin. Ich verreibe nur den
Zucker. Es fühlte sich auch so zäh im Mörser an!
- Ich kam mir vor im ersten Intervall wie ein abgenagter, gammliger
Knochen im Wasser, der so träge, trübe dahinschwingt, und ab
und zu beißt jemand ein Stück ab. Große
Entfernung zum Leben.
- Ich hatte das Gefühl, die Ursache dieser Krankheit
liegt nicht im Menschen selber, sondern in der Zeit, in Deutschland, in
übergeordneten Instanzen!
- 10´: beim zweiten Intervall wurde ich
wütend über diesen Klumpen im Mörser,
dass wir den hier in diesem Raum verreiben müssen! Draußen
ist Leben – und wir müssen hier sein! Das hat mich sehr
geärgert! Ich habe dann gedacht, ich würde viel lieber mit
euch angeln gehen!
- 30`: Im Dritten Intervall hatte ich das Gefühl, vielleicht ist
gerade das gemeinsame Verreiben der Sinn, weil wir ja kaum zusammen
Angeln gegangen wären! Dass wir das hier machen, das es
überhaupt noch so ein paar Leute sich zusammenfinden
konnten unter diesem Aspekt und unter diesem Thema, unter dieser Arbeit
– dass das sehr gut ist, dass das gut tut. Das ist schön!
Ich war dann auch nicht mehr wütend.
- Zum Schluss hatte ich so das Gefühl, ich würde gern ans
Meer gehen. Übers Meer gucken und so eine Gefühl von Weite
haben.
Teilnehmer 1 (Patient) – Monolog über die
Asche
- Ich habe an Asche gedacht! An alles, was mit Asche zusammen
hängt. Das ist ungeheuer, wenn man mal über ein Wort
"Asche" nachdenkt! Was da alles dran hängt! Unsere
Entstehung – auch so im Ganzen – hängt mit Asche
zusammen! Letztendlich stehen wir vielleicht sogar drauf. Die
Asche beeinflusst uns ungeheuer. Die Asche entsteht aus dem
Feuer, das wir in die Hand gekriegt haben. Wir haben aber auch sehr
viel Unglück damit angerichtet. Im Grunde haben wir unendlich viel
– und machen heute immer noch sehr viel –
verbrennen die Wälder. Jetzt verbrennen wir im Moment die Tiere
auf den Feldern (Anmerkung: Zur Zeit der Verreibung wurden in England
wegen der Maul- und Klauenseuche ganze Herden verbrannt). Im letzen
Krieg haben wir unendlich viele Menschen verbrannt für
Kriegseinflüsse und durch sogenannte "ethnische
Säuberungen". ... Ein ungeheures Unheil in dieser
Asche, das man da erfährt!
-
Und da fiel mir ein, dass das eigentlich ein ganz innerlicher
Bestandteil meines Lebens ist diese Asche, die erzeugt wurde durch die
Dinge, die in meinem Leben um mich herum geschehen sind, die mich
bewegen bis heute hin. Immer wieder das unvorstellbare
Martyrium, das Menschen durchgemacht haben – egal ob sie
jetzt zur Front marschiert sind, oder da weg, oder in
Konzentrationslagern und dort vernichtet wurden. Welche
Fähigkeiten der Mensch hat, diese Menschen auch zur Asche zu
machen! Und wie letztendlich alles in Schutt und Asche gefallen ist.
Und wir haben kein Ende gefunden! Es ist immer noch so! Jeden Tag! Das
ist unfassbar!
Und andererseits, zu einem anderen Zeitpunkt habe ich gedacht: Die
Asche hat auch wieder das Gute. Die Vulkan-Asche sorgt für neues
Leben! Aus der Asche entstand neues Leben – um uns herum auch
wieder. Und es wird auch mit Sicherheit aus der Erde oder von
Außerhalb vielleicht eines Tages auf uns mal wieder Asche regnen,
die wieder alles zerstört, was wir aufgebaut haben. Und wir werden
auch nicht müde, um uns herum immer wieder neue Asche zu
fördern.
Ja, das ist es eigentlich sinngemäß. Aus dem kleinen
Häuflein weißen Zeug hier.
T3 |
Darf ich etwas fragen? Habt ihr jemals über Holzasche
geredet? |
T2: |
Ich glaube, nicht. (Zum Patienten gewandt) Hast du jemals von
deinem anderen Behandler Holzasche bekommen, Cinis ligni? |
T1 |
Nein. |
T3 |
Ich bin gerade sehr beeindruckt. Ich habe es vorhin nicht gesagt,
habe es vielleicht auch wegzensiert. Ich habe, als ich dieses
Holzgefühl hatte am Anfang, da kam mir der Gedanke – es
gibt einen Apotheker, der hatte die Eingebung, dass Holzasche ein
Mittel wäre, das helfen kann, wenn man so Geschwüre hat,
etwas zu verstehen, etwas zu klären. Ich habe das nie verstanden.
