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last update: 1.09.1999
Crotalus horridus – die
schreckliche Schlange
Eine Gruppenprüfung
Inhalt
Einführung
C2 – Eiskalte Killer (Gefühle)
C3 – Verschlimmerung und erstes Verstehen
C4-1 Vom nicht gelebten Tod (die Ursache)
C4 – Ongazonga! (der Weg)
C5 – Aus Liebe eine Hölle tiefer (das Ziel)
Links erhöht und rechts erniedrigt
(Körpersymptome)
Den Zahn zieh ich dir!
Die schreckliche Schlange (kleine Differentialdiagnose)
Zusammenfassung
Stoff: |
Gift der Klapperschlange |
Prüfungs-Datum: |
C2, C3 (C4): Samstag, 13.06.1998
10.00
C4: Mittwoch, 1.07.1998, 13.00 (19 Tage nach der ersten
C4)
C5: Mittwoch, 2.09.1998, 15.00 (9 Wochen nach der zweiten
C4) |
Prüfungs-Status: |
nicht blind (Stoff war bekannt) |
Personen: |
14 = 3 W + 11 M |
Autor: |
Olaf Posdzech |
Datum: |
Dezember 1998-August 1999 |
Textstatus: |
vollständig (Originalprotokoll
ist separat ladbar) |
Dieser Aufsatz ist sehr umfangreich und wegen der Fülle
des Material nicht leicht zu verstehen. Gleichwohl bietet er die einmalige
Chance, anhand der authentischen Aussagen von 14 Prüfern die homöopathischen,
magischen und gruppendynamischen Phänomene während einer Verreibung
zu analysieren.
Insbesondere die Erlebnisberichte über die Ereignisse
außerhalb der eigentlichen Verreibung reizen zu untersuchen, ob in
der Konfrontation mit einem homöopathischen Mittel wirklich die Realität
neu geknüpft wird. Vielleicht ließen sich die Erlebnisse ebenso
gut mit dem verändertem Fokus der Teilnehmer erklären? Auf jeden
Fall versammelt dieser Bericht über das eigentliche Arzneimittelbild
von Crotalus hinaus eine Unmasse von Synchronizitäten, die damit erstmals
der kritischen Überprüfung unterzogen werden können. Besonderes
Augenmerk verdient die Untersuchung, inwieweit Teilnehmer mit benachbarter
Sitzposition während der Verreibung tatsächlich auch in benachbarte
Erlebnisqualitäten geraten sind, die teilweise zu den anderen Positionen
sehr polar waren.
Wenn die Prüfungserlebnisse allein schon durch die
Sitzposition vorherbestimmt sind, wird unser Konzept von persönlicher
Freiheit ein weiteres Mal dramatisch in Frage gestellt. Wir erleben uns
dann als Figuren in einem Spiel, das wir gar nicht durchblicken (ein Gedanke
übrigens, der für Crotalus horridus unannehmbar wäre).
Einführung
Dieser Artikel über eine Arzneimittel-Prüfung mit Crotalus horridus
ist nur unter großen inneren Widerständen entstanden, und das
hat natürlich mit der Wirkung des Stoffes selbst zu tun. Auch früher
habe ich schon erlebt, dass – wenn ich mich mit einem homöopathischen
Arzneimittel beschäftigte – dieses Mittel tatsächlich in meinen
Alltag trat und mich mit seinen Themen konfrontierte. Crotalus nun hat
uns in der Berliner Verreibegruppe in einen Prozess gestürzt, an dessen
Ende der Sinn von geistigen Konzepten jeder Art völlig in Frage gestellt
wurde! Was aber ist so ein Artikel anderes als eine Reihung von Konzepten?
Beim Schreiben dieses Aufsatzes passierte es mir regelmäßig,
dass mein Gedankenfluss völlig entglitt. Das war aber keine Demenz,
wie ich sie in meiner Ambra-Prüfung erlebt habe, sondern ich fühlte
es als völliges in mir, wie man aus so etwas Lebendigem wie unseren
Prüfungserlebnissen ein Konzept basteln könne, das von der ganzen
Vielschichtigkeit nur noch ein flaches blasses Abbild liefern würde.
So kam ich mir vor wie ein Mensch, der mit sinnloser Akribie kleine Pappbäume
ausschneidet, um damit ein Papierpanorama eines Waldes zu bauen, mit dem
er anderen den Wald erklären will.
Jedes Mal, wenn ich beim Schreiben eine kurze Pause einlegte (etwa,
um etwas zu essen), setzte in mir eine völlige Desidentifikation mit
diesem Artikel ein. Ich hatte das Gefühl: dieses ganze Schreibwerk
ist doch völlig sinnlos! Wenn ich dann weiterschreiben wollte, wusste
ich regelmäßig nicht mehr, worum es eigentlich ging. So habe
ich mich selbst im Angesicht dieser Aufgabe gewunden wie eine Schlange.
Das Paradoxe daran ist, dass ich diese innere Verweigerung nicht als
Prüfungssymptom erlebt habe, sondern tatsächlich als einen großen
Fortschritt für mich, als ein Stück Heilung. Von diesem Wandlungsweg
möchte ich unter anderem berichten.
Gleichzeitig werde ich versuchen, ein möglichst genaues Bild von
den Erlebnissen der ganzen Gruppe zu entwerfen, weil gerade bei Crotalus
horridus viele Phänomene besonders deutlich zu Tage getreten sind,
die uns auch bei anderen Arzneimittel-Verreibungen erstaunen.
Dieser Aufsatz ist also auch eine Sammlung von Synchronizitäten,
die wir während dieser Arzneimittel-Prüfung erlebten. Vielleicht
gelingt es mir dadurch, das Erleben bei einer Arzneimittelverreibung auch
für die Leser transparenter und nachvollziehbarer zu machen, die solche
Berichte mit gesunder Skepsis betrachten, aber selbst noch keine ähnlichen
Erfahrungen machen konnten.
Als ich diesen Artikel begann, war meine Absicht ein Stück wissenschaftliche
Forschungsarbeit zu leisten, indem ich möglichst vollständig
und unverfälscht alles berichten wollte, was mit uns in dieser Zeit
passiert ist. Diese Absicht hat sich (ganz im Sinn von Crotalus) als undurchführbar
erwiesen, weil sich das tatsächliche Bild dieser Verreibung überhaupt
nicht in ein starres Beziehungsgefüge pressen lässt. Das hat
zwei Gründe:
Zum einen ist die Menge des Stoffes erdrückend. Das schriftliche
Protokoll der drei Crotalus-Verreibungen ist 50 Seiten lang! Das ist zum
Teil eine Auswirkung davon, dass uns der Heilungsweg in die Konzeptlosigkeit
eine solche Angst gemacht hat, dass unsere Gespräche doch gerade wieder
voll waren von Modellen und Mutmaßungen darüber, wofür
alles Erlebte in einem höheren Sinn wohl gut sein solle. Ich weiß
nicht, ob diese Mutmaßungen (Konzepte) richtig sind oder falsch,
aber sie sprengen ganz einfach den Rahmen, der an dieser Stelle zur Verfügung
steht.
Der andere Grund liegt darin, dass ich selbst durch Crotalus in einen
Prozess gekommen bin, an dessen vorläufigem Ende sich für michdie
Funktion
von Konzepten völlig relativiert hat. Ich kann mir nicht
mehr vormachen, ich könnte mit einem Modell das wirkliche Ding beschreiben.
Jedes Mal, wenn ich die Originalprotokolle las, war ich gefangen von der
Vielschichtigkeit, mit der sich dort das Crotalus-Thema auch zwischen den
Zeilen offenbart: in Bildern, Gefühlen, Träumen, der Wortwahl,
in der Gruppendynamik und den Einzelerlebnissen der Teilnehmer. So fielen
mir immer wieder neue Details auf, in denen ich staunend Synchronizitäten
entdeckte.
Doch natürlich enthält letztendlich auch dieser Artikel etliche
Konzepte und meine innere Schlange ist des öfteren mit mir durchgegangen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle betonen: alles, was hier über
Crotalus steht, ist falsch! Aber man kann es auch auf die hier beschriebene
Art sehen.
Die vielleicht seltsam anmutenden Kapitelüberschriften und die
fett gesetzten Worte sind dazu gedacht, sich bei einem späteren Überfliegen
des Textes wieder gut an die Atmosphäre und Problematik von Crotalus
erinnern zu können.
Um beidem gerecht zu werden – dem Bedürfnis nach einer verständlichen
Zusammenfassung und dem Anspruch an Unverfälschtheit – habe ich mich
entschlossen, neben diesem Artikel auch das anonymisierte Originalprotokoll
dem Wissensdurstigen zur Verfügung zu stellen.
Das Spielfeld
Einleitend möchte ich hier eine seltsame Polarität darstellen,
die Witold Ehrler und Jürgen Becker in ihren Verreibegruppen entdeckten.
Es scheint so zu sein, dass auch die geographische Sitzposition der
Prüfer Einfluss hat auf das, was der Einzelne beim Verreiben erlebt.
Das klingt sehr abgefahren und unser Freiheitsbedürfnis rebelliert
natürlich gegen solche Behauptungen. Trotzdem möchte ich dieses
Modell hier kurz vorstellen und es dem Leser überlassen, es einfach
anhand der Originalzitate in diesem Text zu überprüfen.
Es gibt ein archetypisches Symbol, in dem die Pole Denken und Fühlen,
aktiv Handeln und passiv Erleiden als vier Pole eines Koordinatenkreuzes
dargestellt werden (Abb 1). (Wir finden diese Anordnung in vielen unterschiedlichen
Systemen, unter anderem im keltischen Kreuz, bei C.G. Jung und auch in
den C4-Texten von Witold Ehrler.)
Abb. 1 Pole und Sitzpositionen in der Verreibung
In diesem Koordinatenkreuz lassen sich nun verschiedene Verhaltensweisen
ansiedeln. Wir finden dann in den jeweiligen Quadranten vier verschiedene
Archetypen: Den aktiven Täter (denken und handeln), den durch seine
Gefühle gezwungenen "getriebenen" Täter (fühlen und handeln),
den Beobachter (denken und nicht handeln) und das Opfer (fühlen und
nicht handeln).
In der Crotalus-Verreibung trat dieses unterschiedliche Erleben je
nach Sitzposition recht deutlich zu Tage. (Die Existenz dieses Phänomens
war jedoch nur drei Teilnehmern bekannt.)
Die Verreibung selbst lief so ab, dass jede C-Stufe den Vorschriften
Hahnemanns entsprechend jeweils eine Stunde verrieben wurde. Jeder Prüfer
zeichnete in dieser Zeit seine Gedanken und Gefühle auf. Nach jeder
C-Stufe führten wir eine anschließende Auswerte-Runde durch,
in der die Teilnehmer angehalten waren ihre Aufzeichnungen möglichst
unzensiert und unverändert vorzutragen. Auf der Basis der Tonbandmitschnitte
habe ich ein schriftliches Protokoll erstellt, dem ich die in diesem Text
aufgeführten Zitate entnommen habe. Um die Lesbarkeit zu erleichtern,
habe ich an einigen Stellen kleine sprachliche Korrekturen vorgenommen,
damit die Aussagen besser verständlich sind. Die Kennzeichnungen im
Text erklären, welche Symptome wann und bei welchem Prüfer aufgetreten
sind. So bedeutet z.B. das Kürzel (t2 c3) dass Teilnehmer 2 während
der C3-Verreibung das Symptom erlebte.
Begleitumstände
Es war auffällig, dass unter den 14 Teilnehmern nur 3 Frauen
waren. Die bisher einzige Verreibung, an der ebenfalls so wenig Frauen
teilgenommen hatten, war Lycopodium. (Dort gab es nur eine einzige weibliche
Verreiberin.) Das ließ vermuten, dass es auch bei Crotalus um eher
kopflastige Themen gehen würde.
Manchmal passieren im Alltag Synchronizitäten, die uns schon vor
der Verreibung auf die anstehende Thematik hinweisen. Diesmal war mir selbst
nichts besonderes aufgefallen. Aber ich hatte am Tag zuvor ein Treffen
mit einer Frau, zu der ich ein Jahr zuvor eine tiefe Liebesbeziehung gehabt
hatte. Dieser Zufall sollte dann wider Erwarten ein Schlüssel für
meine eigenen Erlebnisse in den nächsten Monaten werden, durch den
ich den Crotalus-Zustand ein gutes Teil besser verstehen lernte.
C2 – Eiskalte Killer (Gefühle)
Reise ins Horror-Land
Die Verreibung selbst begann damit, dass alle Teilnehmer der Täterseite
(t12, t13, t14, t1) Geschäfte mit den restlichen Teilnehmern
machten (Mörser, Spatel und Skripte wurden verkauft und Geld für
die Verreibung eingesammelt). Diese gar nicht so außergewöhnliche
Situation wurde im Folgenden zum Anlass heftiger feindseliger Gefühle.
Binnen kurzer Zeit wurde während der C2-Verreibung die Stimmung im
Raum eiskalt und voller Aggression. Das erlebten alle
Beteiligten synchron, obwohl während dieser Stunde gar nicht miteinander
gesprochen wurde.
Es gab schließlich überhaupt keine Liebe mehr in uns! Die
dominierenden Gefühle waren nur noch Feindseligkeit,
Hass
und Gewalt bis hin zur Mordlust! (Es wird dem Leser schwer fallen
zu glauben, dass eine so brutale Stimmung durch bloßes Rühren
im Mörser entstehen kann. Man lese sich das Originalprotokoll und
die folgenden Zitate durch!)
Es gab auch überhaupt kein Gruppengefühl mehr. In dieser
feindseligen Atmosphäre fühlte sich jeder total vereinzelt! Kampf
ums Leben! Absolut wachsam sein, ob man angegriffen wird! Jeder ist für
sich allein, und jeder andere im Raum ist sein Feind! Die Welt wurde scheinbar
nur noch vom Gesetz des Stärkeren beherrscht, und der Stärkere
herrscht mit purer kalter Logik – die größere Zahl gewinnt.
Die Prüfer auf der Täterseite spürten in sich sogar
Mordimpulse und fanden das erregend. In einer solchen Welt ist der kleinste
Fehler tödlich.
Wachsam sein, auf der Lauer, Misstrauen
Mein eigener Einstieg in die C2 begann fast sanft, aber doch mit einem
merklichen Spannungsgefühl. Ich hörte in mir den Satz: "Träge
und satt auf der Lauer liegen. Warten auf das, was kommt." Vordergründig
erlebte ich mich als schläfrig, wobei ich aber zugleich unterbewusst
ständig abcheckte, ob irgendwo etwas im Raum passierte, um dann auf
den kleinsten Reiz hin sofort hellwach zu sein. (t7 c2)
(Das Thema "hellwach zu sein" tauchte in dieser Verreibungsstufe im
Prüfungszustand der Killer auf, es spielt für Crotalus aber auch
eine Schlüsselrolle für den späteren Lösungsweg.) Crotalus
hat die Qualität über einen großen Intellekt zu verfügen
- und dieser muss auch in der Erlösung integriert werden, indem hellwach
gelebt wird! Das wird in den folgenden Stufen verständlicher werden.)
Diese Wachsamkeit wurde von anderen schon als brutaleres Gefühl
erlebt:
-
Gefühl, der kleinste Fehler sei tödlich; belauert werden, sich
gegenseitig belauern ... Hier herrschen Machtverhältnisse,
ich
muss brutal sein, klar bleiben, sonst ist es mein Ende
... Angst
vor einer Gefahr im Raum, ich weiß nicht, was ihr im Schilde führt,
ob ihr mir wohlgesonnen seid. (t12 c2)
-
Ich musste meine Augen aufmachen, weil ich dachte, dass sich die Leute
um mich gruppieren würden und irgendetwas wollen. Ich hatte dann sehr
große Angst. Einsamkeit mit Angst und Misstrauen gegen
die anderen. (t5 c2)
-
Abwehr, die anderen anzusehen – jede Geste an euch die ihr zeigt, ist falsch!
Feindselige
Gefühle gegen jeden von Euch, ohne zu wissen, warum. (t7 c3)
Geschäfte machen, Geld zählen, Berechnung
Die anschließenden Berichte über die erlebten Stimmungen waren
auf Seiten der passiven Positionen (Opfer und Beobachter) voll von Wut
und Groll über die vorangegangene Geschäftemacherei der Täter.
-
Ärger über das Geschäftsgehabe (5 Bestätigungen),
das wurde dann weggedrückt mit dem Gedanken, das könne man auch
später klären. (t6 c2)
-
Ich stand furchtbar unter Spannung, war total verärgert – diese ganzen
Geschäfte, die gemacht werden, Geschäftemacherei, auch
im heilerischen Bereich! Da wird sehr viel Geld verdient. Da sind so viele
Einäugige, die dann Blinde führen. (t8 c3)
-
Hier werden Geschäfte gemacht! Ich lasse mich darauf ein und
habe kein sehr gutes Gefühl!
Ich beschäftigte mich am Anfang nur damit, mit welchem Geld ich
Mittag essen gehen sollte... Jemand sagte, vier Leute verkauften hier Sachen!
Teilnehmer 10 warf mir dabei so einen Blick zu. Und ich habe mich sogar
verschuldet! (Die Teilnehmerin lieh sich Geld dafür, hier einen Mörser
zu kaufen.) ... Klapperschlange – klappern gehört zum Geschäft.
(t9 c2)
-
Ich hatte Gedanken über Geschäftemacher, Handel und feilschen.
(t10 c2)
Berechnung, Geschäftigkeit und Geldzählen tauchten aber auch
als Themen aktiven Tuns auf.
-
Ich dachte an einen Patienten, dem ich Lycopodium gegeben hatte
und dann (weil er mein Können prüfen wollte) irgendwelche anderen
Mittel, um nicht zu zeigen, dass ich nicht weiter weiß. (t8 c3)
-
Ich dachte, die schaben hier alle wie irre, wie geschäftig. (t11 c3)
-
Gefühl, als würden wir alle in einem Zahnlabor arbeiten und damit
sehr viel Geld verdienen. (t4 c2)
Machtgefühl, Mord und Totschlag
Auf der Täterseite hatte die Eiseskälte (trotz der auch dort
empfundenen Bedrohung) eine gewisse Faszination.
-
Zum Schluss hatte ich ein unglaubliches Machtgefühl: ich gebe
hier die Anweisungen zur Verreibung – und alle anderen richten sich danach!
(Sonst erlebe ich das nicht so.) ... Ich hatte das Gefühl, ich bin
ganz in meiner Medulla oblongata zentriert, meine restlichen Sinne sind
irgendwie ausgeschaltet und ich bin bereit in jedem Moment zu töten!
Ich bin pure Macht, kaltblütig, berechnend.
Gedanken an Mord und Totschlag, ich möchte schreien, aufstehen
und töten. (t12 c2)
-
Unglaubliche Lust zuzubeißen, damit sich etwas bewegt, damit
die Stase aufhört, damit das Leben pulst. Die Lust zu beißen,
wenn ich entdecke, dass hier jemand einen Fehler macht... zack! Und dadurch
passiert etwas – einfach diese Lust daran. (t14 c2)
-
"Keiner wurde gerettet. Die brutalste Lösung setzt sich durch."
(t11 c3)
-
Ich hatte einen starken Beißimpuls, habe mein Eckzähne
stark gespürt und fühle mich kühl ... das war ein geschmeidiges
leichtes ätherisches Raubtiergefühl, ein geiles Gefühl.
(t13
c3)
Lieblos sein
-
Die Eingangssituation, wie ich hier hereingekommen bin, hat mir total zu
schaffen gemacht, denn ich habe schon seit 4.00 Uhr früh gearbeitet
und habe versucht, keinen Fehler zu machen, keine Sekunde zu verlieren,
blitzschnell
zu reagieren. Und hier geht es so weiter. Und dann sitze ich hier: Mörser
- Geschäft – Kohle – zack, zack! Und ich merke plötzlich: Oh,
bist du lieblos! Bist du brutal lieblos! Menschen zählen überhaupt
nicht! Das ist auch mein Gefühl bei der Verreibung. (t12 c2)
-
Ich achte ganz tough auf unser Zeitraster, wie sonst nie (sonst
warte ich immer, bis alle zu Ende geschrieben haben und beginne dann) ...
Ich war sehr ernst, nüchtern, klar, aber auch leer – wenig emotionale
Berührung. (t13 c2)
-
Ich bin total ernst, ich komme an die Liebe in mir nicht mehr heran,
keinerlei Freude, als wäre das überhaupt nicht möglich.
(t1 c2)
Wütende Opfer
-
Ich war eingeschnappt, als ich von der Toilette wiederkam und die
anderen weiter verrieben haben. Das passt auch zu der ganzen Missgunst
hier unter uns. Ich war bereit, zu streiten,
ich war bereit, zuzuschlagen!
Da hatte ich die Schlange im Blick, die so zubeißt und habe mich
dadurch alleine gefühlt. (t8 c2)
-
Ich habe geniest und keiner hat Gesundheit gesagt! (t8 c2)
Vereinsamung, Abgrenzung
-
Ich habe mich ganz für mich allein gefühlt, keine Verbindung
mehr mit irgend jemand empfunden. (t1 c2 und insgesamt 7 Bestätigungen!).
-
Das geht mich alles nichts an, ich bin so allein. (t2 c2)
-
Einsamkeit mit Angst und Misstrauen gegen die anderen hier,
fühle mich alleine. (t5 c2)
-
In mir war Einsamkeit, und zwar durch zwei Sachen: einmal durch Entzweiung;
warum spielt ihr da drüben (Täter) Leiter, obwohl wir doch zusammen
verreiben?! ... Die zweite Sache, durch die Einsamkeit in mir entsteht,
ist der Zweifel – der Zweifel ist die einzige konstante Größe
in meinem Leben. (t8 c2)
-
Ich fühle mich abgegrenzt und isoliert, habe das Gefühl,
wenig freundlich bei euch / bei mir zu sein. (t13 c2)
-
Ich spürte deutlich eure Abgrenzung, als ich in den Raum kam.
(t11 c3 – der Teilnehmer kam erst zur C3-Verreibung.)
Wilder Westen
-
Ich hatte ein Bild, wie zwei Revolverhelden in der Wüste sich
gegenüberstehen – und dann schauen sie sich nur an und es passiert
gar nichts. Es ist eine unheimliche Spannung und Ladung darin. Und so ist
es auch in dieser Verreibung. (t12 c2)
-
Einen Zipfel eines Traumes konnte ich festhalten: da sah ich eine Farm
in Argentinien, Steppe und ein Holzhaus – ein Bild wie aus einem Western.
(t4 c3)
Eiskalter Sex
Selbst der Sex ist bei Crotalus kalt und gefühllos: nur noch Gier,
nur Körper und Geist ohne irgendein soziales Bedürfnis.
-
Jucken in den Schamlippen wird zu einem extremen sexuellen Verlangen -
das Bild: es auf dem Küchentisch tun: einfach hier, jetzt! Keine
Liebe – nur purer Sex, großes Verlangen danach. (t3 c2)
-
Gedanken an lieblosen Sex gegen Geld auf den Tisch, wie eine Sache.
(t12 c2)
-
Mein Penis fällt in die Schale und ich verreibe ihn in der Schale,
aber ohne jede Emotion. (t11 c3)
C3 – Verschlimmerung und erstes Verstehen
Die brutale emotionale Nüchternheit aus der C2 steigert sich
während der folgenden C3-Verreibung bis ins Unerträgliche. Das
wundert nicht, wenn man bedenkt, dass die C3 uns gewöhnlich noch weiter
wegführt von den Gefühlen in die Welt der Gedanken. Doch schon
die erste Stunde zuvor war gekennzeichnet von einem Klima eiskalter purer
Berechnung. Dieser Zustand emotionaler Kälte erreichte mit der Stimmung
im Raum im Folgenden eine Intensität, die für viele von uns kaum
noch zu ertragen war. Doch schließlich trat am Ende der C3 eine Veränderung
ein.
Der Kopf geht ...
Ausgerechnet in der Denkstufe, der C3, erlebten einige von uns eine Vergesslichkeit,
in der jede Erinnerung an die aufgetretenen Bilder sofort wieder entglitt.
(t11 c3), (t1 c3), (t4 c3) Das war ein erster Ausblick auf den Tod von
geistigen Konzepten, über den Crotalus einige Wochen später zu
uns sprechen sollte.
-
Ich hatte das Bild, die Kopfhaut löst sich zu den Rändern hin
ab, darunter ist aber kein Blut und auch kein neues Fleisch, sondern eine
neue Kopfhaut. (t4 c3)
-
Der Gedanke ging mir durch den Kopf, ich muss der Schlange ihren Kopf zerstoßen.
(t11 c3)
... und das Herz kommt zurück
Etwa im letzten Drittel der C3-Verreibung gab es einen Umschwung in der
Stimmung, den die meisten von uns deutlich und erleichtert wahrnahmen.
Von diesem Umschwung blieb die Gruppe der Beobachter jedoch ausgeschlossen.
Diese Veränderung kommt scheinbar blitzartig, wenn Crotalus in
all der Faszination plötzlich seinen Schatten erkennt: gefangen zu
sein im eigenen Gift. Diesen Umschwung in der Wahrnehmung beschrieben die
Teilnehmer wie folgt:
-
Ich sah das Bild einer Riesenschlange, größer als ein Omnibus,
die sich mit ihrer Geilheit saftig witternd durch die ganze Stadt schiebt.
Bilder aus der schwulen Szene. Dann der Gedanke: das ist doch aber etwas
ganz Niedriges, Menschwerdung soll doch aufsteigen zu ganz hohen Weihen!
Dann kam der Gedanke: Ach Quatsch, ich komme aus dem Himmel, ich kenne
das doch mit der Heiligkeit – ich komme hierher, um da unten anzukommen!Der
Weg geht irgendwie nach unten! Nach diesem Gedanken ging die Spannung
raus, es kam Traurigkeit. Aus dem geschmeidigen Lack/Leder wird Samt
- die Stimmung ist jetzt eher wie im Puff, etwas weicher, ein bisschen
mehr in Richtung Gefühl. (t13 c3)
-
Ich war sehr einsam, sehr ruhig, wie ein Killer. Dabei fühlte
ich mich sehr wohl, die ganze Energie war im Kopf konzentriert.
... wie ein Revolverheld, der guckt und töten möchte. Mit diesem
Gefühl kann man immer gut etwas durchsetzen!
Dann kam ein Umschlag – mir wurde plötzlich klar: Das wichtigste
daran ist, dass man irgendwann stirbt, dass man verliert! Bei Crotalus
kommt es darauf an, dass man irgendwann als Killer zu spät zieht und
verliert. Warum? Weil die geistigen Konzepte in uns, wenn wir
Killer sind, sterben müssen. Sie sind falsch. Sonst geht es nicht
weiter! Sie widersetzen sich dem Lebensfluss, sie sind überflüssig!
Crotalus tötet unser geistigen Konzepte, und zwar blitzartig und
völlig überraschend. (Das überraschende blitzartige Zerbrechen
eines Spatels oder das Knallen von einem Pistill waren für mich die
Ereignisse
hier im Raum.)
In der letzten Runde kam dann: Man hat diesen Schock oder Schreck
getötet zu werden oder dass etwas zerbricht aber nur verstanden, wenn
man für dieses Zerbrechen dankbar ist!
Das beste Symbol für Crotalus C3 ist für mich Russisch Roulette:
einer muss sterben. Und der muss dankbar dafür sein! Oder wie bei
Charlie Chaplin im großen Diktator: alle bekommen Pudding und bei
einem ist die Mütze drin und der ist dran – der muss den Führer
töten. Der hat die Gnade. (t14 c3)
-
... Und es entstand immer mehr Wachsamkeit... Dann auf einmal merkte ich:
wenn
ich wach bin, spüre ich, dass ich nicht allein bin. Vorher dachte
ich immer noch, ich sei allein. Und auf einmal merkte ich, dass ihr alle
da seid, dass der Raum voller Menschen ist und wir nicht allein sind, auch
wenn jeder seinen Rhythmus hat, jeder seinen Weg geht... Die Essenz war
für mich: die Schlange will erinnern wach zu sein. Und wenn
ich das bin, entsteht bei mir Freude, Heiterkeit und Verbundenheit mit
den Anwesenden und ein ganz warmes Herz, total warm. (t2 c3)
-
Da waren Bilder: ich bin Schlange in einem Knäuel von Schlangen, die
übereinander kriechen, so dass man nicht mehr unterscheiden kann,
welcher Körper zu welcher gehört. Und da ist eine ganz große
Ambivalenz zwischen Feindseligkeit untereinander und dann doch wieder
einer Harmonie – ein Knäuel. Auch die Bewegungen (wie eine Art Tempeltanz
der Schlangen) sind ambivalent – einerseits anmutig und schön und
auf der anderen Seite auch voller Misstrauen und Feindseligkeit. Ich werde
zur Tempeltänzerin und bekomme unheimliche Macht. Und da ist einfach
nur Spaß! Spaß an der Macht, Spaß an dem Machtspiel
mit anderen (ich war nicht alleine, sondern es war wirklich ein Kräftemessen
zwischen uns). Das ging bis zum Tanz, zur Ekstase – noch intensiver als
das sexuelle Gefühl von vorher! Spaß am Wissen, tödlich
zu sein... Ich hatte das Bedürfnis, laut zu lachen oder ein Zwischending
zwischen Lachen und Schreien. Und dann kommt das Töten, das ist
einfach nur eine Energie, die raus muss, an der ich Lust empfinde – Lust
an allem, Gewalt, Aggression, Hass, Wut, Potenz.
Dann veränderte sich die ganze Energie im Raum (ich merkte auch
bei allen anderen, dass es zu einem Bruch gekommen war).
Bei mir kam
der Bruch nach dem Töten. Plötzlich rührte ich langsamer,
es rührten alle langsamer. Es war, als zöge ich mich zurück...
Ganz am Schluss das Gefühl von Einsamkeit, eigentlich nicht töten
zu wollen und von Gefangensein im eigenen Gift. (t3 c3)
-
Für mich begann die C3 mit heftigen feindseligen Gefühlen
gegen ausnahmslos jeden im Raum, ohne dass ich wusste, warum. Und ich
begriff, dass diese scheinbare nüchterne Klarheit im Kopf gar keine
Klarheit ist, denn sie ist auf kein Ziel gerichtet! Ich wusste weder, was
das Gefühl sollte, noch was ich wollte. Die "Klarheit" war vielmehr
nur die völlige Abwesenheit von Liebe.
So fragte ich mich: Wann braucht man so einen Zustand? Als Antwort
kam: "Wenn das Herz tief verletzt war!" Da erinnerte ich mich an meine
ehemalige Geliebte und gestand mir meinen Schmerz ein. Mit diesem "Ja,
es ist verletzt, ganz schrecklich verletzt" begann mein eigenes verlorenes
Herz plötzlich wieder sich ganz zart in mir zu melden. Aus meiner
inneren Feindseligkeit (die ich in mir kaum ertrug in ihrer Kälte)
wurde plötzlich wieder Liebe zu den anderen im Raum.
In diesem Moment hat sich mein Gefühl wirklich völlig verwandelt.
Mir schien der ganze Raum wie ausgetauscht! Es war, als würde ich
blitzartig in einer emotional völlig anderen Welt sitzen. Aber das
war nicht wie ein Übergang, sonder als ob ich auf einem weißen
Blatt völlig neu anfing, mein Leben zu schreiben. Tabula rasa.
"So meldet sich der Groll des Herzens über seine Abwesenheit",
hörte ich eine Stimme. "Es ist durch seine Abwesenheit anwesend. Die
Kunst liegt darin, in der Abwesenheit des Herzens das Herz zu erkennen!
Auch bei anderen."
Da verstand ich, was ich selbst gerade erlebt hatte: Die Eiseskälte
ist nicht der Schlüssel für die Lösung, sondern gerade das,
was sich nicht zeigt ist der Schlüssel.
Die Aufgabe des
Therapeuten im Umgang mit Crotalus wird es sein, das verletzte Herz durch
seine Abwesenheit zu erkennen und wieder hineinzuholen.
"Wenn du diesen Schritt nicht gehst", sagte die innere Stimme
weiter, "führe ich dich in den Tod. Das ist der andere Weg, um neu
anzufangen." (t7 c3)
Hindurchgehen
Die sich an diesem Punkt ankündigende Veränderung, dieses Hindurchgehen
durch den Wandel zeigte sich auch in einigen Traumbildern von Röhren,
Kanälen usw. (alles Dinge, durch die man hindurch muss), als Weg,
an dessen Ende das Ego die Waffen streckt.
-
Ich sah weißen Nebel, einen Tunnel und am Ende ein weißes
Licht – doch ich habe das Licht nie erreicht und plötzlich gemerkt:
ich werde es nie erreichen. Es geht darum, auf dem Weg zu sein.
Und darin die Weisheit zu finden und mich darauf einzulassen. Ich
kann das aber überhaupt nicht beeinflussen! Ich muss es geschehen
lassen. Das einzige, was ich sagen kann, ist: ich entscheide mich dafür,
dass ich mich einlasse. (t1 c3)
-
Da waren Bilder von Baustellen, Röhren, Kanälen, Gitterstäbe
-
der reinste Wirrwarr; Zellkomplexe hingen im Körper herum; ein Gefühl,
als ob ich in den 'Gängen' eines Schwamms herumschwimme: es gibt Hunderte
von Möglichkeiten.
Dann komme ich in ein Schneckengetriebe hinein
und werde zermatscht und in verschiedene Scheiben geschnitten. Ich
hoffe auf ein harmonisches Bild, aber alles geht durcheinander. Mein Ego
will eine deutliche Geschichte, wie eine Reise, während der sich alles
hintereinander aufbaut. Das ist es aber nicht! Ich gebe schließlich
den Wunsch nach einer klaren Geschichte auf.