Ich habe das auch verrieben – und überhaupt nichts
verstanden! Als ich vorhin dieses Holzgefühl hatte, kam so der
Gedanke: Ah, es hat doch irgendwie etwas mit Holz zu tun. Und
verbranntes Holz – ja, das könnte doch irgendwie stimmen.
Und jetzt erzählst du plötzlich so viel von Asche! |
T1 |
Ja! |
T3 |
Dass du dir so viel Gedanken über Asche machst, das
plättet mich schon! |
T1 |
Die Medizin hat ja seit..., Die Urmenschen haben ja mit Asche aus
Opfern oder aus anderer Asche auch medizinische Mittel produziert und
haben die verabreicht.
Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich irgendwann einmal
etwas auf Holzasche-Basis bekommen hätte. |
Teilnehmer 2
- Spannend!
- Erst mal knarrte der Stuhl gleich wieder, und ich hatte ganz stark
das Gefühl, dass ich vorher auch schon in der Runde hatte: Oh,
jetzt muss ich mich wieder ganz gerade hin setzen! Denn der knarrt
nämlich immer, wenn ich mich entspanne und zurücklehne.
- Dann wurde mir auf der rechten Seite sehr kalt! Ich fühlte
Traurigkeit und dachte: "Meine Gott, je trauriger
ich mich fühle, um so wütender fühle
ich mich und desto auswegloser fühle ich mich
(weil ich mir da nichts machen kann)." Ich dachte, was machen wir
denn eigentlich hier? Ich hatte dann sowas wie ein
Missbrauchsgefühl: Wir verreiben hier Krebs! Worum geht es uns
dabei? Geht es jetzt dabei darum, Erfahrungen daraus zu holen? Und ich
dachte, mein Gott, da steckt so viel Leid drin! Ich kriegte so viel
Mitgefühl. ... Es ging immer um dieses
Verantwortungs-Ding: Darf das überhaupt sein, dass man
jetzt hier sowas tut? Hat das einen Sinn? Ist das im
Eigeninteresse oder geht es darum, bei etwas zu helfen, etwas zu
verändern? Wo ist das Gefühl hier bei dieser
Auseinandersetzung mit dem Leid? Ist das nicht alles viel zu
nüchtern betrachtet? Ist das eine Ware, eine sachliche Ware? Wo
ist das Herz? Und ich hatte wieder so ein ganz auswegloses Gefühl
dabei, so zu erstarren. ... Ich könnt natürlich jetzt klare
Sachen dazu sagen. Aber ich hatte dabei die ganze Zeit das Gefühl,
ich kann das nicht lösen, ich bin dem so ausgeliefert!
-
Dann kam der Satz "Bin ich nützlich, mit dem, was ich
tue? Oder bin ich (und dabei kam so ein bisschen Freude auf)
einfach nützlich, wenn ich so da bin?" Einfach mit
dem "Da bin". Ich kann diese große Frage nicht
beantworten, es war einfach zu groß! Es ist okay, einfach so da
zu sein.
- 10´: Dann tat die ganze rechte Seite weh,
Hüfte und Schultergelenk. Ich spürte eine große Last im
Nacken. Trockenes würgendes Kloßgefühl im Hals,
Stirnkopfschmerz, kalte Füße, unruhige Wut. Aber:
Ich spüre eine unruhige Wut, doch ich spüre
überhaupt kein Gegenüber! Ich denke dann: Ja, woran
könnte sie sich richten – und hole das quasi so (gedanklich)
herbei. Im Realen fühle ich mich im Gegenüber und das macht
auch noch einmal dieses hilflose Gefühl: Was soll ich denn damit
machen, bitteschön?
- Dann kam ganz stark immer wieder der Satz: "Du sollst
nicht töten!" Dann kamen ganz kurze Gewaltbilder und
so ein inneres Gefühl (ruhig): Ich töte nicht!
Fühle mich aber ernst, hart, verletzlich (eine
komische Mischung: ernst und hart und darunter so verletzlich).
- Ich will hier weg! Ich will da nicht hin
gucken!
- Ich mache jetzt einfach weiter – auch wenn ich nicht
weiß, ob es richtig ist, was ich da tue. Dann kommt Traurigkeit,
Sehnsucht nach Nähe und Verbundenheit.
- Und dann kommen Bilder in diesem Reiben, wenn ich da so reinfalle:
vom Tanz und Auflösung. Und da kam ein
Wohlgefühl und der Satz "All die
Verantwortung kotzt mich an! Ich will einfach nur
sein!" Da kamen ganz schöne Bilder vom Loslassen: Wie ich
über eine Wiese kugele, mich im Wasser so drehe. Da dachte ich
"Ja! Es geht um lustvolles fühlendes Sein!" Darin
fühlte ich mich ganz wohl!