Es wird immer mehr: ein
Labyrinth, ich stürze taumelnd eine Treppe hinunter, falle, in mir
entsteht Verwirrung, inneres Chaos, Zerrissenheit, alles will woanders
hin. Panik, bis ich kurz vor der Selbstaufgabe stehe. Es
gibt Tausende von Möglichkeiten und ich habe nicht die richtige gefunden
und alles ist sehr bedrohlich. So ein technisches Gefühl kommt
rüber. Ich habe das Gefühl verrückt zu werden. Habe das
Bild von einem, der schweißgebadet im Bett liegt und den Kopf hin
und her wirft und nur herumschreit ... Dann auf einmal kann ich mich
auf die Sache mehr einlassen, kämpfe nicht so dagegen und kann das
Chaos Chaos sein lassen. Da entsteht plötzlich in dem Chaos so etwas
wie eine Harmonie. Alles rings herum bewegt sich und ich kann trotzdem
meine eigene Sache machen. Ich kann mich abschirmen von dem allen,
als ob mich die ganze Sache nicht so richtig angeht. (t6 c2)
Abwehr
Aus anderen Verreibungen wissen wir, dass immer wieder zwei Vermeidungsstrategien
auftreten, wenn das Thema der Arznei für den Einzelnen zu heftig wird
und er sich dessen Wucht nicht stellen kann:
a) man wird müde und kann sich während der Verreibung
kaum noch wach halten
b) man spürt nicht in sich hinein, sondern beobachtet statt dessen
das Verhalten der anderen
Manchmal fällt zusätzlich auf, dass diese Abwehrreaktionen bei
Personen auftreten, die nebeneinander sitzen.
In unserem Falle hatten anscheinend die 'Beobachter' (Teilnehmer 9,
10 und 11) die schwerste Position. Sie hatten kaum eigene Bilder, spürten
statt dessen tödliche Langeweile, Herzlosigkeit, Müdigkeit und
eine große Abwehr gegen die ganze Veranstaltung. In der Auswertung
gaben sie zu Protokoll:
-
Ich bin so total nüchtern in dieser C3, dass ich überlege, ob
ich euch das zumute. Ich bin so nüchtern, knallhart, eiskalt – ich
bin darüber erschrocken. (t9 c3)
-
Ich hatte Verlangen die Leute zu beobachten, wie sie so verreiben. Nicht
aus Misstrauen oder einem Gefühl der Bedrohung, sondern einfach nur
aus Neugier. (t10 c3)
-
Ich überlegte die ganze Zeit: "Mach doch mal einer einen Spaß!"
Ich beobachtete, wie eine Flasche – wie in Zeitlupe – vom Tisch flog und
ich dachte, sie hätte aus Glas sein sollen, das wäre besser gewesen!
... Es war für mich eine tödliche Langeweile. Eure 'Erkenntnisse'
gehen mir auf den Sack! (auf den Uterus?) ... In allem stand ich sehr daneben,
noch mehr als zuvor. Ich beobachtete euch dabei sehr schön, sehr zu
meinem Spaß! Es war sehr lustig. Also unbeteiligt – das ist das einzig
Ungeheuerliche, auch im Abstand, was ich mir jetzt zugestehe. (t9 c4-1)
-
Bei der C3-Auswertung wäre ich beinahe vom Stuhl gefallen, weil ich
ein paar Mal fast wie im Koma weggenickt war, ich war unheimlich müde.
Später war das gar kein Thema mehr...
Ich habe dann so inoffizielle Titel vergeben, wer hier den besten Mörser
hat, wer am schönsten gähnt, wer am besten schabt, hahaha...
und ich dachte, das sei auch ganz interessant. (t10 c4-1)
Später erzählte Teilnehmerin 9, dass sie zudem während der
Verreibung das Gefühl hatte, dass sich Teilnehmer 10 und sie gegenseitig
belauern.
Darüber hinaus trat bei einigen Prüfern Müdigkeit
auf (t7 c2), (t9 c3), (t11 c3) oder ein Gefühl vor Schwäche
kaum noch weiter verreiben zu können (t1 c2), (t11 c3).
Auch ich selbst hatte mit starken Abwehrgefühlen zu kämpfen.
Den Zustand des tiefen gegenseitigen Misstrauens, der Wachsamkeit und des
Alleinseins konnte ich kaum noch ertragen. Am liebsten wäre ich aus
der ganzen Verreibung ausgestiegen. Aber ich wusste, dass es dafür
zu spät war, denn damit hätte ich mir die Chance genommen, durch
diesen Zustand hindurchzukommen. Ich war so von zerstörerischen Gefühlen
überschwemmt, dass ich auf eine Art dicht machte, die ich als Reaktionsmuster
aus anderen Verreibungen kannte: ich wollte das alles nicht mehr sehen.
Obwohl die Augen anscheinend funktionierten, konnte ich die anderen Teilnehmer
nur noch völlig verschwommen wahrnehmen. Mein Hirn weigerte sich,
das Gesehene wahrzunehmen. Dieser Zustand zog sich anschließend noch
über Stunden hin (t7 c3).
Zynismus und indirekte Botschaften
Typisch schlangenhaft waren der Zynismus und das Züngeln mit indirekten
Botschaften, die sich teilweise in der Kommunikation zwischen den Prüfern
breitmachten. Das war uns zuvor schon bei der Vipera-Verreibung aufgefallen.
Exemplarisch dafür steht folgender Dialog zwischen den Teilnehmern
9 und 7:
"Gelinde gesagt, es ist mir peinlich, welche Erkenntnisse höherer
Welten hier fließen!" sagte Teilnehmerin 9. Und dann zu Teilnehmer
7 gewandt: "Tut mir leid, wenn ich dir jetzt zu nahe trete." Teilnehmer
7 erwiderte trocken: "Du sagst etwas über dein Herz." Darauf gab es
verlegenes Lachen im Raum, wie ertappt. (t9 c4-1)
Zuvor gab es während der C3- Verreibung eine ähnliche Situation
beim Prüfer 8, der genau auf der Ecke zwischen Opfer- und Beobachterstatus
saß. Er bekam eine unheimliche Wut auf Teilnehmer 12 und einige Dinge,
die dieser tat. Während der Verreibung notierte er sich
"Ich habe Lust, ihm über meine Verreibungsgedanken indirekt
eine reinzubraten." (t8 c3) Dann aber erlebte er am Ende der Stunde
synchron mit den anderen Teilnehmern einen Stimmungsumschwung hin zu seinem
Herzen. Daraufhin hatte er beschlossen, statt dessen mit seinem Gegner
in der Pause unter vier Augen zu sprechen.
Eine ganz ähnliche Dynamik zwischen zwei Teilnehmern ist auch
zuvor in der Vipera-Verreibung aufgetreten.
C4-1 Vom nicht gelebten Tod (die Ursache)
Während der C3-Verreibung erlebte ein Prüfer eine Antwort
darauf, warum das Herz von Crotalus so tief verletzt ist und welchen Weg
es gehen muss, um nicht abgeschnitten zu werden. Seine Worte berührten
uns tief:
-
"Ich hatte ganz viele Bilder aus der Kindheit: ich bin meinen Schulweg
gelaufen, sah Bilder vom Grab meiner Oma. Ich wollte den Zusammenhang sehen,
bis mir klar geworden ist, dass das Dinge waren, von denen ich mich
nicht verabschiedet habe. .... Ich konnte mich davon nicht verabschieden.
Von meiner Kindheit konnte ich mich nicht verabschieden. (Wann ist die
Kindheit zu Ende? Das hab ich nicht gewusst.) Oder von meiner Oma, weil
sie plötzlich gestorben ist ... all solche Dinge. Und ich hab mich
nie verabschiedet, nie!
Als kleines Kind gab es einen Raum auf unserem Dachboden, da war ich
unheimlich gerne drin. Irgendwann hat unser Dachgeschoss gebrannt und ich
konnte mich auch davon nicht verabschieden, loslösen. Und da habe
ich in dieser Trance wirklich wieder vor diesem Raum gestanden und mir
gesagt: jetzt habe ich die Chance, mich zu verabschieden! Was muss ich
tun, um diesem Teil Lebewohl zu sagen?
Da wurde mir klar, dass ich mich eigentlich erst mit diesen Dingen
vereinigen muss, um sie dann loszulassen! Das heißt, ich habe
diese ganzen Sachen aufgenommen und sie dann losgelassen. Und dann konnte
ich sie gehen lassen.
Diese Bilder steigerten sich dann so, dass es auch zu einer Art Selbstmord
kam. Ich war dann soweit, dass ich mir das Leben nehmen wollte. Und dann
dieser Gedanke: Moment! Du musst dich vorher vom Leben verabschieden! Und
dann auch wieder dieser Gedanke, dass so wenig Menschen sich vom Leben
verabschieden können, weil sie normalerweise aus dem Leben gerissen
werden! Oder weil es so schnell geht, dass viele den Zeitpunkt nicht mitbekommen.
Da war diese Angst davor, in etwas anderes überzutreten, ohne mich
davon verabschieden zu können.
Da war diese Angst, den Abschied nicht vollziehen zu können, der
doch so wichtig ist! Und dass der gelebte Abschied etwas ganz, ganz
Tiefes ist, etwas Wunderschönes, eine ganz tolle Erfahrung. Dass es
nur durch den gelebten Abschied weitergehen kann, weil man ansonsten immer
etwas mit sich herumschleppt und nicht weiß, was es eigentlich ist."(t5
c3)
Diese Gedanken über den nicht gelebten Tod wurden in der folgenden
Stunde für mehrere Teilnehmer zu einem Schlüssel für ihren
weitere Weg aus dem kranken Crotalus-Zustand. Jedoch löste sich während
dieser Verreibung der C4 noch nichts für uns, sondern es wurden in
uns teilweise sehr persönliche Aufgaben formuliert, wie wir von jetzt
ab den Tod in das eigene Leben hineinzuholen hätten. Dass uns darin
anschließend die Klapperschlange über Wochen und Monate im täglichen
Leben in die Pflicht nehmen würde, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt
noch nicht.
Für mich selbst wurde während der C4 ganz klar, dass mich
die Schlange in meine eigene ungelöste Problematik mit meiner ehemaligen
Geliebten zurückwarf, auf die sie mich in der vorhergehende Stunde
schon verwiesen hatte. Und zwar deshalb, weil in der C3 die Aufgaben formuliert
wurde, mein verletztes Herz zurückzuholen und mich dem damit verbundenen
Todesschmerz zu stellen. Das war für mich hart zu lösen. Aber
ich erkannte in diesem Moment auch, dass ich mich dem Thema stellen muss,
wenn ich in Zukunft wirklich leben will. Wie das zu tun ist, darum
ging es nun in der C4.
Ich erlebte die inneren Dialoge in der C4 wie ein Zwiegespräch
mit einem sehr mercuriellen Therapeuten. Die Antworten der Schlange waren
dabei so kurz, deutlich, gnadenlos und klar, dass ich bei einem wirklichen
Therapeuten wahrscheinlich vor dieser Schärfe ausgebüchst wäre.
Der Dreh- und Angelpunkt war mein Nachhängen an alten Beziehungen
und die Folge, dadurch nicht offen zu sein für etwas Neues (ich habe
lange Natrium muriaticum bekommen). Die Sätze von Teilnehmer 5 über
den nicht gelebten Abschied hatten mich tief berührt und getroffen.
In Anerkenntnis meines eigenen nicht gelebten Abschiedsschmerzes fragte
ich die Schlange, wie ich mich ihm jetzt stellen könne, damit
ich ihn in mir endlich vollziehe. Ich bekam die Antwort: "Du kannst
den Abschied nur leben, wenn Du in der Begegnung hellwach bist."
Daraufhin wollte ich wissen: Was hindert mich denn, in der Begegnung
hellwach zu sein? – Ihre Antwort war: "Das Wissen um den Schmerz,
den der Abschied bringt."
Hier begriff ich, dass ich in einem Circulus vitiosus gefangen war.
Weil ich die Begegnung mit meiner Geliebten nicht mit wachen Sinnen ganz
in mich aufgesogen hatte und ohne Bereitschaft zum Tod (zum Verlust), konnte
ich mich nun nicht von ihr verabschieden! Und weil ich zuvor in der Begegnung
mit ihr schon den Schmerz eines möglichen Abschieds vor Augen hatte,
konnte ich mich gar nicht erst richtig auf sie einlassen! Das war ein Teufelskreis.
Es verwirrte mich, denn ich sah, auf diese Art zu fragen brachte mich nicht
weiter. Aber irgendwie musste es doch einen Ausweg in die Lebendigkeit
geben?!
Nun versuchte ich, die Frage nach Begegnung und Abschied bedingungsfrei
zu stellen: "Wie kann ich es schaffen in der Begegnung hellwach
zu sein?" Es kam die Antwort: "Fang an!"
Ich weiß, die Antwort mag hier banal klingen. Trotzdem war sie
in diesem Moment für mich eine Handlungsanweisung, die etwas bewirkte.
Daraufhin fragte ich noch nach dem anderen Teil meines Dilemmas: "Wie kann
ich Abschied nehmen?" – Darauf hörte ich die Antwort: "Danke, danke
und danke!"
Was ich zu tun hatte war nun klar formuliert: der nicht gelebte Abschied
muß jetzt endlich genommen werden. Und zwar auf dem auch von Bert
Hellinger formulierten Weg, nicht zu hadern für das was fehlte, sondern
indem ich danken muss für das, was war. Nur so nehme ich den anderen
und alles was war in mich auf und trage es trotz des Todes in mir.
Als ich dann merkte, dass sich in mir kein Verständnis über
das höhere Ziel dieser ganzen Crotalus-Dramatik einstellte, versuchte
ich mit der Schlange zu feilschen und sagte innerlich zu ihr: "Ich nehme
meine Aufgabe an." Darauf erhielt ich die lakonische Antwort: "Handle nicht,
handle!" Das war für mich eine klare Absage, zu diesem Zeitpunkt noch
irgend etwas gesagt zu bekommen.
Eine letzte Frage hatte ich aber noch. Worin lag aber die Gemeinsamkeit
zwischen dem mir eher fremden Crotalus-Zustand des kalten Killers und meinem
eigenen eher natrischen Zustand? Als Antwort hörte ich: "Der kalte
Killer killt die Vergangenheit, der Träumer die Gegenwart."
Der gemeinsame Ursprung von Natrium muriaticum und Crotalus horridus
heißt offenbar Folge von nicht gelebtem Abschied. Nur die
Art des Vermeidens ist bei beiden Mitteln dann sehr unterschiedlich. Der
kalte
Killer versucht dem Todesschmerz auszuweichen, indem er sein Herz völlig
abtötet. Das ist der Crotalus-Weg. Der Träumer hingegen
kompensiert auf anderem Wege. Er versucht den Todesschmerz zu vermeiden,
indem er im Abschied auf halbem Wege stehen bleibt. Das ist der
Natrium-Weg.
Crotalus beraubt sich um die Möglichkeit der Erfahrung, Natrium
hingegen verschließt sich dem Leben. Das Ergebnis ist, dass ersterer
die Vergangenheit killt, letzterer aber die Gegenwart.
Der nicht gelebte Tod tauchte zur selben Zeit synchron auch bei
anderen Teilnehmern auf und wurde somit zu einer Schlüsselätiologie
für Crotalus.
-
Mir kam die Erinnerung an meinen Traum heute nacht: Ich flüchte und
versteckte mich auf dem Dachboden und bekam dort die Nachricht, daß
mein Vater gestorben ist. Ich habe ganz schrecklich angefangen zu heulen
darüber, dass ich wieder keine Gelegenheit hatte, von ihm Abschied
zunehmen und unser Verhältnis zu klären. (t13 c4-1)
-
Ich hatte Gedanken an Macht und Lust am Töten. Das fand ich nicht
schön, denn um zu töten darf man selbst keine Gefühle mehr
haben. Das heißt, man ist eigentlich selbst schon tot, bevor man
den anderen tötet. Irgendwann kam dann einfach das Gefühl...,
dass ich in die Schüssel ein Unendlichkeitszeichen rieb. Dann hatte
ich Alpha und Omega für Anfang und Ende (damit konnte ich nichts anfangen).
... Und es tauchte der Satz auf, dass durch die Schlange alles begonnen
hat und nur mit ihr alles enden kann. Dann überlegte ich mir,
was das sollte und kam darauf, dass in dem Unendlichkeitszeichen alles
so lange weitergehen wird, bis wir selbst das Prinzip der Schlange geehrt
haben, den Tod geehrt haben, um dem ein Ende zu bereiten! Das heißt
wir müssen schon zu Lebzeiten dem Tod völlig zustimmen, zu
Lebzeiten schon sterben ... um uns im Leben das letze Mal zu häuten.
(t5 c4-1)
-
In mir tauchte der Satz auf "Die Heilung liegt darin, für den Tod
dankbar zu sein ..." Mit diesem Satz kam die Botschaft herüber,
nicht nur keine Angst zu haben vor Tod, vor Veränderung, vor Häutung,
sondern dankbar zu sein. (t3 c4-1)
-
Ich hörte den Satz: "Ich habe ihn gebissen und er ist kollabiert."