-
Dann kam ich wieder zu dem Töten zurück und
fragte mich, hat denn das Töten irgendwie etwas damit zu tun?
Ich habe nicht so richtig etwas gefunden und sagte nur so vor mich hin
"Ach, leck mich am Arsch!" Dann kam wieder ein ganz gutes
Gefühl. Wobei – auch bei diesem "Leck mich am
Arsch" gab es kein reales Gegenüber! Es gab niemanden, wo ich
wusste, gegen wen muss ich mich denn da jetzt abgrenzen, um
mich wohl zu fühlen, um mich frei zu machen von dieser Bürde
und mich frei zu bewegen und wohl zu fühlen in meinem Körper?
Aber da gab es keinen! (Klar gab es so ein paar Vertreter, aber die
waren es irgendwie nicht!) Es gab nie das reale
Gegenüber. Als wenn das was Größeres ist!
- Also der Gedanke, dass das was Größeres ist,
dass das was kollektiveres ist, den hatte ich auch. Das zieht
sich durch alle von uns.
T4 |
Ich hatte bei mir auch stark dieses Loslassgefühl, dass ich
Ruhe hab! |
T2 |
Das war ein ganz befreiendes Gefühl, diese Bilder, die ich
dabei hatte. Trotzdem fühle ich mich auch ernst und schwer darin.
Ich konnte das aber auch spüren und genießen und habe
meinen Körper lustvoll erlebt.
(Pause) |
T4 |
Bei jeder Bewegung mache ich den Kreis durch unseren Kreis von
Personen (innerlich) mit. Vielleicht in dem Sinne, dass dieses
kleine Kollektiv hier eine Antwort wäre es diesem
großen Kollektiv gegenüber zu stellen, das als Verursacher
möglicherweise in Frage kommt. Denn mir hat das sehr gut getan,
dass wir jetzt hier verrieben haben! Ich habe mich sehr ruhig
gefühlt. Sonst hätte ich halt gedacht, so alleine das
wäre auch wieder irgendwo eine Scheiß-Vorstellung. Aber in
Anbetracht, dass wir hier auch jetzt eine kleine kollektive Geschichte
wieder realisieren können, das fand ich sehr
beruhigend! |
T2 |
Das hatte ich auch. Als ein
Gemeinschaftsgefühl kam, so plötzlich. Das
war wie ein kurzer Lichtstrahl, der da rein fiel! |
T4 |
Ich hatte auch dieses Ding, dass man nicht mehr alleine
dieser Überlast der kollektiven Verantwortung
entgegensteht, sondern dass man selbst auch irgendwie fühlt, dass
es kleinere Kollektive gibt, die dem entgegen stehen. |
T2 |
Wir haben diese Krankheit, bzw. Krankheit überhaupt
wird immer nur als individuelle Last genommen! "Ich bin schuld,
dass ich das hab." |
T4 |
Das kann ja auch sein! |
T2 |
Das ist auch mit drin, es ist eine Zeitkrankheit! Es ist nicht nur
ein ... |
T3 |
(zum Patienten) Ich fand das sehr schön! Du hast eigentlich
für mich sehr viele Antworten erhalten, so in diesem einen Mal.
Das hat mich sehr beeindruckt. Du konntest das gut formulieren! |
T2 |
Aus dir (selbst), aus deinem Streben nach der Wahrheit. |
T1 |
Ja, ja das ist etwas, ... das beschäftigt mich sehr, als ich
diese... Ich bin eigentlich zu dem Ergebnis gekommen (wenn ich jetzt
hierauf eingehen soll) unsere ganze Epoche ist effektiv zu kurz, als
dass man heut erwarten kann, dass der Lernprozess der Menschen eine
Veränderung bringt. (Das kommt vielleicht noch mal, dass die
Menschen einander anders begegnen!) Aber ... Es ist sehr schwierig.
Ich denke auch schon manchmal: Man trifft ja heute auch auf sehr viel
aggressive Menschen, Menschen, die ein bisschen nur so für sich
durch die Welt gehen. Ich möchte sie immer festhalten und
sagen "Ich bin nett zu dir – sei du nett zu
mir!" Aber es geht nicht! Man kriegt sie nicht zu
fassen!
Es ist ein schönes Beispiel (Das ist ja häufig schon
passiert) ein junger Mensch in Amerika schießt da mit dem
Revolver auf dem Flur einen Mitschüler tot. Was passiert??! Was
hat sich da ereignet??! Ich bin der Ansicht, das ist ein Mensch, der
weder zu Hause ein Liebe und Wärme erfährt, noch in seinem
Umfeld in der Schule noch sonst im privaten. Das schürt
Aggressivität, Hass, und entlädt sich in so einer Sache!