Ich überlegte, woher ich den Satz kannte. Da erinnerte ich mich an
einen Arzt, der von einem Patienten erzählt hatte, den er zur Raucherentwöhnung
akupunktiert hatte und der, nachdem er noch in der Praxis eine Zigarette
geraucht hatte, kollabiert war. Für mich aber war dieses Nadeln ein
Schlangenbiss, auf den nicht automatisch der Kollaps folgen musste. Nur
wenn man den Biss nicht anerkennt und würdigt, muss ein Zusammenbruch
erfolgen. Wenn man ihn würdigt und annimmt und anerkennt als das,
was er ist, geschieht überhaupt nichts Schlimmes! Die Wunde ist
zwar da, aber es führt nicht zu einem lebensbedrohenden Zustand. (t4
c4-1)
-
Bereits in der C2 hatte ein Prüfer das Bedürfnis Klagelieder
zu summen, unter anderem "Es zieht eine dunkle Wolk herein" mit der Textzeile
"Ade, mein Schatz, Dein Scheiden macht mir das Herze weh." (t8 c2)
Interessanterweise saßen die meisten Teilnehmer, die mit der Hingabe
an den Tod konfrontiert waren, an den beiden 'Gefühlsseiten' des Tisches.
An dieser Stelle möchte ich noch etwas zum Begriff vom nicht gelebten
Tod sagen. Bei dem Wort 'Tod' erschaudern wir zumeist, weil wir sofort
an den körperlichen Tod denken. In den Verreibungen spricht aber eine
archetypische Kraft zu uns, die Tod in einem gleichnishaften Sinn meint,
also als Tod von Gefühlen (C2), Gedanken (C3) oder Wesensbestimmungen
(C4).
So gab die Schlange dann auch einen Hinweis, in welchem anderen Lebensbereich
die Bereitschaft zu sterben das Leben ausmacht:
Sexualität als Erlösungsweg
Ein Teilnehmer erhielt nach einführenden gefühllosen Bildern
von schmierigem schmutzigem Sex den Satz: "Der kleine Tod (Orgasmus)
kann auch Leben schenken." (t5 c4-1)
Jemand anderes erlebte auf die Frage: "Was habe ich mit Dir zu tun,
liebe Schlange?" wie sein Stößel zum Lingam wurde und die Schüssel
zum Uterus. Dann kamen die Worte: "Die sexuelle Kraft ist die Schlange
in mir – wer hoch hinaus will, muss ihr begegnen!" ... Darauf fragte er,
ob das alles gewesen sei, was sie ihm sagen wollte? Es kam die Antwort:
"Du sollst dich fallen lassen und hingeben!" (t2 c4-1)
Eine gemeinsame Wahrheit der Schlangen ist damit die Schlüsselrolle
der Sexualität. Die in Hingabe gelebte Sexualität ist der
einzige Weg, auf dem Körper, Gefühl, Geist und Seele gleichzeitig
angeregt werden und so zueinander finden können. In der Vipera-Verreibung
artikulierte sich zum Beispiel der Satz: "Es gibt keine Sublimierung. Die
Sublimierung ist eine Lüge." (Diesen Teilnehmern waren die Aussagen
aus der Vipera-Verreibung nicht bekannt.)
Das war gar keine C4!
Aber acht von 14 Teilnehmern erklärten nach der C4 spontan und völlig
sicher, dass sie diese Stufe gar nicht geschafft hatten! Sie hatten zwar
über das Thema der C3 noch mehr erfahren, aber es war ihnen nicht
gelungen, ein tieferes Verständnis davon zu erlangen, in welche Richtung
sich der Crotalus-Zustand auflösen könnte (was normalerweise
in einer C4-Stufe passiert). (Teilnehmer 1, 3, 4, 6, 7, 8, 12, 14)
Einige von uns hatten zwar viele Bilder, aber diese bewegten sich eindeutig
weiter auf der selben Ebene, die wir schon in der C3 erreicht hatten.
Ein Teilnehmer fügte hinzu: "Es fühlt sich aber komischerweise
für mich nicht schlecht an. Der beste Begriff, der mir eingefallen
ist, ist Ent-Täuschung im Sinne von Desillusionierung." (t12
c4-1)
Damit nahm er etwas vorweg, was sich drei Wochen später in unserer
zweiten C4-Verreibung als erster Lösungsschritt für Crotalus
herauskristallisieren sollte.
Eine solche Verweigerung des Stoffes, wie wir sie in dieser Stunde der
C4-Verreibung erlebten, war uns zuvor erst ein einziges Mal geschehen,
nämlich in der Vipera-Verreibung. Witold Ehrler (der in beiden Verreibungen
zugegen war und der zu diesem Zeitpunkt schon etwa 150 verschiedene Arzneimittel
verrieben hatte), war darüber ebenso verblüfft. Auch er hatte
so etwas zuvor noch nicht erlebt.
Damit zwangen uns die Schlangen, die ja alle sehr im Zweifel und sehr
im Kopf sind, zu einem Stück Schlangen-Erlösung. Denn im Kopf
gibt es über das wirkliche Leben nichts zu lernen! Im Kopf ein Antwort
auf das Leben zu suchen, ist ein Irrweg. Deshalb heißt Schlangen-Erlösung:
Mache erst einmal eine Erfahrung im Leben! Genau auf diesen Punkt zwangen
uns hier die Schlangen (bei Lachesis wiederholte sich Monate später
dieses Phänomen aufs Neue).
Obwohl Crotalus an dieser Stelle jede weitere Auskunft verweigerte
und uns nach Hause schickte, verabschiedete sie sich mit Humor. Ein Teilnehmer
erzählte:
-
"Als letztes Bild sehe ich wieder die Düsenjets im Steigflug wie bei
der Salix-Verreibung. Nur hängt diesmal an einem Düsenjet eine
Schlange als Transparent. Und darauf stand: This is the end, my only friend!"
(t4 c4-1)
C4 - Ongazonga! (der Weg)
Fast drei Wochen (19 Tage) nach dem ersten Versuch einer C4-Verreibung
unternahmen wir einen zweiten Anlauf, in dem wir Crotalus bis zum guten
Ende verreiben wollten. Auch dieser Vorsatz sollte durchkreuzt werden.
Anwesend waren acht Männer und zwei Frauen. Von den 14 Teilnehmern
aus der ersten Verreibung waren neun wieder gekommen.
Besonders spannend war für uns der Bericht einer Frau (Teilnehmerin
15), die bei der ersten Verreibung nicht dabei gewesen war. Sie hatte sich
die Ausgangssubstanz von Witold besorgt und die C2 und C3 allein zu Hause
verrieben. Ohne die Ergebnisse der anderen Teilnehmer zu kennen war auch
sie zu den Themen Tod, Sterben, Trauer und Sexualität geführt
worden. Sie erzählte:
-
"Ich hatte – für mich ganz überraschend, weil ich damit nicht
gerechnet hatte – das Gefühl, ich löse mich auf, ich sterbe.
Und dabei eine ganz leichte Traurigkeit... Und ich hatte das Gefühl,
ich verstehe jetzt, warum die Franzosen den Geschlechtsakt den 'kleinen
Tod' nennen... Und erst in der C 3 merkte ich dann, dass es tatsächlich
um das Sterben ging. ... Dann spürte ich ganz stark einen Sterbeprozess,
in dem das Pistill für mich den Körper darstellte. Er wurde
immer schwerer, wurde wieder in die Erde gezogen, er wollte einfach wieder
zurück in die Erde! Und ich brauchte ihn nur zu führen, ich
brauchte ihn gar nicht zu halten, er hatte sein eigenes Gewicht und wurde
immer schwerer! Mein Geist verabschiedete sich und ging immer weiter
weg. Diesem Sterbeprozess der Seele und dem aus der geistigen Sicht
der C3-Ebene war der Kontakt zum Körper und der Blick zur Erde gemeinsam.
Nicht der Blick nach oben, sondern der zur Erde (t15 c4-2)."
Alles geht kaputt
Die Erzählungen der verschiedenen Prüfer über ihre Erlebnisse
in der Zwischenzeit waren dann nicht sehr aufbauend. Scheinbar war das
Mittel in unser Alltagsleben getreten und zwang uns dort, Erfahrungen mit
seinem Prinzip zu machen. Viele von uns wurden in diesen drei Wochen von
heftigen
Zweifeln an ihren Lebensplänen geplagt, auf andere Art desillusioniert
oder sie erlebten, dass andere Dinge kaputt gingen. In Folge dieser Desillusionierung
brach sogar ein Prüfer eine Lehrerausbildung ab und ein anderer Teilnehmer
seine Ausbildung als Heilpraktiker.
-
In den Tagen nach der Verreibung passierten einige hässliche Dinge:
Ich kam zum S-Bahnhof und fand mein Fahrrad völlig zertrümmert.
Der finanzielle Verlust ist nicht so groß, aber es erschütterte
mich einfach unheimlich, dass jemand aus Zorn oder aus Übermut so
viel Zerstörungswut walten ließ. Ich erzählte das einem
Freund und der antwortete ganz spontan auf eine für mich unheimlich
grausame Weise: "Pass auf, was dir noch alles passieren kann!" Und er nannte
mir dann ein paar Dinge.
Ich war so erschüttert darüber, dass ich das Gespräch
gar nicht weitergeführt habe. Ich sagte mir immer wieder in den Tagen
danach, wie kann der nur so etwas grausames sagen?! Selbst wenn es ihm
plötzlich in den Kopf kommt!
Mir passierte aber nichts, sondern einer Nachbarin, die ich sehr gut
kenne. Ihr wurde die Katze entwendet. Die Frau und ich leiden beide sehr
darunter, denn ich kannte das Tier auch. Ich habe selber zwei Katzen und
achtete danach sehr auf sie. Das hat mich ein paar Tage sehr verstört.
(t11 c4-2)
-
Ich hatte keine Lust mehr aufs Dasein, hatte keine Lust mehr auf Homöopathie,
alles hatte mich angenervt, ich hatte keine Freude mehr an der Natur...
(t6 c4-2)
-
Ich hatte zwei Tage nach der Verreibung ganz krasse Zweifel – einerseits
an meinem Lehrer, andererseits an meinen Eltern. Ich fragte mich, ob mein
Lehrer gleichzeitig mein Therapeut sein könne und ob das nicht eine
Vater-Übertragung sei? Mir wurde ganz klar, dass ich ihn anrufen und
mindestens diese Therapeuten-Beziehung beenden müsse. Meinen Eltern
wollte ich endlich sagen, dass ich von ihnen kein Geld mehr wolle.
Und da dachte ich: "Um Himmels willen, was mache ich da nur, jetzt
muss ich aufhören. Schluss. Aus. Jetzt wird alles anders! Jetzt suche
ich mir einen Job. Und ob ich die Schule weiter mache, das sehen wir noch.
Alles scheint eigentlich nur ein Betrug und ein Haschen nach Erfolg zu
sein. Nein, ich will jetzt etwas Echtes!"
Die Konzepte, die ich gleich parat hatte, lösten aber Zweifel
in mir aus, so dass ich sogleich Gegenkonzepte aufstellte, an denen ich
auch gleich wieder Zweifel hatte. Da war das so ein Gefühl für
mich, jetzt ist gerade etwas zusammen gestürzt, soll doch wenigstens
das Neue stehenbleiben! Und ich habe dann versucht, das festzuhalten. Bis
ich irgendwann kapierte, was es bedeutete, in diesen Zweifel hineinzufallen,
dieses Bild des Strudels zu sehen, in den man sich hinunter ziehen lassen
muss!
Dann traf ich mich mit meinem Therapeuten, der mir dann auch noch meine
Vorstellung dieser meiner Lebenslüge nahm. Von der ganzen Sache ist
letztendlich übrig geblieben, dass ich mich mit meinen Schwächen
konfrontiert und mit ihnen ausgesöhnt gesehen habe, was auch bedeutet,
dass ich Geld von meinen Eltern nehmen kann. (t8 c4-2)
-
Zuerst dachte ich daran, was wohl aus meinem Wagnis, in den Osten zu ziehen,
geworden ist? ... Meine Vorstellungen von Menschlichkeit und guter Nachbarschaft
und die großen Hoffnungen, die ich hatte, sind nicht ganz aufgegangen.
Statt dessen finde ich manchmal Abgeschiedenheit, dann höre ich von
Brutalität. (t12 c4-2)
-
Ich habe mich ziemlich viel mit dem Thema Tod und Sterben beschäftigt.
Ich dachte, ich müsse jetzt sterben. Es war ein richtiger Zwang.
In der Zeit der Verreibung wachte ich eines Nachts um halb drei auf
und wollte eine meiner Teilpersönlichkeiten umbringen, nämlich
die, die verliebt war. Ich dachte etwa eine halbe Stunde darüber nach
und stellte fest, dass das Quatsch sei. Danach schlief ich wieder ein.
Am nächsten Morgen ... stellte ich fest, dass es tatsächlich
möglich gewesen wäre! Ich hätte es wirklich geschafft, in
dieser halben Stunde mit dieser Liebe abzuschließen. Das ist bei
mir eher eine Seltenheit. Das war aber irgendwie nicht so, wie es gemeint
ist. Es war völliger Irrwitz, sich selber umbringen zu wollen, nur
um diese Crotalus-Verreibung mitzumachen! Ich versuchte dann irgendwie
das anzunehmen und zu schauen, was passiert und bemerkte, dass es mir gar
nicht so schlecht damit geht. Ich habe jetzt auch nicht mehr diesen Anspruch
mich zu häuten, zu sterben oder sonst etwas, weil das ja sowieso eigentlich
jeden Tag passiert. (t3 c4-2)
-
Ich habe mich so tief mit den Schlangen beschäftigt und dadurch einen
Tag lang einen völligen geistigen Overkill gehabt. Ich hatte in meinem
Bewusstsein sehr viele Erkenntnisse über die Schlange und über
die Welt, wie das alles aufgebaut ist. Eines kam nach dem anderen und ich
dachte, ich werde jetzt irre, ich werde völlig irre daran. Alles musste
ich aufschreiben... Ich erkannte, dass die geistige Ebene, die C3, mit
einer vollständigen Überflutung meines Verstandes starb. Das
einzige, was ich dazu tun konnte, war, es einfach geschehen zu lassen,
hinter mir zu lassen und es nicht verstehen zu wollen. (t12 c4-2)
Für mich selbst war es nach der letzten Verreibung an der Zeit, den
nicht gelebten Tod nachzuholen. Gleich am nächsten Tag hatte ich begonnen,
Abschiedsarbeit nach Bert Hellinger zu leisten, indem ich mir meine ehemalige
Freundin vorstellte und immer wieder die lösenden Sätze zu ihr
sprach. Dass dabei so viel Schmerz aufkommen würde, hatte ich nicht
geahnt. Aber ich merkte dadurch, dass ich tatsächlich noch in der
Beziehung steckte und die Abschiedsarbeit gar nicht geleistet hatte! Die
erste Woche heulte ich Rotz und Wasser und blieb dann aber dran und setzte
diese Abschiedsarbeit jeden Tag fort. Mit der Zeit veränderte sich
dann deutlich etwas, der Schmerz ließ nach und es kam Frieden. (t7
c4-2)
Hör auf!
Auch während der Verreibung liefen die Dinge nicht wie geplant. Es
passierte nämlich etwas ganz Seltsames: nach und nach stieg einer
nach dem anderen aus der Verreibung aus, stellte den Mörser beiseite,
legte sich auf den Rücken, machte es sich gemütlich und döste
auf irgendeine Art vor sich hin. Schließlich rieb nur noch der Leiter
allein (Teilnehmer 12), der dem vorgeschriebenen Konzept folgen wollte.
Nach den Gründen befragt, warum sie mittendrin aufgehört
hatten, antworteten die Teilnehmer:
-
Dann habe ich mich hingelegt und alles Teilnehmer 4 überlassen. Es
kam ein ganz tiefer innerer Frieden! Ich fing an, mich in diesem Raum wohl
zu fühlen. Ich fühlte mich mit euch wohl und fühle mich
auch jetzt noch immer irgendwie beschützt und geborgen. Mir geht es
eigentlich richtig gut. Ich muss über nichts nachdenken, da
sind keine Gefahren, ich bin einfach hier und das ist schön. (t3 c4-2)
-
Ich habe gar nicht aufgehört! Das war ganz einfach: du machst die
Augen zu und guckst mal, was dann passiert. (t6 c4-2)
-
Ich sollte einfach aufhören! Am Anfang bekam ich Herzschmerzen und
fragte mich, was das solle. Dann bekam ich Kopfschmerzen. Da fragte ich
mich wieder, was das solle. Dann hörte ich diese leise Stimme: "Hör
auf!" Soll ich wirklich aufhören? Wehrt sich etwas dagegen zu sterben?
Soll ich weitermachen? Dann habe ich gefragt, wieso ich aufhören soll.
Da kam endgültig ganz laut: "Hör auf!"
Und da habe ich das auch beendet. Schon bei unserer ersten C4-Verreibung
hatte ich das Gefühl, die C4 erreicht zu haben. (t5 c4-2)
Forget it!
Was die einen im Tun erlebten (nämlich sich dem Moment einfach hinzugeben
und alle Konzepte fahren zu lassen), musste den anderen gesagt werden.
-
Ich dachte .... ich sei viel zu blöd für dieses Mittel. Als wenn
Crotalus den blöden Teil von mir ... stärke. Und dann kamen mächtige
Zweifel,
ob das überhaupt alles etwas für mich sei, ob diese Arbeit nicht
viel zu geistig und gar nichts für mich sei. (t13 c4-2)
-
Zum Schluss habe ich gemerkt, dass ihr alle aufhört. Und ich habe
an meinem Konzept festgehalten: sechs Verreibungen! Da habe ich mir noch
gesagt, das ziehen wir jetzt durch! In dem Moment, als ich mir das gesagt
habe, habe ich mir gedacht, du spinnst! Du musst einfach aufgeben! Die
Realität zeigt:
forget it, hier weiter durchziehen zu wollen!