Wir grübeln und grübeln nun immer darüber, was macht
man mit so einem Menschen? Ins Gefängnis stecken oder in die
Psychiatrie, oder man lässt ihn wieder frei loslaufen. Damit hat
sich das! Da liegt das Problem, dass die Menschen einander nicht mehr
annehmen!
Ich habe mal ein sehr schönes Buch über einen
Aboriginies-Stamm gelesen, der durch die Wildnis läuft, um ein
Heiligtum zu erreichen. Es ist eine Gemeinschaft, die miteinander
lebt. In dieser Gemeinschaft hat jeder seine spezielle Fähigkeit.
Der eine kann Honig finden, der andere kann Schlangen fangen, der
dritte weiß genau, wo er Wasser findet. Der vierte kann nur
einen Knopf annähen oder irgendeine einfache Tätigkeit.
Jeder hat einen Tag in dieser Wanderschaft, in dem er das ausleben
soll, was er kann – und wird dafür furchtbar gelobt und
lieb gehabt. Und das ist das, was eigentlich eine
Gemeinschaft ausmacht! Und da sind wir so weit von
weg! Dass wir einander nicht mehr sprechen, dass wir aneinader
vorbeilaufen! Es gibt nur noch Gruppen von Interessengemeinschaften,
die sich dann in Vereinen oder in Filmen oder Gesprächen
zusammenfinden, nachher auseinander laufen und auch wieder einsam
sind! Da müsste die Gesellschaft anfangen! Denn sie
werden uns nicht vom Himmel fallen (vielleicht doch – durch
Wiedergeburt, kann auch sein, das die Menschen dann hier auf Erden mal
wieder erscheinen und dann weitermachen wo sie mal angefangen haben zu
lernen. Das kann auch sein) Aber ich denke, die Menschen
selber müssen wieder anfangen, zueinadner zu gehen und
miteinander umzugehen! Dann passieren nicht so viele schlimme
Dinge!
Dann kommt vielleicht auch mal einer auf die Idee und würgt alle
diese scheußlichen Filme und vorgelebten Scheußlichkeiten
ab, die da immer ablaufen in Film und Fernsehen (das ist
fürchterlich)! Man macht eine Fernsehzeitschrift auf –
jedes dritte Bild ist jemand, der hält so ein Metall in der Hand,
das ist die Pistole!
Ja, das sind so Dinge, die mich beschäftigen. |
T2 |
(nach einer Pause)
Ich habe jetzt natürlich auch ganz viel Gedanken dazu: Was ist
Aggression in der Welt? Wozu ist sie da? Was ist ihr Sinn?
(Pause)
Wollt ihr erst mal etwas essen oder gleich die C4 machen? |
T4 |
Ich könnte schon was essen (wenn ihr auch Hunger habt). Aber
wenn ihr möchtet, können wir auch weiter reiben. |
T3 |
Ich würde lieber erst die C4 machen. |
T1 |
Ich passe mich an.
(Alle anderen lachen daraufhin.) |
In der Pause nach der C3 gingen wir essen und kamen an einem
großen Hund vorbei, den Teilnehmer 2 im Vorbeigehen an der
Schnauze knuddeln wollte. Der Hund sprang auf und schnappte drohend zu.
Teilnehmer 3 fragte ihn darauf hin: "Wie viele Körperteile
willst du riskieren, um dein Konzept aufrecht zu erhalten, Wölfe
seien friedlich?"
C4
Teilnehmer 3
- 20´: Der Gedanke kommt: Vielleicht geht es gar nicht darum,
dass ich etwas begreife. Vielleicht kann ich es auch
gar nicht. Vielleicht ist meine Funktion einfach nur,
unverstanden mitzumachen und dafür bin ich auch in dieser
Verreibung wichtig (auch wenn mich ein anderer
ersetzen könnte jederzeit).
- Die Hand, die auf meiner Stirn presst, wird plötzlich zu einer
Hand, die zieht. Sie greift immer wieder zu und zieht endlos lange
Spinnenweben aus meinem Hirn! Diese Spinnenweben sind wohl
Vorstellungen davon, wie die Welt zu funktionieren
habe, und wie sie nunmal nicht ist. Die Hand zieht und zieht,
und ich merke: Die Welt ist nicht so, wie ich sie mir
wünsche! Sie ist auch nicht falsch. Sie ist so, wie sie
ist – und ich kann versuchen, mich dem zu stellen und es
vielleicht irgendwann zu verstehen, woher das "Falsche" und
"Schlechte" im Leben der Menschen kommt. Oder ich kann mein
Konzept von der Welt aufrecht erhalten und daran leiden. Oder ich kann
den Schmerz verdrängen, dass sie anders ist, als ich das
wünsche.
-
Ich schreibe diese Gedanken auf und merke, ich kann das, was ich
innerlich höre, überhaupt nicht für mich
akzeptieren.
Ich will eine andere Welt!
Ich habe das Gefühl, das Thema ist für mich zu schwer. Es
gibt so eine Ahnung, dass die Lösung in diesem Konflikt zwischen
dem Lauf der Welt und meinem Wunsch so etwas wie eine Kapitulation von
mir sein dürfte. Irgendwie geht es wohl darum, mich darauf
einzulassen, dass die Welt so ist. Das ist mir gleichzeitig zu
einfach. Kapitulation im Sinn von "Es ist egal" oder
"ich löse mich mit meinen Wünschen völlig auf"
kann auch nicht die Lösung sein! Da ist zu wenig Spannung
drin!
Ich merke, ich muss einerseits kapitulieren und einwilligen in diese
Welt und andererseits trotzdem die Spannung halten und ihr
meinen Wunsch entgegensetzen! Als Wunsch und ohne Gewähr, dass sie
sich ihm jemals nähert.
Teilnehmer 4
- Es ist das Bild entstanden wie diese New-Age-Bilder, wo man im
Zentrum so ein Licht hat oder es ist weiß und außen wird es
immer dunkler so in Farbabstufungen. Das kennt ihr vielleicht? Diese
Idee, die sich mit diesen Bildern verbindet, dass im Zentrum irgendwo
ein Licht wäre oder dass man sich bloß zu zentrieren
bräuchte auf eine Schönheit oder auf eine
Göttlichkeit und dann würde ein Segen entstehen
– dass das alles komplett falsch ist! Ich habe
diese Bilder als eine Fälschung empfunden und als einen
völlig falsch verstandenen Weg, hier zu leben oder mit dem, was
hier ist auf der Welt umzugehen!
- 10‘: Im zweiten Intervall hatte ich die Idee, dass wir sitzen
und reiben wie Götter. Wie versteinerte Statuen. Und wir
könnten reiben bis in alle Ewigkeit – es würde
eigentlich nicht viel entstehen, es würde nicht viel Neues kommen.
Weil sich einfach die Geschichte immer wiederholen muss, bis
man sie verstanden hat! (Oder Teile der Geschichte.)
- 20‘: Dann im dritten Intervall hatte ich das Gefühl,
dass die Last sehr leicht geworden ist. In der C2 war für mich
eine bewegte Welt und Leidenschaften und Intrigen (sehr menschlich
auch). Und jetzt in der C4 ist sehr Entfernung von allem
Menschlichen!
- Ich hatte dann aber auch zum ersten mal nirgendwo Schmerzen im
Körper! Ich fühlte mich sehr ausgeglichen links rechts, hatte
diesen Zug nach links nicht mehr. Für mich ist dann noch die Frage
aufgetaucht, wie das in der C1 war, ob das noch eine bewegtere
Verreibung war als in der C2? Mir ist dann die Idee gekommen von einer
Umkehr – dass die größte Bewegung in der C1
ist und je weiter man in der Verreibung hinaus geht, dass man sich
immer mehr davon entfernt. Wie eine Umkehr der
Wesenhaftigkeit – also nicht, je höher du gehst,
kommst du an eine höhere Idee ran, sondern dass die höchste
Wichtigkeit schon ganz unten ist (also der, der du begegnen
sollst).
- Ähnlich wie Teilnehmer 3 auch das Gefühl, dass ich hier
einfach reibe, um diese Handlung zu realisieren. (Jetzt nicht
das persönliche Ersetzbarkeitsgefühl.) Aber dass man
einfach hier reibt und man versteht nichts und es ist trotzdem wichtig,
dass man verreibt!
Teilnehmer 1 (Patient)
- Es ist alles gut, was sie gesagt haben. ... Ich kann das eigentlich
nicht ergänzen. Ich kann es nur bedenken und vielleicht ... dran
arbeiten? Aber ich kann eigentlich nichts hinzufügen. Oder ich
hatte jetzt während des Verreibens keine anderen
Überlegungen, die ich zusätzlich sagen könnte.
Teilnehmer 2
- Ich war in einem ganz anderen Film!
- Erst mal hatte ich "Was spielt Geld für eine Rolle, und
was wird darüber ausgetragen?" Damit war ich am Anfang kurz
beschäftigt.
- Dann hatte ich ein Gefühl: So viele Gedanken sind da,
praktische, theoretische. Die Welt ist so groß –mir
ist das alles zu viel!