Die Schlange hat gesagt: Das war es jetzt! (t12 c4-2)
-
Am Anfang konnte ich mich gar nicht richtig darauf einlassen, weil ich
euch eigentlich noch so viel von meinen geistigen Konzepten mitteilen wollte.
Ich dachte dann aber: das passt nicht in die Situation, das passt nicht
zu der Schlange. Denn die Schlange sagt: Du hast dir soviel tolle geistige
Konzepte gemacht... Vielleicht steht dahinter ja eine lebendige Erfahrung.
Aber das kannst du gar nicht vermitteln! Das müssen die Leute selber
erleben. Insofern kannst du sie nur machen lassen. Du kannst deine Wahrheit,
deine Wirklichkeit eigentlich nur für dich behalten!
Dem entspricht ein Traum, den ich hatte: Ich fahre in einem Laster,
und der Fahrer ist herüber gestiegen aus einem anderen Laster. Und
dann ist der Laster, in dem ich saß mit dem Fahrer des anderen Lasters
abgezweigt. Der ursprüngliche Laster ist aber an dieser Gabelung weiter
geradeaus gefahren. Und ich wußte: der ist nicht zu stoppen! Also
dieses geistige Konzept, dieses Laster, ist nicht zu stoppen!
Er
explodierte dann, und ich bin in dem anderen Laster gerade noch einmal
davongekommen. Durch die Explosion kam es zu einer riesigen Umweltkatastrophe.
Und ich wusste, dass ein Chemiekonzern dahintersteckte, der für Geld
über Leichen geht. Da wird sogar getötet, wenn geschäftliche
Interessen im Spiel sind...
Ich glaube, der Weg bei Crotalus ist, nicht zu sagen: ich lasse mich
erschießen oder ich mache so lange mein Konzept, bis es mir jemand
wegnimmt, sondern zu sagen: okay, ich bin mein Konzept und opfere mich
freiwillig. Wenn das nicht freiwillig geschieht, sondern wenn das
Leben sozusagen das Konzept tot prügelt, dann, glaube ich, hat man
nichts wirklich begriffen! In meiner Partnerschaft war das so. (t12
c4-2)
-
In einem Traum hat mir jemand ein Maschinengewehr-Magazin in meinen Kopf
entleert. Ich wusste irgendwie, der Kopf wird einfach weg gepustet. (t12
c4-2)
Teilnehmer 14 war zwar bei diesem Treffen nicht anwesend, aber er verrieb
die C4 allein zu Hause und erzählte uns beim nächsten Treffen
ganz ähnliche Bilder:
-
Mir war dann klar: Es geht für mich darum, dass ich mich erniedrigen
lasse, als eine Art Pforte. Es geht um meine Zerstörung oder um ein
Verlusterlebnis. ... Dann erinnerte ich mich an eine Kunstausstellung.
Dort war ein Kunstwerk so aufgebaut, dass ich dachte, das sei gar kein
Kunstwerk, da hätten einfach die Handwerker ihre Bretter an den Rand
gestellt. ... Ich fand das total hässlich... und war völlig verblüfft,
dass das ein Kunstwerk sein sollte und ich das nicht gemerkt hatte. ...
Und das hat mich dann drauf hingewiesen, worum es jetzt geht:
Man ist in einer Situation, etwa einem Spiel, ohne es zu merken, dass
es ein Spiel ist. Und es gefällt einem nicht. Aber man täuscht
sich total in der Rolle, die man darin spielt, worum es eigentlich geht.
Man nimmt also einen falschen Punkt ernst, und das, worum es eigentlich
geht, das entgeht einem... Das heißt also, die falsche Interpretation,
in der man gefangen ist, führt notwendig zu diesem Verlust oder Zerstörungserlebnis.
Denn die Vorstellungen, die in einem ablaufen, sind grundverkehrt! Man
glaubt, in eine bestimmte Richtung gehen zu müssen, aber sie ist verkehrt.
(Zwischenfrage: Und die Erniedrigung ist dann, die eigene Interpretation
zu verlieren?) Ja, du merkst, dass du es völlig falsch gesehen hast!
Mein Fazit der C 4 – Verreibung ist damit: Crotalus zerbricht unsere
Vorstellungswelt als eine Welt, die am Unwesentlichen festhält und
das eigentliche, worauf es ankommt, ganz übersieht! (t14 c5)
Nun liegt die Versuchung nahe, in dieser Phase der Auflösung
alles
Wissen
zu negieren, alle wissenschaftliche Erkenntnis in Frage zu stellen
(und damit geradewegs in die Naja-Krankheit hineinzurutschen). Doch das
wäre ein Abschneiden und keine Integration! Vielmehr geht es bei Crotalus
darum, die Begrenztheit von Wissen zu erkennen und Wissen nicht mit
der Wirklichkeit zu verwechseln.
Prüfer 8 erzählte davon: "Mir kam plötzlich die Einsicht,
dass die Ermahnung, die ich oft gekriegt habe ('hör auf, alles zu
lesen' oder 'hör auf, alles wissen zu wollen, hör auf alles verstehen
zu wollen'), eigentlich gar nicht darauf abzielt, dass Wissen nicht erkannt
werden soll, sondern dass es einfach ein Schutz vor solchen geistigen Schlangen-Konzepten
ist von unzureichendem Wissen, das dich behindert, das Wesen zu
verstehen. Das ist eigentlich ganz klar geworden." (t8 c4-2)
... und werde neu geboren
Wenn wir sterben, wenn wir eine innere Idee loslassen, dann macht uns das
Ungewisse Angst, in das wir fallen. Aber nur durch den Tod kann etwas Neues
entstehen. Dieses Neue ist die andere Seite des Endes – und es kündigte
sich zaghaft an.
-
Ich hatte ein ziemlich tiefes Erlebnis mit einer Bekannten, mit der ich
bei mir zu Hause eine Verreibung gemacht hatte... Zum gleichen Zeitpunkt
(es war nachts so gegen 12 Uhr) feierte im gleichen Haus jemand Geburtstag
... und sie sangen ein Geburtstagslied. Und da fühlte ich mich, als
sei ich neu geboren worden! Als sei das mein Geburtstag gewesen,
den sie da drüben besangen.
Seitdem bin ich in diesem Zustand, dass ich die Welt mit anderen
Augen sehe. ... Ich fühle mich seitdem ... , als wäre ich
neu geboren worden. Als würde ich die Welt anders sehen und als würde
jetzt alles anders ablaufen. ... Es ist schön, aber ich bin auch ängstlich
wie so ein kleines Kind, das nicht genau weiß, was die Welt für
einen bereit hält. (t5 c4-2)
-
"Ich bin die Schlange. Ich zeige euch, wie gut es ist zu sterben. Mit Blick
auf die Erde."
Und dann kam eine Phase: "Es ist ein ewiger Kreislauf." Ich
kam dann wirklich auch in dieses ganz runde Gefühl der Einheit und
habe mich dabei wirklich wohl gefühlt. (t15 c4-2)
Ein Prüfer erlebte in metaphorischen Traumbildern eine ganze Geschichte
über ein Hindurchgehen durch den Tod, wodurch Gefühle wieder
fließen und eine Wiedergeburt möglich wird, die in Selbsterkenntnis
mündet. Wer mit Traumbildern Erfahrung hat, wird diese Gleichnis leicht
erkennen:
-
Ich hatte das Bild von einem riesigen Tor, das sich aufgetan hatte, dahinter
ein langer Tunnel. Ich kam auf einen mittelalterlichen Marktplatz, da hing
jemand gekreuzigt. An seinem Bein lief Blut herunter. Die Schlange suhlte
sich in dem Blut und malte auf dem Marktplatz ein Zeichen: eine gekringelte
Schnecke im Kreis. Ich sollte den Kreisen folgen. Als ich das tat sank
ich in den Boden... Irgendwann war ich dann in einer unterirdischen Höhle,
dort war Wasser. Ich guckte nach oben, da fiel mir auf einmal Wasser ins
Gesicht – und ich wachte auf und zwar als kleines Kind. Ich lag im Bett
und ein Frau sagte mir gerade gute Nacht, verließ den Raum und ich
sah, dass sie einen Schlangenschwanz hatte. Sie knipste das Licht aus.
Ich stand trotzdem auf, machte das Licht wieder an und schaute mich im
Spiegel an und sah: ich bin eine Schlange im Schlafanzug.
Da dachte ich: Jetzt reicht es! Ich horchte in mich hinein und fragte
mich, was das eigentlich sollte. Da kam ein Gefühl von Enttäuschung
und der Satz "ich sollte doch Geduld haben, und das einfach weiter machen".
(t6 c4-1)
Auch das Bild vom wilden Westen tauchte noch einmal auf. Aber es war nun
völlig verändert!
-
Ich hatte das Gefühl, irgend etwas mit wilden Westen – die Schlange
hat irgend etwas mit Cowboys zu tun. Und zwar hat das wohl irgend etwas
mit den Konzepten zu tun. Und die haben einfach so in den Tag hinein gelebt.
Irgendwie so in die Richtung ging das, aber ich habe das vergessen. (t6
c4-2)
Jedes Konzept ist falsch. Auch dieser Satz.
Für mich selbst begann die Verreibung nach längerem Schweigen
mit dem Satz: "Jedes Konzept ist falsch. Auch dieser Satz."
Als ich begann darüber nachzudenken, merkte ich, dass hierbei
eine unendliche Gedankenkette entstand, an deren Ende es dann doch wieder
richtige und falsche Konzepte geben würde. Denn wenn der Satz falsch
ist, dass dieses Konzept falsch ist, ist es dann doch wieder richtig und
so weiter... Und dann fragte ich mich, was soll das?
Da kam die Antwort: "Ein Konzept ist nur richtig in Hinsicht auf
sein Ziel."
Naja, dachte ich das ist ja ganz nett, aber was ist mit den anderen
Zielen? Als Antwort hörte ich: "Manchmal ist es auch nur falsch
in Hinsicht auf sein Ziel." Also wieder genau das Entgegengesetzte! Wenn
ein Konzept falsch ist, dann ist es auch wieder nur falsch in Hinsicht
auf ein ganz bestimmtes Ziel, auf das hin man es gerade betrachtet. Und
in einer anderen Beziehung stimmt es dann vielleicht doch wieder. Der Sinn
von Erkenntnis und Wahrheit wird hier total relativiert.
Zu dem Zeitpunkt fiel mir auf, dass die Hälfte der Teilnehmer
gerade nach der Hälfte der Zeit aufgehört hatte zu verreiben
und nun vor sich hin döste, und ich fragte mich, ob es diese Teilnehmer
nicht richtiger machten? Da kam der Satz: "Wenn du kein Konzept hast, kannst
du auch kein Ziel erreichen!" Ich fragte zurück: Muss ich denn ein
Ziel erreichen? Und die Schlange fragte mich: "Musst du?" Da dachte ich
darüber nach und kam zu dem Schluss, dass ich eigentlich am Ende ein
bisschen zufrieden sein will mit meinem Leben. Und wieder fragte mich die
Schlange: "Und wie willst du das tun?"
(Da merkte ich: jetzt fragt sie mich nach meinen Konzepten und
zwar auf eine Art, dass ich eingestehen muss, es gar nicht zu wissen!)
Denn einem Konzept zu folgen, ohne dass man ein Ziel hat ist auch absurd.
Da sah ich, dass ein Konzept einfach nur für den Moment stimmen muss.
Und dass es überhaupt nicht wichtig ist, dass jemand bei seinen Konzepten
bleibt. Dass es auch gar nicht geht und völlig absurd ist, für
lange Zeiträume ein Konzept zur Hand zu haben. Es ist nur wichtig,
dass man da ist, ganz und hellwach. (Das Thema hellwach zu sein meldete
sich gehäuft in der C 3.)
An diesem Punkt hatte ich auch das Gefühl, das ist sei das, was
ich wissen wollte. So hörte ich nun auch auf weiter zu rühren
und fand es sehr schön, dazuliegen und kein Konzept mehr zu haben.
Ganz zum Schluss meldete sich aber in mir eine Frage, die mich erschreckte:
Was
bedeutet die Aussage mit den richtigen und falschen Konzepten denn in Hinsicht
auf die Liebe? Ist dieses tiefe Gefühl der Liebe (mit dem ich
in diesen Wochen gerade wieder so konfrontiert war) etwa auch etwas, das
man gar nicht glauben kann, was nicht stimmt, was auch nur ein Konzept
ist? Diese Frage sollte durch die C5 und meine eigenen Erlebnisse in den
nächsten Wochen beantwortet werden. (t7 c4-2)
Ongazonga?
Wir waren in diese zweite Verreibung mit dem Ziel gegangen, Crotalus bis
in die C5 zu verreiben und dabei alles Wesentliche zu verstehen. Aber Crotalus
hatte zum zweiten Mal unser Konzept zerstört und dafür gesorgt,
dass die meisten Teilnehmer während der C4 ausstiegen. Auch unser
Bedürfnis nach einer letzten geistigen Erkenntnis wurde von ihr verhöhnt:
-
Ich habe ganz viel geträumt – ich kann mich aber nicht daran erinnern.
Nur ein einziges Wort blieb mir im Gedächtnis, es heißt
ONGAZONGA.
Das war ganz deutlich! Ich habe ganz stark versucht, es mir zu merken
und habe es dann aufgeschrieben, weil ich dachte, vielleicht könne
man es auch irgendwie anders lesen, rückwärts, oder wenn man
das auseinander zöge... (t4 c4-2)
C5 – Aus Liebe eine Hölle tiefer (das Ziel)
Nach dem zweiten Verreibetermin kamen erst einmal die Sommerferien,
so dass wir ausgiebig gezwungen waren, den Stoff weiter auf uns wirken
zu lassen. Zur C5-Verreibung erschienen dann neun Männer und eine
Frau aus der ursprünglichen Gruppe. Diese Begegnung fand neun Wochen
nach der zweiten C4 – Verreibung statt.
Am Anfang war es für uns spannend zu hören, was die anderen
in dieser Zeit erlebt hatten. Tatsächlich drehte sich dann vieles
um das Zusammenbrechen von inneren Konzepten, wie es die C4 von uns verlangt
hatte.
Erfahrungen mit dem Aufgeben von Konzepten
-
Da ist etwas, was jetzt zu meinem Handwerkszeug gehört. Ich habe -
glaube ich – bei der letzten Verreibung gelernt Zweifel zuzulassen
und mich hinein strudeln zu lassen. Das dauert nicht lange, eine halbe
Stunde, eine Stunde, zwei bis drei Tage und dann ist es wieder okay. Wenn
ich früher gegen den Zweifel ankämpfte (der mich sowieso begleitet),
dann konnte das Wochen, Monate oder sogar Jahre andauern. Dafür bin
ich der Schlange nach wie vor dankbar! ...
Weiter hatte ich das Gefühl, dass ich meinen Respekt verloren
habe vor geistigen Konzepten.... Ich sitze irgendwo, jemand redet von
irgendetwas und ich denke: "Naja, ein geistiges Konzept. Ganz nett so."
Im Sommer habe ich eine Beziehung zu einer Frau angefangen... Das Problem
ist, dass sie voll zur Sache geht, sie hat mir sogar einen Heiratsantrag
gemacht. Ich bin in der Hinsicht auch völlig bestimmten Konzepten
ausgeliefert. Darauf bin ich gekommen als jemand hier gesagt hat: Es ist
ein Konzept, die muss es jetzt sein oder ein Konzept, die kann es jetzt
nicht
sein. ... Im Normalfall kämpfen nur diese beiden Konzepte gegeneinander:
Ich treffe jetzt zusagen jeden Tag, indem ich meine Haltung ihr gegenüber
entscheide, eine Entscheidung für den Rest meines Lebens! Das ist
natürlich etwas übertrieben. Es macht auch jede Menge Stress!
(t8 c5)
-
Ich habe im Sommer wieder eine Assistenz gemacht ... ich hatte dabei früher
auch immer das Konzept: ich muss als Gruppenleiter besser sein als die
anderen, irgend etwas darstellen, alles muss irgendwie ganz authentisch,
ganz besonders sein – ich muss sozusagen einen Schritt weiter sein. Ich
hatte dadurch in den Runden / in der Gruppe immer das Gefühl, ich
sei nicht richtig. Denn eigentlich verbarg ich etwas, das ganz schwach,
das ganz klein war. Jetzt bin ich ganz von diesem Konzept abgekommen,
etwas darstellen zu müssen. In dieser Gruppe habe ich ganz stark
erfahren: wenn ich mich in meiner ganzen Nacktheit zeige, in meiner ganzen
Schwäche authentisch da bin, es ausspreche – dann fühlt sich
das für mich ganz richtig an. Und in der Gruppe war die Resonanz darauf
riesig. Ich habe bemerkt, dass es im Grunde nur mein Dasein, meine Liebe,
meine Authentizität sind, die da heilen! Es ist nicht die Form, nicht
die Fähigkeit, sich um andere besonders gute Gedanken zu machen,
ihnen
besonders viel zu sagen. (t13 c5)
-
Ich fand es sehr schön, ohne Konzepte zu sein, das war phantastisch!