- Dann kamen die Gedanken in die Pause und ich sah vorher so (in uns)
Gedanken an die Gemeinschaft und Wunsch nach Gemeinschaft. Was
Teilnehmer 1 erzählte von der Gewalt und mit der Liebe, und wie
die Gemeinschaft so weggeht. Und ich sehe uns dann in die Pizzaria
rübergehen – wir drei rechts und du (der Patient, Teilnehmer
1) einzeln links! Ich sagte kurz zu dir "Und so viel zum Thema
"Gemeinschaft"!" Es war so ein Impuls. Ich dachte,
"Huch, du bist so ganz einzeln!" Ich habe dann auch in der
Pause immer wieder Entfremdung
gefühlt. Ich habe gedacht, hier im Raum war es so
dicht – und in der Pause war es so nebeneinander! Da gab es so
Sachen, wo ich mich dran gestoßen habe, wo ich
hätte etwas dazu sagen können. Jeder von uns hatte so etwas,
wo er so in sein Separé ging! Ich schrieb, "Ich mag die
Leute in der Verreibung. In der Pause ist mir im Charakter zu viel
Abgrenzung! Der Patient geht allein!
Gemeinschaft ist der Wunsch." Ich spürte bei
mir auch ganz viel, dass dieses offene Herz der Wunsch ist.
-
Ich fand das alles recht schwer. Ich merkte, wie zu ich mich
fühlte und wie der Wunsch da war nach Offenheit. Dann kam wieder
dieses Satz (diesmal ein bisschen anders): "Ihr könnt
euch alle mal verpissen!"
Es ist ein Fortschritt. Denn er ist jetzt da im Kontakt und an jemand
Konkreten gerichtet! Wobei das nicht nur an euch war, sondern es wurde
immer größer (auch im Laufe der Verreibung)! Es ging in
etwas zurück, womit ich mich im Moment sowieso so
beschäftige, diese ganze Abnabelungs-Zeit die jeder irgendwann so
besonders mit der Mutter hat. Wo gerade dieser Konflikt ("Bleib
hier, ich brauche dich!", und "Geh weg, ich will mein
Freiheit!") am stärksten ist. Wo in der Psychologie auch ganz
viel Störungen darauf zurückgeführt werden, dass
Eltern die Wut, die ihnen da entgegen kommt, auch nicht aushalten
können. Und dadurch oft etwas sehr Wegweisendes kommt,
dadurch kommt eine sehr große Einsamkeit! Aber es gibt nun mal
den starken Wunsch des Zurücks! Das ist so eine ganz sensible,
verletzliche Phase (die man eigentlich auch in jeder Beziehung wieder
erlebt) von jemanden brauchen, ganz nah haben wollen und jemand
zu nah fühlen und weg haben wollen. Da wird immer
gesprochen von der Überflutungs-Angst und der
Verlassenheits-Angst, die immer hin und her schwappen.
Und dann hatte ich ganz stark das Gefühl: Wenn die Wut
nicht da ist, kann die Liebe nicht fließen! Und die
Liebe wird nicht lebendig, wenn die Wut nicht da sein kann! Ich
dachte an die Kriege und Zerstörungen als Ausdruck von nicht
gelebter Wut. Und dass dadurch auch wieder die Liebe nicht
fließen kann. Liebe und Wut – dass das etwas ist,
was ganz sensibel zusammen gehört!
Denn dachte ich an die Filme und dachte, vielleicht ist das so ein
Versuch, sich mit der inneren Wut zu verbinden, ihr Raum zu geben! Dass
es eine Krankheit ist, wenn das ohne Liebe passiert. Dass es keine
Liebe ohne Wut und auch keine gute Wut ohne Liebe gibt!
Dann kamen Bilder: Wie kann das im Leben aussehen?
Ich dachte, einmal ist eine Gemeinschaft schon etwas, das gut
hält, wo Wut anders gehalten ist – weil da immer etwas ist,
was bleibt. Das da nicht weggeht, sich verkrümelt, wenn man
wütend ist (wie das so in Zweierbeziehung eher ist).
Dann der Satz, den ich vorher hatte "Ich töte nicht!" ,
dann "Ich kann nicht töten – da töte ich
lieber mich!"
Dann kamen Bilder, dass ich jemand gegenüber sitze, ihm in die
Augen gucke und sage "Ihr kotzt mich/Du kotzt mich an!" Und
je länger ich das machte, um so weicher wurde ich, und um so mehr
kam das in einen Zustand, wo ... Dann musste ich an Streite
denken, wo im Streit auch oft so eine Wut entsteht und danach eine ganz
große Nähe!
Also für mich ging es die ganze Zeit ganz stark um diesen Aspekt
Wut – Liebe! So diese Sachen "Ich brauche dich" –
"Ich will dich nicht!" Bis plötzlich Bilder kamen, die
ich aus meinem Leben gar nicht kenne und auch ganz verbannt hatte (ich
hatte überhaupt das Gefühl, es ist jetzt plötzlich ganz,
ganz viel mein Thema geworden, vielleicht helfe ich das auch
drüber? ) kamen Gedanken an aggressiven Sex, wo
ich bis jetzt immer nicht richtig in Verbindung gekriegt habe, was das
so soll. Wo ich auch diese Aggression (dich ich im Augenkontakt habe
und im Satz "Ihr kotzt mich alle an!") auch im Sex
das Zerstörerische als Gedanken und Energie mit hinein zu nehmen,
dass das fast was hat davon, das dadurch so zu verbinden! Und
diesen Wunsch, in der Aggression auch geliebt zu sein, nicht
weggestoßen zu werden und ganz nah bei sich gehalten zu
werden!
‚Eine Gemeinschaft, die ihre Wut
nicht ausdrücken kann, kann nicht
funktionieren!‘
- Dann habe ich noch gedacht, dass es so ist, wenn hier die C4 die
individuelle Erlösung ist und die C5 ,mehr ein kollektives Thema
anspricht – dann wäre eben wirklich auf einer sehr
individuellen Ebene zu gucken: Wie komme ich mit diesem Konflikt klar!
Wie kann ich auf eine gesunde Art meine Wut und meine Liebe in Fluss
bekommen?
-
Und im Kollektiven müsste das vielleicht noch etwas anderes
bedeuten. Irgend etwas größeres, was vielleicht in dieser
Kriegsidee steckt, wenn Menschen ihre Wut nicht ausdrücken, dass
es Kriege gibt.
C5: Bericht von Teilnehmer 3 (C5-Verreibung
mit C5-Text)
Die zermürbenden Kopfschmerzen verschwanden auch nach der
Verreibung nicht, wurden jedoch nach der C4 etwas besser. Um 20.00 fiel
ich völlig zerschlagen in mein Bett und schlief 11 Stunden!
Am Morgen erwachte ich immer noch zerschlagen, und ich wollte nicht aus
dem Bett aufstehen, nicht hinaus in die Welt. Ich schrieb in mein
Tagebuch: "Ich fühle mich deplaziert in der
Welt, habe keinen Bezug zu ihr. Ich muss die C5 verreiben! Ich
hänge fest in dem Mittel und verstehe nicht, woher meine
Entfremdung von der Welt kommt. Selbst mein eigener
Körper kommt mir fremd vor, wie etwas
Übergestülptes."
Als ich mich nach der Arbeit kurz schlafen legte, hatte ich einen
Traum. Ich träumte von einer Freundin, die nach einer
leidenschaftlichen zermürbenden Liebesbeziehung vor 10 Jahren jeden
Kontakt zu mir abgebrochen hat. Im Traum stehe ich mit ihr im Wasser.
Sie hat ihre Beine um meinen Oberkörper geschlungen und treibt auf
dem Wasserspiegel. Wir schauen uns in die Augen und drehen uns dabei
oder die Welt dreht sich um uns. Ich spüre tiefe Nähe und
Kontakt.
Verreibung der C5:
- 30´: Ich denke, dass ich keine Gedanken bekomme in dieser C5,
keine Bilder, keine neuen Erkenntnisse – und trotzdem fühlt
es sich so an, dass dieses Verreiben in die C5 ganz wichtig ist und die
Dinge damit in ihre Ordnung bringt! ... Dann passiert etwas
Unerhörtes. Plötzlich sagt der Stoff in der Schüssel
laut und vernehmlich zu mir "Danke!" Das habe ich noch nie
erlebt. Ich habe schon über 40 Verreibungen durchgeführt,
aber ein Stoff hat sich noch nie zuvor bei mir bedankt!
- Ein Satz taucht auf ‚Ich danke dir. Dein Kollektives
ist mein Geist.‘ (Ich verstehe das nicht.)
- 40´: Ein Text beginnt nun:
‚Was dir schmerzt, schmerzt mich auch. Ihr
versteht nicht, dass Kontakt Liebe ist. Auch wenn sich im Kontakt
völlig verdreht, was ihr für Liebe haltet (Krieg, Mord,
Folter, heftige Auseinandersetzungen) so ist er doch Liebe.
Wenn ihr aus dieser Art von Kontakt tretet, um nach eurem Bild
"lieb" zu sein, geht ihr in die Nicht-Liebe, in die
Abspaltung. Dann wuchere ich in euch dem Abgespaltenen entgegen –
auch wenn dies ein völlig unbrauchbarer Versuch ist, die Spaltung
auf der falschen Ebene wieder zu überwinden.‘
(Ich muss an den japanischen Film "Odishon" denken, der mich
tief beeindruckt hat. Ich denke daran, wie die Frau den Mann am Ende
des Films bestialisch foltert und dabei mit ihm in tiefstem Kontakt
ist. Ich spürte, als ich das sah – was mich völlig
verstörte – diese Folter ist Liebe!