Letztes Mal, als wir von der C4-Verreibung kamen, saßen wir einfach
so ratlos da. Dann fuhren wir durch die Stadt, verfuhren uns total mit
der U-Bahn. Keiner wusste, wo es eigentlich lang ging und wir fuhren dann
in die falsche Richtung... Man muss damit umgehen. Bei mir haben sich auch
viele andere Sachen aufgelöst, die ich mir im Kopf aufgebaut hatte.
Ich finde es schön, wenn man leer wird und einfach nur da ist.
Ich hatte auch so ein ähnliches Erlebnis wie Teilnehmer 13. Man
wirkt gekünstelt, nicht so, wie man eigentlich ist, wenn man nicht
frei sein kann von den Vorstellungen, die man sich zusammengebaut hat.
Ganz speziell ist mir das an einem Erlebnis aufgefallen, als ich am Anfang
der Ferien zu einer Frau ging von der es heißt, dass sie erleuchtet
ist. Ich fand es sehr schön und war sehr erleichtert, die Dinge einfach
so laufen zu lassen, wie sie sind. Dass man sich also nicht irgendwelche
Gedanken machen muss, sondern einfach sein kann. (t6 c5)
Der nächste Schritt ist zu schwer für mich
In uns kündigte sich an, dass nun in der C5 der eigentliche
letzte Schritt zu gehen sei, um unser Crotalus-Erleben einem guten Ende
zuzuführen. Es würde der entscheidende, aber vielleicht auch
der schwerste Schritt sein. Die Stimmung im Raum wurde traurig, aber es
war eine ergriffene Traurigkeit, die mit offenen Augen blickt.
Fünf Teilnehmer spürten aber in der folgenden Verreibung
ganz deutlich, dass sie diesen entscheidenden letzten Schritt zur Zeit
nicht
gehen konnten. Sie sagten übereinstimmend: "Ich habe die C5 nicht
geschafft." (t4, t7, t8, t11, t14)
In einem Fall war die Verweigerung der Schlange sehr brutal:
-
Am Anfang hatte ich eine Beklemmung in der Brust, eigentlich ein Angstgefühl.
Ich dachte dann während der Verreibung immer wieder an Ereignisse
der letzten Wochen, die das gestörte Verhältnis zu meinem Freund
darstellen und die damit verbundene Auseinandersetzung... Die Botschaft,
die ich daraus bekam, war: ich muss die Dinge so sehen, wie sie sind!
... Was ich von der Schlange empfangen habe, das war eigentlich erschreckend:
Gewalt und Zerstörung! Und ich habe dann daraus die Botschaft entnommen:
"Die
Welt muss zerstört worden, um besser wieder zu erstehen."
Zu mir selber sagte die Schlange: "Du bist ein Nichtsnutz!"Und dann
war leider Sendeschluss. Dann kam nichts. "Was willst du eigentlich? Du
bist ein Nichtsnutz!" (t11 c5)
Du glaubst, das ist Liebe?
Gegen meinen Willen hatte mich die Crotalus-Prüfung der letzten Monate
gezwungen, mich dem Abschiedsschmerz einer Liebesbeziehung zu stellen,
von der ich glaubte, ich hätte sie schon ein Jahr zuvor abgeschlossen.
Nachdem ich mich bis zur zweiten C4-Verreibung durch die erneute Abschiedsarbeit
endlich ein gutes Stück mehr von meiner ehemaligen Geliebten gelöst
hatte, stellte mich die Schlange im Sommer dann auf eine Probe. Und sie
lehrte mich eine weitere Lektion.
Wie die Zufälle so sind, traf ich diese Frau im Urlaub auf einem
Zeltplatz, und zwar gleich in den ersten Minuten nach meiner Ankunft. Da
spürte ich erneut, wie sehr ich sie mochte. Ihre Gegenwart berührte
mich wieder und es tat zugleich auch wieder weh und hörte nicht auf,
obwohl doch vorher schon so viel Schmerz dagewesen war. Wir saßen
dann abends oft beieinander und unterhielten uns. Dann musste ich den Urlaub
für eine kurze Fahrt nach Hause unterbrechen. Anschließend fuhr
ich spontan wieder hinunter zum Zeltplatz an die See. Als ich dort ankam,
sagte sie plötzlich: "Ja, was willst Du eigentlich hier, ich will
jetzt meine Ruhe haben!" Und in diesem Moment passierte endlich etwas in
mir: Plötzlich kam so ein Loslassen, und zwar nicht nur im Kopf, sondern
im ganzen Körper, der plötzlich sagte: Nein, das willst
Du eigentlich nicht mehr! Das musst du dir nicht antun.
Bei der vorhergegangenen Verreibung war mir zum Schluss die erschreckende
Frage in den Sinn gekommen, wie das mit der Liebe sei. Ist sie vielleicht
auch nur ein Konzept? Kann man dann selbst so etwas wie der Liebe nicht
vertrauen? Und die Antwort, die sich durch dieses Erlebnis jetzt eingestellt
hat, war: Wenn Liebe zu einem Konzept wird, wenn ich also glaube
zu lieben, doch in Wirklichkeit einer Vorstellung anhänge, dass es
jetzt dieser oder jener Mensch sein müsse – dann kann es eine verlogene
Geschichte sein. Denn Liebe stimmt praktisch auch nur aus dem Moment,
aus dem wirklichen Gefühl heraus.
Mit großem Erstaunen beobachtete ich dann, wie das, was ich für
Liebe gehalten hatte (diese tiefe Sehnsucht nach dieser Frau mit all den
dazugehörigen Tränen), sich plötzlich von einem Tag auf
den anderen aufgelöst hat. Plötzlich stand ich draußen,
sah meine und auch ihre Verstrickungen und konnte erkennen: Ein Miteinander
wäre nicht möglich gewesen oder nur unter großen Schmerzen.
So habe ich praktisch die Art von Erniedrigung erlebt, von der Wochen zuvor
Teilnehmer 14 gesprochen hatte: erkennen zu müssen, dass ich in meiner
Wahrnehmung völlig verrannt war. Jetzt erlebte ich es plötzlich
als sehr befreiend, dass dieses Konzept nicht mehr da war sondern mein
Blick wieder klar wurde für das, was wirklich ist. Auch wie der andere
wirklich ist, in welchem Raum sich der andere bewegen kann.
Seit dem verwende ich häufig den Begriff "Wahn-Nehmung", wenn
ich ausdrücken will, wie subjektiv wir in unserer "Wahr-nehmung" sind.
Während der Verreibung der C5 wurde mir bald klar, dass ich alles,
was bisher passiert war, erst einmal integrieren musste, bevor mich Crotalus
irgendwann als wirklich geheilt entlassen könnte. Für eine Lösung
an diesem Tag fühlte auch ich mich noch nicht reif.
Das erste, was ich dann in mir hörte, war eine Forderung: "Werde
Wert!" und etwas das wie ein Kinderreim klang "Alles, was besteht, ist
wert, dass es zugrunde geht." Während mein Verstand das noch in
Frage stellte, erschien ein ergänzendes Gegenstück: "Alles
was verjährt, ist wert, dass man es ehrt."
Das war schon fast alles. Ich erinnerte mich an einige dramatische
Veränderungserlebnisse, die mir während einiger Arzneimittel-Prüfungen
widerfuhren: Gedanken, Gefühle und sexuelle Phantasien, die ich lange
als etwas Beständiges in mir kannte, waren völlig zerstört
worden (vor allem mit Ambra). Das hatte mich völlig verunsichert in
meinem Zukunftsentwürfen über Partnerschaft, weil ich immerzu
dachte, dieser Umsturz könne doch – um Himmels willen – nicht so bleiben!
Ich versuchte weiter ständig, mir Konzepte über Partnerschaft
zu machen, anstatt mich einfach irgendwie auf einen Menschen einlassen
zu können und zu gucken, was dann geschieht.
Diese Angst vor der Ungewißheit spürte ich jetzt während
der Verreibung ganz deutlich. In mir war ein ganz großes Bedürfnis
nach Beständigkeit und eine ganz große Angst vor der Veränderlichkeit,
die diese Schlange bringt und die sie auch von uns fordert!
Crotalus horridus schob mir darauf hin einen letzten Antwortsatz in
den Kopf: "Was die Welt zusammenhält ist, dass sie zusammenfällt."
Das ist Liebe!
Einige der Teilnehmer erlebten jedoch in der C5 ein tiefes Gefühl
von Liebe oder sahen Bilder, die ihnen erzählten, dass Liebe nur möglich
ist, wenn das Ego selbst die leiseste Hoffnung auf Eigennutz völlig
aufgegeben hat! Dann kann eine Liebe entstehen, die allem entsagt und
gerade dadurch mit dem Abgespaltenen, Ungeliebten verschmilzt und es wieder
herein nimmt.
Doch selbst die von uns, die von dieser Liebe berührt wurden,
schreckten zugleich vor der völligen Selbstaufgabe zurück, die
Crotalus von uns fordert. Wenn man das Protokoll der Verreibung liest,
ist es erschreckend, wie voll von Konzepten über die Konzeptlosigkeit
gerade diese C5-Stufe war! So viel wurde selten geredet. Und man merkt
- dieses Bodenlose, um das es eigentlich geht, macht eine solche
Angst, dass selbst die tief Berührten dann irgendwie froh sind, für
all das eine Erklärung zu haben.
-
Für mich war es eine ausgesprochen schöne Verreibung! Ich bin
vollkommen versöhnt mit dieser ollen Schlange! ... Ich habe es diesmal
als ganz entspannend erlebt, weil ganz von selbst Sätze in mir auftauchten.
Das habe ich einfach als Meditation genommen. Ich habe ganz viele klare,
schöne, mich versöhnende Gedanken gehabt.
Diese ganzen Konzepte, das ist alles nur Charakter, das ist Peripherie,
das ist etwas, was uns umgibt und was wir uns aufgebaut haben. Nachdem
wir als Baby unschuldig in die Welt kamen, haben wir uns diese ganzen Verhärtungen
der Konzepte und des Charakters aufgebaut. Und ich hatte das Gefühl,
das stürzt alles ein! Was ich finde, wandelt sich ständig, ist
lebendig und gibt mir überhaupt keinen Halt. Und es gibt eigentlich
kein Wehren – ich kann dem nur folgen!
Und es geht ganz viel um Vertrauen! Ich habe dann auch öfter
meine Angst davor gespürt – vor diesem Loslassen und Fallen und der
Hingabe an meinen Lebensfluss! Am Ende bleibt nur Liebe, Vertrauen.
Dabei fühle ich mich, obwohl ich so viel Gedanken habe, ganz 'kopflos'
und entspannt... Wenn gesagt wird, es gehe im Leben um Bewusstsein, ist
damit nicht Erkenntnis gemeint, sondern Liebe! Erkenntnis – das sind wieder
Konzepte. Liebe ist eigentlich die Konzeptlosigkeit! Es geht
nicht darum, seine Welt verstehen zu wollen, sondern sie zu lieben und
in sein Herz zu schließen. Es geht um lieben und verstehen. (t13
c5)
-
Und dann fragte ich mich, wo ist eigentlich meine Aufgabe? "Da, wo sich
die Polaritäten gegenüber stehen und miteinander in Konflikt
kommen" – das war die Antwort darauf. "Und wenn jemand davor ausweicht,
sich seiner Priorität gegenüber zu stellen, dann stelle ich mich
ihm gegenüber und fordere ihn heraus – aber eigentlich weniger in
dem Sinne, dass ich ihn verführen oder reizen würde, sondern
er muss mich anschauen!" (t1 c4)
-
Ich fragte mich auch, wohin die Schlange mich führt. Dabei sah ich
ein Labyrinth aus weißen Mauern, wie von oben. Aber eigentlich führte
sie mich daran vorbei. Es war alles Licht und weiße Wände und
eine helle Grotte. Und ich wusste, sie führte mich im Grunde auch
in den Keller, aber nicht wie die Spinne in den Leichenkeller, sondern
in eine Schatzkammer – in lichte Räume. Und es waren unendlich
viele Schätze drin. Dann kam wieder dieses aufrichtige Demutsgefühl.
Keine Demut, in der ich mich vor ihr verneigen musste, sondern sie verlangte
von mir, mich aufzurichten. So wie sie sich selbst erhöht. Für
mich stand die ganze Zeit im Vordergrund, immer wieder in die Aufrechte
zu kommen. (t1 c5)
-
Ich war total ergriffen... Ich kam ... durch die Verreibung in einen Zustand
der Liebe. Wenn ich darüber spreche, ist es allerdings schon wieder
'schräg'. ... Ich habe einen Film gesehen, den ich euch sehr empfehle:
"Orpheus" von Jean Cocteau. Ein Mann lebt mit einer ganz tollen blonden
Frau zusammen. Plötzlich taucht in seinem Leben der Tod auf in Form
einer schwarzen Frau. Er verliebt sich in sie und es gibt ganz viel Drama.
Zum Schluss steigt er in die Unterwelt und sie gestehen sich ihre Liebe.
Daraufhin darf er wieder zurück ans Licht zu seiner Frau. Diese schwarze
Frau aber muss noch eine Hölle tiefer steigen. In dem Film habe ich
gemerkt, dass diese Frau die einzige ist, die in diesem Film wirklich
liebt. Und sie bekommt dafür den Tod! ... Dass Liebe und Gnade grundverschieden
sind, das hat mich sehr erschüttert! ...
Das hat mich auf folgende Idee gebracht: Wir setzen ... ein Lebens-Konzept
... zum Beispiel in der Beziehung. Und die Kehrseite davon schaffen wir
gleich mit. Nur wollen wir sie nicht wahrhaben! Denn wir wollen ja (wie
dieser Mann in dem Film) einfach nur mit dieser hübschen blonden Frau
glücklich leben. Aber indem wir mit ihr das Konzept geschaffen haben,
haben wir die Gegenseite, nämlich diese schwarze dunkle Frau, auch
geschaffen! Und früher oder später formt sich dieses Gegenprinzip,
das wir selber geschaffen haben! Es kommt in Form eines Menschen in
unser Leben hinein. Zum Beispiel als die dritte Frau, mit der wir dann
fremd gehen. Alles ist dann nur noch ein Riesendesaster, aber es tritt
in unser Leben und will geliebt werden! ... Es muss so lange gelebt
werden, bis es von allen Beteiligten als dazugehörig erkannt worden
ist. Wenn wir dieses nehmen, dann müssen wir das Gegenkonzept
auch
mit in Kauf nehmen! Wenn wir das dann erkennen, ist es jenseits von Gut
und Böse, jenseits von Bewertung, es ist einfach da, von uns selbst
geschaffen. ... Das ist das Gegenteil von dem, was wir immer als
Liebe ansehen. Wir denken in uns, Liebe sei so: Wir fühlen uns so
gut und wir verschmelzen ineinander. Aber eigentlich bedeutet es (wie in
dem Film) sich selber aufzugeben! (t12 c5)
-
Teilnehmer 14 ergänzte: Liebe ist, dass man selbst in die Dunkelheit
geht für jemand anderen, damit der oben Bewusstsein haben kann und
du selber gehst in die Hölle. Das ist Liebe! ... Diese Liebe ist
ganz einseitig! Denn einer muss sich entscheiden! Einer muss hinunter in
die Hölle, damit der andere oben sein kann. Und derjenige, der liebt,
hat nichts davon. (t14 c5)
Nach diesen Worten entspann sich ein Dialog, indem die meisten von uns
versuchten, dieses Bild von Liebe irgendwie wieder auf ein erträgliches
Maß zu relativieren. Wir argumentierten damit, dass diese Spaltung
von Gnade und Liebe vielleicht doch innerhalb der selben Person bleibt
oder dass nach Bert Hellinger eine Beziehung nur durch das beiderseitige
Wechselspiel von Nehmen und Geben funktioniert.
Prüfer 12 antwortete darauf: "Ich finde, ihr habt vielleicht recht.
... Aber um Liebe zu lernen, um wirklich diese Tat zu tun, in die
Hölle zu gehen, muss man das ganz absolut sehen können, nicht
gleich wieder daran denken, dass man doch auf der anderen Seite wieder
hochkommen kann und so ...! Da kann man dieses Opfer gar nicht bringen!"
(t12 c5)
Eine traurige Geschichte...
Für einen in normalen Bahnen denkenden Menschen ist vielleicht schwer
zu verstehen, worüber wir uns in unserem Crotalus-Wahn die Köpfe
zerbrachen und was mit dieser selbstlosen Liebe gemeint ist, von der ein
Teil der Prüfer plötzlich sprach. Es wäre absurd, mit Worten
weiter erklären zu wollen, was sich hier unserem Verstand verschließt.
Eigentlich ist Crotalus auch nur über das Gefühl zu verstehen,
denn unsere logischen Gedankengebäude läßt es als leere
Ruinen zurück, wie alte Schlangenhaut. Es gibt eine andere Sprache,
die der Prozeßrichtung von Crotalus vielleicht mehr angemessen ist.
Es ist dies die Sprache der Träume, die in einer mehrdeutigen Logik
spricht und die unser Gefühl erreicht. In solchen Bildern sprach Crotalus
zu Teilnehmer 5, der auch in den vorhergehenden Verreibungsstufen den anderen
Teilnehmern immer ein Stück voraus gewesen war. Wer sich auf diese
Bilder einläßt, wird darin alles finden, was ich bis hier in
meinen Konzepten über Crotalus schon beschrieben habe.