Ich denke auch an jene Freundin, von der ich zuvor träumte. Wir
haben uns in unserer Beziehung, jung wie wir waren, sehr verletzt und
gequält – und doch scheint es mir, ihr völliger
Kontaktabbruch zu mir seit 10 Jahren ist noch unmenschlicher, noch mehr
aus der Ordnung. Wie eine endlose Strafe, die alles so zementiert, wie
es war, als wir 20 waren.)
‚In Wirklichkeit wart ihr es, die die Ebene zuvor
verschoben.
Ihr wollt die Kriege nicht. Sie sind auch nicht nötig. Sie sind
von mir nur so gewollt, da ihr das, was ihr lernen sollt noch nicht
bereit seit, auf eine andere Art des tieferen Kontakts
aneinander zu tun, der auf seine Art für euch noch schmerzhafter
wäre (denn in jenem müsstet ihr euch in eueren
Seelen konfrontieren, während ihr es in diesem nur auf
der Ebene des Körpers und des Geistes tun müsst.) So
also lasse ich euch kämpfen bis ihr merkt, dass ihr euch diese Art
der Auseinandersetzung nur selbst gewählt habt. Nicht aus Mut,
sondern aus Feigheit und aus Unreife, euch in eurem Tiefsten zu
konfrontieren.
Wenn du also mit der Welt haderst, so wie sie ihre Form von Kontakt
auslebt – dann schaffe eine neue höhere Form von
Auseinandersetzung! Du löst das Problem nicht, indem du Frieden
spielst, dir einen Frieden vorlebst. Damit stiehlst du dich nur aus der
Problematik fort und zwingst uns, sie in deinen Körper zu
verlagern. Willst du wachsen an dem, was in dir wächst, dann
stelle dich! Und bleib in Kontakt!‘
(Mir fällt auf, dass eine gemeinsame Verreibung der C5 daran
zerbrochen ist, dass wir Verreiber uns nach unserem Wunsch nach
Gemeinschaft in der C4 völlig voneinander entfremdeten, weil wir
merkten: Jeder von uns ist anders und bringt Eigenarten mit, die ich
mir nicht an ihm wünsche! Wir sind aus dem Kontakt gegangen!)
‚Das träfe euch viel tiefer. Doch ihr wollt
unbeschadet aus dem Kontakt hervorgehen und zahlt dafür mit
körperlicher Zerstörung.‘
Im Nachhinein fällt mir ein, dass ich einen Tag zuvor in der C4
immer wieder innerlich eine Liedzeile hörte aus dem "kleinen
Liebeslied" von Lift: "Will mir einen Frieden lügen, der
nicht auch die Kriege kennt". Das hatte ich gestern nicht
verstanden. Nun tauchte dieser Satz sinngemäß im C5-Text
auf.
Für mich selbst war diese Sicht auf das Carcinosin-Problem eine
Überraschung. Erstaunlicher Weise erweist sich nun der Krieg, den
der Carcinosin-Mensch so sehr verachtet, als eine andere Spielart des
selben Problems der Verdrängung eines Konflikts! Das finde
ich unglaublich! Der Krieg externalisiert den Konflikt auf das
Gegenüber, das besiegt werden soll, Carcinosin internalisiert ihn
(weil es ihn ausblendet) in den eigenen Körper.
Interessanter Weise verrieb ich 5 Tage zuvor Zincum-phosphoricum,
welches der Verdrängung eines wesenhaften Konflikts auf die
geistige Ebene entgegenwirkt.
Als ich einer Freundin erzählte, dass sich das Fibrosarkom bei
mir in der C5 für das Verreiben bedankt habe, antwortete sie:
"Das kann ich gut verstehen. Sieh mal, der Krebs ist etwas, das wir
immer nur weg haben wollen, das wir herausschneiden, mit dem wir uns
nicht beschäftigen wollen. Und nun kommt endlich mal jemand und ist
bereit, sich auf ihn einzulassen!" Ich hatte ihr gar nichts von dem
C5-Text erzählt und von seinen Themen. Um so erstaunlicher fand
ich, dass sie mich hier noch einmal darauf hin wies, dass der Krebs
selbst auf seiner körperlichen Ebene das Thema des
Sich-nicht-stellens, des Abschneidens wiederholt. Ich denke,
"Manchmal stehen uns die Zeichen direkt vor Augen, und wir sehen
sie nicht!"
Olaf Posdzech
März 2001