-
"Am Anfang der Verreibung sah ich alles von oben. Ich guckte nach unten
und sah die Welt und ich flog da oben. Ich fühlte mich ganz wohl dabei.
Und dann sah ich auf der Erde eine kleine Schlange und dachte: 'Die
kann mir nichts anhaben, die kann mich nicht beißen! Ich bin da oben,
ich
bin der Chef!' Dann fiel mir irgendwann ein, dass sie mich eigentlich beißen
müsste! Eigentlich müsste mich diese Schlange beißen und
ich müsste mich dabei erniedrigen, weil ich dafür zu ihr nach
unten steigen müsste. Das aber, so dachte ich, würde ich nicht
machen. Ich mochte mich nicht erniedrigen! Aber ich konnte etwas anderes
machen, ich konnte der Schlange zugestehen zu fliegen. Dann könnte
sie zu mir heraufkommen und mich beißen! Die Schlange bekam dann
auch Flügel und flog mir nach. Ich war aber schneller und dachte.
'Du erwischst mich nicht!' Und dann kam mir wieder der Gedanke, dass sie
mich ja beißen müsse! So gestand ich ihr zu schneller zu fliegen
(ich bin
nicht langsamer geflogen).
Sie flog dann auch schneller und biss mich. Ich stürzte zu Boden
und lag im Sterben. Die Schlange kam zu mir herunter und verwandelte sich
in einen Adler!
Da fragte ich mich, was das alles solle, wo der Sinn der ganzen Sache
sei und der Schlangen-Adler sagte mir, "ob ich denn vergessen hätte,
dass es kein Du und kein Ich gäbe?"
Im Endeffekt habe ich ja nichts anderes getan, als durch diesen Biss,
durch diesen Fall mein Ego, mein Ich aufzugeben... In dieser Trance bin
ich dann auch gestorben, in diesem Erleben durfte ich in Ruhe sterben.
Das befriedigte mich aber nicht. Ich war eigentlich eher wütend
- was sollte das eigentlich, mein Ego aufzugeben!? Und da sagte ich seufzend
zu mir: 'Oh Vater!' In mir antwortete eine Stimme:"Es gibt keinen Vater!
Vater ist immer nur die Aufrechterhaltung der Polarität!" Da
war ich fix und fertig, denn für mich ist ein Vater etwas sehr Wichtiges.
Mir fiel dann aber ein, dass der Vater vielleicht nur eine Stütze
dafür ist, zur Liebe zu finden. Wenn die Liebe da ist, braucht es
keinen Vater mehr! Wenn ich in der Liebe bin, brauche ich niemanden
mehr, dem ich danken muss. Denn wenn ich in der Liebe bin, dann bin ich
so, wie ich bin. "Das Sein dankt sich selbst, indem es einfach ist,
nicht, indem es zu irgend jemand anderen spricht!" Und das erlebte
ich dann auch so. Ich war einfach hier und fühlte eine unwahrscheinlich
starke Liebe zu euch allen. ... Mir ist bewusst geworden, dass Liebe mehr
ist, als die bloße Berührung von Körpern. Liebe ist für
mich eigentlich das Aufblühen der Persönlichkeit des anderen
in meinem Geiste. So liebte ich euch einfach und ließ euch in meinem
Geist aufblühen. Ich pflückte euch wie Blumen und hatte euch
in meinem Geist, damit ihr dort blühen durftet. Es war ein ganz starkes
Gefühl von Liebe, was aber leider schnell wieder verfiel.
So fragte ich mich natürlich, wie kann ich das Paradies aufrechterhalten,
indem ihr als Blumen in mir blühtet? Ich kam darauf, dass es nur dadurch
erhalten bliebe, indem ich euch Wasser gäbe, indem ich euch Gefühle
gäbe. Um euch Gefühl zu geben, müsste ich aber fließen
- und daraus entstand für mich ein Teufelskreis. Weil ich etwas erkannt
hatte, was ich für mich nicht so leicht umsetzen kann. Deshalb bin
ich jetzt sehr traurig." (t5 c5)
Links erhöht und rechts erniedrigt (Körpersymptome)
Vor allem in den unteren Verreibungsstufen sind eine Reihe von Körpersymptomen
aufgetreten, die sich deutlich auf nur wenige Körperteile begrenzen:
Kopf, Augen, Hals und Brustkorb.
Das Körpergefühl wurde 'schlangenartig', Arme und Hände
existierten nicht oder zeigten Funktionsstörungen.
Einige Teilnehmer erlebten eine deutlich veränderte Wahrnehmung
ihres Leibes: links erhöht, rechts erniedrigt oder sie hatten
das Gefühl, dass sie sich aufrichteten.
Als körperliche Sinnesempfindungen traten vor allem Jucken,
Taubheit und brennende Hitze auf.
Wo es angebracht scheint, werde ich im Folgenden versuchen, die aufgetretenen
Körpersymptome in einem gleichnishaften Kontext zu deuten. Solche
Konzepte beweisen zwar nichts, aber sie erleichtern es, sich diese Symptome
zu merken. Als häufigste oder außergewöhnlichste Symptome
traten auf:
Verändertes Zeitgefühl
-
Zeit vergeht zu schnell (t13 c2)
-
kein Zeitgefühl; vor allem wenn ich passiv bin, vergeht Zeit unendlich
langsam, das ist angenehm (t4 c3)
-
Grenzenlosigkeit, Zeitlosigkeit, konnte meinen Körper nicht mehr wahrnehmen
(t6 c2)
-
meine Uhr blieb stehen und ich stellte fest, dass erst 15 Minuten vergangen
waren! (t11 c3)
Seitenbezug
-
Schläfenkopfschmerz links (t7 c2), über rechtem Auge (t1 c4)
-
Spannungskopfschmerz an den Muskelansätzen unter der Schläfe
- erst rechts, dann links, ziemlich stark (t7 c4)
-
Schmerzen (t13 c2), (t1 c4) oder Jucken (t2 c2), (t8 c2) an einem Auge
-
stechende Schmerzen im linken Nackenbereich (t4 c2)
-
Brennen (t3 c3) / Zuckungen (t3 c2) / Lähmungsgefühl (t6 c2),
(t9 c2) in einem Arm
-
Schmerzen (t9 c2) / Zucken (t3 c3) in einer Hand
-
Kribbeln in einem Bein (t9 c3)
-
Blitze durch die rechte Körperhälfte (t1 c4-1)
-
rechts bin ich erniedrigt und links bin ich erhöht (t1 c3),
(t8 c4-1), (t8 c4-2)
Es gibt eine deutliche Trennung zwischen beiden Seiten und viele
einseitige
Symptome.
Nicht ein einziges Mal traten beidseitige Beschwerden an paarigen Organen
(Augen, Extremitäten) auf.
Kopf
-
zum Schluss wurde mir der Kopf ganz heiß auf dem Scheitelpunkt. (Ich
hatte das letzte Mal in der C3 oder C 4 das Gefühl, ich würde
an dieser Stelle hochgezogen.) (t1 c4)
- Kopfschmerz:
- Spannungskopfschmerz an den Muskelansätzen unter der Schläfe
(t7 c2, t7 c4)
-
leichter Kopfschmerz im Stirnbereich (Prüfer sagt, das sei ungewöhnlich,
Kopfschmerz kenne er nur, wenn er zuviel getrunken habe) (t10 c3)
- Stirn:
- Stirndruck, Stirngefühle, mal heller und offen, mal dunkler und zu,
ich war sehr im Kopf und Schulterbereich (t13 c2)
- taubes Gefühl auf der Stirn, dumpf, wurde zu einem Gefühl der
Leere (t1 c2 und eine Bestätigung)
- Nacken:
- verspannter Nacken (t8 c2)
- stechende Schmerzen im linken Nackenbereich (t4 c2)
- beim Verreiben blieb eine ganze Weile ein Schmerz im Genick und ich hatte
das Gefühl, das sei genau der Punkt, wo die Schlange mit dem Stecken
festgehalten wird, bevor sie dann getötet wird (t1 c5)
Kopfschmerzen wurden überwiegend als druckvoll, gestaut erlebt. Teilweise
gab es die Empfindung einer in den Kopf aufsteigenden Energie/Hitze.
Wenn man um die seelische Thematik von Crotalus weiß, passen
diese Symptome sehr gut zu dem Bild eines Menschen, der alle Energie
nur noch in seinem Kopf zentriert (Gedanken, Gedanken und noch
mehr Gedanken) – und dass dieser Mensch dafür aus den anderen Teilen
des Körpers Kraft abzieht (Funktionsausfälle).
Diesen Zusammenhang zwischen Denkenergie und Kopfschmerz erlebte ein
Teilnehmer in der C5 so: "Ich fühlte nur im Kopf und mein Herz (aber
das war ganz ruhig). Im Kopf waren keine Gedanken, die abschweiften, sondern
ich nahm den Kopf einfach nur wahr, nahm wahr, dass er da ist. Ich versuchte
sogar einmal, in ein Problem hineinzugehen, da gingen die Gedanken wieder
zurück an einen ganz speziellen Punkt und zentrierten sich und dann
war ich nur in diesem einen Punkt. Ich war ziemlich leer und total bereit
für das, was kam. Das ging so weit, dass in dem Punkt, in dem nichts
kam, sogar ein Schmerz entstand, aber der war eigentlich angenehm." (t5
c2)
Ohren
Zwei Prüfer bekamen eine Mittelohrentzündung mit heftigen
Schmerzen.
-
die beginnende Mittelohrentzündung hatte sich mit meinem Zahnschmerz
verbündet. Das war ein Doppelschmerz, der mich für ein eineinhalb
Tage fast verrückt machte. (t8 c5)
-
heftige, extrem schmerzhafte Mittelohrentzündung mit sehr hohem Fieber
bis zum Anschlag meines Fieberthermometers, so stark Schüttelfrost
und entkräftet, dass ich erst am Morgen für einige Minuten aufstehen
konnte, um nach homöopathischen Mitteln zu sehen (letztlich half kali-bi.).
(t7 c4)
Augen
-
Kopfschmerz am Auge (t13 c2, t1 c4)
-
Jucken im Auge (t2 c2, t8 c2)
-
Übelkeit, wenn ich die Augen schloss, aber schlagartig klar und wach,
wenn ich die Augen öffnete (t1 c2)
-
Vibrieren am rechten Auge – immer wenn ich mich mit anderen Sachen beschäftigte
(t6 c5)
-
am Ende Lichtblitze über dem dritten Auge, oben sah ich alles verschwommen,
aber unten viel klarer als normal, 200% scharf (t1 c4-1)
Gerüche
Ein Prüfer hatte in den verschiedenen Stufen ausgeprägte
Geruchsempfindungen.
-
Luft war trocken, staubig, wie in einem alten Lagerhaus (t4 c2)
-
ich roch frisch geschnittenes Gras (t4 c4)
-
nacheinander verschiedene Gerüche wahrgenommen, die vielleicht sogar
real waren: nach abgestandenem Urin, der stechend war, dann Tabakrauch,
anschließend Gewürznelke, und dann nahm ich einen Schwelbrand
wahr. (t4 c5)
Mund
-
Speichelfluss verstärkt (t10 c2, t3 c2)
-
massive Zahnprobleme vieler Teilnehmer (siehe folgender Abschnitt)
Hals
-
Brennen im Hals (t1 c2), Kratzen im Hals und Gefühl, ständig
den Rotz hochziehen zu müssen (t3 c2), Jucken im Hals (t3 c2)
-
Verlangen nach Halsbewegung (t13 c3)
-
unheimliche Angst, dass ich meine Schwachstelle am Hals freilege (t5 c2)
-
kleine Flammen im Hals, die bis zur Zungenspitze aufstiegen, wie ein Energieschub,
der zwar in die Zungenspitze kam, aber trotzdem im Hals stecken blieb,
eine irrsinnige Hitze (t3 c3)
-
aufsteigende Hitze am Hals, die sich hinter den Ohren zum Processus
mastoideus zog (t8 c2)
-
Kehlkopf:
- der Raum im Kehlkopf-Bereich war wie vergrößert (t1 c2)
- ein brennend heißer Schmerz auf dem Kehlkopf, der eine Weile anhielt
(t1 c5)
- Schmerz im Kehlkopf-Bereich (t6 c3)
Der Hals kann – von seiner deutlichen Schlangensymbolik einmal abgesehen
- auch verstanden werden als ein Bindeglied zwischen Kopf (Geist) und Körper
(Gefühle). Diese Verbindung ist bekanntlich für alle Schlangen
problematisch und schwer zu schaffen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich,
dass der Hals auch für Crotalus eine ganz offensichtliche Problemzone
ist.
Es gab jedoch kein Bedürfnis, sich von äußerer
Bedrängung an Hals und Brustkorb frei zu machen, wie es einige von
uns in der Lachesis-Verreibung erlebt hatten.
Arm, Hand
- veränderte Körperwahrnehmung:
- ich wurde aufrechter, immer länger, meine Arme baumelten am Körper
(t1 c3)
- Arme gehörten nicht zu meinem Körper (t6 c3)
- Arme schwerer als zuvor (t13 c3)
-
linker Unterarm begann unregelmäßig zu pochen, Muskelzuckungen
im linken Oberarm (t3 c2)
-
linker Arm fing an zu brennen, als ob er in Feuer stehe. Das breitete
sich auf den ganzen Körper aus – das war so ein richtiges Lodern.
(t3 c3)
-
Lähmungsgefühl im Unterarm (t9 c2), (t6 c2 und eine Bestätigung)
-
rechte Hand fing extrem an zu zucken (t3 c3), Schmerz in rechter
Hand, ließ den Stößel so schlimm fallen, dass ich erschrak
und dachte: "Das ist die Schlange". (t9 c2)
-
feuchte heiße Hände (t5 c2), (t4 c5) (ein Teilnehmer
hatte noch nie zuvor in seinem Leben feuchte Hände gehabt!), feuchte
kalte
Hände (t6 c2), Hitze bis in Handflächen (t10 c2)
Man kann sich gut merken, dass diese Schlange Probleme mit der Wahrnehmung
ihrer Arme oder Hände hat.
Brust, Herz, Schulter, Atmung
-
Enge in der Brust (t2 c2), beklemmendes Gefühl im Brustbereich
und in der Herzgegend (t3 c2), (t6 c2), (t11 c5), (t13 c2), Stechen in
der Herzgegend (t2 c2)
-
Atembeschwerden (t4 c5), Erstickungsgefühl, als sei das Atemzentrum
gelähmt, aber gar keine Panik, wusste aber, dass ich einfach nur stillhalten
und nichts tun musste, einfach nur geschehen lassen. (t12 c3)
-
Brennen in Luft- oder Speiseröhre (t6 c2)
-
brutaler Schmerz in der Schulter und Gefühl, rechts erniedrigt und
links erhöht zu sein (t1 c3)
Die Brustsymptomatik wurde hauptsächlich als eine Beklemmung des
Herzens erlebt. Das ist eine klare körperliche Übersetzung
des geistigen Zustandes eines eiskalten Killers: kein Herz.
Rücken
-
ich dachte "die Schlange ist in mir, die Schlange ist meine Wirbelsäule"
(t2 c3)
-
Gefühl, mir krieche eine Schlange den Rücken hoch, Angst (t3
c3)
Unterleib
-
heißes Gefühl im Unterleib mit Jucken oder Brennen in den Schamlippen,
es dehnte sich wollüstig in die Oberschenkel aus (t3 c2)
-
Kribbeln im linken Bein, kurz leichtes Lustgefühl in der Scham (t9
c3)
-
eine Spur Geilheit, die hochkam, als ich die Schale auf dem Schoß
hatte (t10 c3)
Die Sexualität im Bannkreis von Crotalus ist auf das pure Körpergefühl
begrenzt. Sie kennt nur einen rein körperlichen Vollzug ohne Bedürfnis
nach seelischem Kontakt.
Allgemein
- veränderte / entrückte Körperwahrnehmung:
- als drehten sich in meinem Körper auf verschiedenen Ebenen gegenläufige
Kreise (t1 c2)
- Grenzenlosigkeit, Zeitlosigkeit, konnte meinen Körper nicht mehr wahrnehmen
(t6 c2)
- alles war unharmonisch, ich war keine Einheit, ich war vollkommen zerrissen,
geteilt: Körper hier, Gefühle da, Geist dort (t6 c3)
- schlängelte mich schwerelos durch den Raum – ein ganz peripheres Gefühl;
mein Körpergefühl entsprach der Bewegung einer Schlange (t13
c3)
- Blitze durch die rechte Körperhälfte (t1 c4-1)
-
Übelkeit, wenn ich die Augen schloss, aber schlagartig klar und wach,
wenn ich die Augen öffnete (t1 c2)
- veränderte Körperhaltung:
-
ich machte mich immer größer, richtete mich immer größer
auf (t1 c3, t5 c2) in eine Position, als würde ich alles überblicken
können. Dann kam eine unheimliche Angst, dass ich damit meine Schwachstelle
am Hals freilege. (t5 c2)
-
Ich fühlte mich auf einmal riesengroß, aufgespannt zwischen
Himmel und Erde. Im nächsten Augenblick war ich sofort wieder ganz
klein. (t2 c3)
-
Gefühl, ich sei oben aufgerichtet, wie ein Lichtseil aufgehängt,
unten zusammengerollt wie eine Schlange (t1 c4-1)
-
Gefühl, immer kleiner zu werden, Bedürfnis nach Rückzug,
Gefühl, dass es reicht (t13 c4-1)
Die Gefühle von der 'Erhöhung der Schlange' waren in unserer
Gruppe eines der auffallendsten Symptome. Sie äußerten sich
zum einen als Aufrichten in der Größe oder als die Wahrnehmung,
links
erhöht, rechts erniedrigt zu sein.
Eine Asymmetrie von links und rechts steht metaphorisch für eine
Asymmetrie von Geist und Gefühl.
Verlangen nach Süßigkeiten
Zwei Teilnehmer erlebten nach der ersten Verreibung ein extremes Verlangen
nach Süßigkeiten, das sie sonst nicht von sich kennen. (t4
c4-2), (t5 c4-2)
Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Ersatzhandlung für
die fehlende Liebe im Crotalus-Bild.
Taubheit / Lähmung
-
taubes Gefühl auf der Stirn, dumpf, wurde zur Leere in mir (t1 c2)
-
Gefühl von Taubheit (t2 c2), (t6 c3)
-
Grenzenlosigkeit, Zeitlosigkeit, konnte meinen Körper nicht mehr wahrnehmen
(t6 c2)
-
abwechselnd Lähmung der einen und der anderen Seite (t15 c4)
Jucken
-
Jucken in der Hand (t2 c2)
-
Jucken im Auge rechts (t2 c2), am Auge (t8 c2)
-
es juckte – ich merkte, ich brauchte ein neues Kleid, musste mich häuten,
weil ich wuchs (t2 c3)
-
Jucken im Gesicht, am Hals, an den Haaren, der linken Schulter (t3 c2),
dann wurde die Zunge dick und begann zu prickeln (t3 c2)
-
Kribbeln, Strömungsgefühle im Körper, vor allem am Kinn
(t13 c2)
Hitze
-
körperliche Hitze mit etwas Schweiß auf der Stirn (t10 c3)
-
aufsteigende Hitze am Hals, die sich hinter den Ohren zum Processus mastoideus
zog (t8 c2)
-
kleine Flammen im Hals, die bis zu Zungenspitze aufstiegen, wie ein Energieschub,
der zwar in die Zungenspitze kam, aber trotzdem im Hals stecken blieb,
eine irrsinnige Hitze (t3 c3)
-
linker Arm fing an zu brennen, als ob er in Feuer stehe. Das hat sich auf
den ganzen Körper ausgebreitet – das war so ein richtiges Lodern.
(t3 c3)
-
sehr heiße und feuchte Hände (t4 c5)
-
aufsteigende Hitze bis in die Handflächen und den Kopf (t10 c2)
-
heißes Gefühl im Unterleib mit Jucken oder Brennen in den Schamlippen,
dehnte sich wollüstig in die Oberschenkel aus (t3 c2)
-
Zum Schluss wurde mir ganz heiß auf dem Scheitelpunkt. (Ich hatte
das letzte Mal in der C3 oder C 4 das Gefühl, ich würde an dieser
Stelle hochgezogen.) Das wurde ganz heiß! Bei den Buddhisten ist
das – glaube ich – der Punkt, durch den die Seele im Tod austritt. (t1
c4)
Diese Gruppe der Symptome, nämlich die häufigen Wahrnehmungen
von Jucken und Hitze sehe ich als eine deutliche Parallele zu Sulfur.
Beide Mittel (Crotalus und Sulfur) zeichnen sich interessanterweise
durch ein massiv übersteigertes Ego-Prinzip aus, das zur alleinigen
Zentrierung in der Welt wird (wenn mich nichts Fremdes mehr juckt, jucke
ich mich selbst).
Den Zahn zieh ich dir!
Als sich die Teilnehmer der Gruppe nach drei Wochen Einwirkungszeit
der C3 wieder trafen um die C4 zu verreiben, machten wir eine verblüffende
Entdeckung. Fast alle Prüfer hatten in dieser Zeit auf irgendeine
Art Probleme mit ihren Zähnen!
Weitere neun Wochen später, bei der Verreibung der C5, wiederholte
sich das Thema. Auch hier hatte jeder weitere Erfahrungen mit Zahngeschichten
sammeln müssen.
So massiv und geschlossen ist noch nie ein Körpersymptom
nach einer Verreibung in unserer Gruppe aufgetreten!
Im einzelnen wurde erzählt:
-
Ich habe seit drei bis vier Tagen Zahnschmerzen. (t8 c4)
-
Ich hatte auch ein Zahnproblem, eine Zahnfleisch-Entzündung am rechten
unteren Eckzahn. Die hat sich aufgelöst und kam dann dafür auf
der gleiche Seite oben und hinten. (t6 c4)
-
Ich bin seit langer Zeit das erste Mal zum Zahnarzt gegangen, weil ich
noch nicht den Mut hatte, mir einen neuen Zahnarzt zu suchen. Vor der C4-Verreibung
Zahnschmerzen an den Schneideflächen vieler Zähle, was ich sonst
nicht habe. (t7 c4)
-
Ich war auch beim Zahnarzt, habe die Schneidezähne reparieren lassen.
Das war sowieso fällig. Es ging auch sehr gut. (t11 c4)
-
Seit einer Woche suchen wir die Zahnspange meines Sohnes, die verschwunden
ist. (t4 c4)
-
Ich bekam wahnsinnige Zahnschmerzen. Und zwar biss ich nachts meine Zähnen
so stark zusammen, dass ich morgens aufgewachte und mir der ganze Kiefer
weh tat, vor allem ein Backenzahn... Ich hatte auch massive Kieferschmerzen,
vor allem rechts. Ich hatte immer das Gefühl, wenn ich meinen Mund
aufmachte, dass ich ihn zu weit aufgerissen hatte, und deshalb hatte ich
diese Schmerzen. Es erinnerte mich an die Schlangen, die, wenn sie voll
zubeißen, ihr Maul ja vorher um 180 Grad aufreißen. (t12 c4)
-
Sobald etwas nicht so läuft, beiße ich meine Kiefer zusammen.
Das ist mir seit der Crotalus-Verreibung deutlich ins Bewusstsein getreten.
Meine Zahnärztin sagt, ich täte das anscheinend schon immer oder
zumindest seit längerem. Aber ich habe das nie so bemerkt. Nach Crotalus
wachte ich morgens auf mit totalen Kieferschmerzen. (t12 c5)
-
Zwei Tage vor der C4 wurde mir ein Zahn herausoperiert, was mich sehr angegriffen
hatte. Der Zahn hatte schon längere Zeit vorher weh getan. (t13 c4)
-
Mir ist ein paar Tage nach unserer C4-Verreibung ein Zahn abgebrochen!
Ein großes Stück Zahn kam mir beim Zähneputzen entgegen
und ist ins Waschbecken gefallen. (t4 c5)
-
Zahnschmerzen die ganze Zeit. Ich habe es nie geschafft zum Zahnarzt zu
gehen. Ständig wurden irgendwelche Termine entweder abgesagt oder
es war gerade nicht möglich oder der Zahnarzt war im Urlaub. (t8 c5)
-
Ich habe mich inzwischen endlich entschlossen, zu einer neuen Zahnärztin
zu gehen. Das erste, was sie mir vorschlug, war, mir alle vier Weisheitszähne
zu ziehen, weil ich eigentlich dafür nicht genügend Platz im
Kiefer hätte. (t7 c5)
-
Das hat mein Zahnarzt mir jetzt auch gesagt. Er will zwei Weisheitszähne
ziehen. (t14 c5)
-
Beim letzten Mal war mir ein Zahn gerade gezogen worden, danach hatte ich
über Wochen heftigste Schmerzen. (t13 c5)
Um das Maß voll zu machen, folgen hier noch die Aussagen der restlichen
Prüfer, die durch ihre Zahnbeschwerden aufgefordert waren, auf eine
Crotalus-Frage eine Antwort zu geben. Man könnte wirklich meinen,
die Schlange hätte uns alle an diesem Punkt der Reise auf eine Prüfung
geschickt, in der wir beweisen mussten, wie gehe ich mit Schmerz in
mir um?
-
Ich wollte eigentlich Zahnschmerzmittel nehmen. Aber dann hatte ich nur
Paracetamol zu Hause und dachte, wenn ich eine Mittelohrentzündung
habe und damit das Fieber runter drücke, dann kriege ich nur noch
mehr Ärger! ... Ich habe dann notgedrungen diese Schmerzen ausgehalten
und immer nur blaue und rote Wolken gesehen die ganze Nacht hindurch. (t8
c5)
-
Komisch, ich war auch beim Zahnarzt! Ich war ewig nicht mehr beim Zahnarzt!
Ich hatte Zahnschmerzen. Es ging darum, den Schmerz auszuhalten. Ich wollte
gar keine Spritze oder so. (t1 c5)
-
Ich habe mich auch ewig damit herumgequält, diese Schmerzen auszuhalten.
Das trieb ich wirklich soweit, bis ich nervlich so fertig war, dass ich
dachte: Was soll der Quatsch? Ich hatte auch eine lange Autofahrt nach
England vor mir. An dem Morgen sagte ich mir dann: Schluss jetzt! Ich habe
mich dann mit Aspirin und Paracetamol abgefüllt.
Ich habe mich über eine Woche lang jeden Tag mit Schmerzmitteln
vollgedröhnt, weil das nicht auszuhalten war. Und als der Zahn dann
Ruhe gab, setzte der Schmerz am nächsten Zahn ein. Ich habe erst versucht
das auszuhalten, konnte dann nicht mehr schlafen und alle meine Bewältigungsversuche,
mit dem Schmerz umzugehen, scheiterten. (t13 c5)
Dieser Prüfer ist durch seine Zahnschmerzen direkt zum Thema seines
eigenen Selbstbildes geführt worden, das von Crotalus ja (wie jedes
andere geistige Konzept) in Frage gestellt wird.
Er erzählte:
-
Interessanterweise wurden die Zahnschmerzen für mich durch die Scham
verschlimmert, so ein schlechtes Gebiss zu haben. Mir wurde klar: wenn
ich in freier Wildbahn leben würde, dann könnte ich das von mir
erlegte Tier nicht fressen!
Also ging es darum mich anzuerkennen mit meinen ganzen Makeln und Schwierigkeiten
und Fehlerhaftigkeiten. Das haben mir meine Zähne gesagt. ... Da ist
für mich ein Riesenthema im Busche, was sich hier äußerlich
ausdrückt – wo sie mir dann ihre Prothesen drauf hauen, damit es keiner
mehr sieht. Aber dahinter ist etwas – und es geht darum, das
nicht mehr weghaben zu wollen, sondern einfach zurück zu holen und
es als meines anzuerkennen! Da ist viel passiert in dieser Zeit. Der Zahn
muckert immer noch ein bißchen und hält mich noch sehr gut in
der Auseinandersetzung. (t13 c5)
Auffälligerweise waren all diese Zahnbeschwerden in den niedrigen
Verreibestufen gar nicht aufgetreten! Das ist seltsam, denn normalerweise
erscheinen die Körpersymptome eigentlich vor allem dort.
Das Auftreten der Zahnbeschwerden in der C4 und C5 stellt diese Schmerzen
quasi in einen höheren Zusammenhang. Auf diesen Stufen erleben wir
in der Regel eine relativ entkörperlichte Sicht der Welt, hier kreisen
unsere Gedanken eher um Wesenhaftes.
Wir waren dann sehr verblüfft, als uns klar wurde, dass die
Zähne in vielen Systemen Symbol für innere Einstellungen sind!
Es wird gesagt, der Verlust von Zähnen deute darauf hin, dass man
auch eine bestimmte innere Einstellung aufgeben müsse. Letztlich sind
Einstellungen ja auch nur ein Konzept darüber, was für uns gut
sei. Und genau das hatte uns Crotalus ja immer wieder erzählt: laßt
endlich eure Konzepte los!
Eine schöne Metapher dafür ist der Umstand, dass zwei Teilnehmern
der Arzneimittelprüfung durch ihre Zahnärzte jetzt ausgerechnet
die Weisheits(!)-Zähne gezogen werden sollten. (t14 c5), (t7 c5)
Die schreckliche Schlange (kleine Differentialdiagnose)
Im Laufe des Jahres 1998 hatte die Berliner Verreibegruppe die seltene
Gelegenheit, gemeinsam mit Witold Ehrler alle vier Schlangengifte zu verreiben
und mit diesen Arzneimitteln Erfahrungen im eigenen Leben zu machen. Zwei
Mal war der Ausgangsstoff vor der Verreibung bekannt (Vipera und Crotalus)
und zwei Verreibungen waren für die meisten Teilnehmer blind (Lachesis
und Naja; in der Zwischenzeit wurden unter anderem Aranea und Selen verrieben).
Als wir mit Vipera begannen, wussten wir nicht, was uns dieses Experiment
bringen würde. Es bestand die Aussicht, dass sich die vier Stoffe
sehr ähneln würden und diese Aktionen vergleichsweise langweilig
werden dürften. Zu unserer Überraschung erwiesen sich die Schlangen
aber dann als so völlig unterschiedlich, dass es mir schwerfällt
überhaupt Gemeinsamkeiten zu benennen!
Erstaunlicherweise siedeln die Schlangen ihr jeweiliges Thema in jeweils
einer anderen der vier Ebenen von C1 bis C4 an. Sie decken damit den ganzen
Zyklus unsere eigenen Schlangenproblematik vom Körper über die
Gefühle und Gedanken bis in die Bereiche unserer Sinnsuche ab. Hier
kann ich nur staunend wahrnehmen, dass unsere Urväter, die diese Schlangenmittel
in die Homöopathie einführten, wussten, was sie taten, obwohl
sie nicht wussten, was sie taten!
Zugleich scheinen die vier Schlangen auch einen speziellen Weg zu beschreiben,
den die Seele im Umgang mit diesen Kräften gehen kann, wobei jede
Schlange in ihrer Krankheit auf einem anderen Punkt dieses Weges festklemmt
und nicht mehr weiter kann.
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Schlangen möchte ich
an dieser Stelle in ihrem Umgang mit Sexualität, Einsamkeit und Schmerz
darstellen.
Allen Schlangen gemeinsam ist, dass sie versuchen die Lösung ihres
Problems im Kopf zu finden. Worin dieses Problem besteht und wie diese
Kompensation dann konkret aussieht, ist aber recht unterschiedlich.
Empirisches Bild
Vipera erschien uns als die Schlange der Körperebene. Ständig
sexualisiert und von allen Seiten verführt, versucht sie ganz hilflos,
im Kopf irgendwie eine Antwort auf die Frage zu finden, was sie denn nun
tun soll. Soll ich mit diesem Mann, oder doch lieber mit diesem? Oder vielleicht
doch mit einer Frau? Und bin ich denn überhaupt monogam? Eigentlich
habe ich ja doch Lust auf alle – aber wie soll ich das denn nun wieder
hinkriegen? Der Zweifel durch Verführung ist allgegenwärtig und
Vipera ist ziemlich hin und her geworfen in den Trieben, die sich in ihr
von allen Seiten melden. Ein wunderschöner Satz aus der Vipera-Verreibung
war die Erkenntnis, dass der Zweifel nur dadurch entsteht, dass zu der
festen Lösung ein zusätzliches Angebot hinzutritt, eine
zusätzliche zweite Chance, alles ganz anders zu machen. Dass
also der Zweifel, den Vipera als Fluch erlebt, eigentlich der Eintritt
der Freiheit ist.
Die Lösung für Vipera ist hier zu erkennen, dass es egal
ist, was man tut. Entscheidend ist nur, dass man überhaupt etwas tut
- denn nur so kann man im Leben eine wirkliche Erfahrung machen. Im Kopf
macht man keine Erfahrung.
Man kann also sagen, die erste Aufgabe von Vipera besteht darin, der
Verführung zu folgen. Sie muss mit ihr umgehen, und zwar im praktischen
Handeln. Das bedeutet, den Konflikt zwischen körperlichen Bedürfnissen
und sozialem Verhalten lebendig zu leben. Dabei ist die Forderung an Vipera,
diesen Umgang mit der Verführung sozial offen zu legen. Es wäre
wahrscheinlich politischer Sprengstoff, wenn das wirklich gelebt würde.
Witold Ehrler hat diese Aufgabe auf die schöne Formel des Wahrhaftigseins
gebracht. Die Aufgabe für Vipera ist es, wahrhaftig zu sein in ihrem
Umgang mit der Verführung.
Auch die oft benannte Verquickung von Vipera mit totalitären Gewaltorganisationen
(SA, Stasi) scheint aus der Verführung zu kommen. Ein Prüfer
hatte vor der Verreibung folgenden Traum: Er wird im Zug von der Leibgarde
des Führers mitgenommen, damit er dieser Leibgarde beitritt. In dieser
Situation ist er ständig hin und her geworfen zwischen klarer moralischer
Entrüstung und einem Gefühl der Verführung und des Geschmeicheltseins.
Während Vipera bei all dem noch etwas Leichtes und Flüchtiges
in sich hat (von einer Verführung zur nächsten), steckt
Lachesis
wesentlich tiefer in diesem Drama. Für Lachesis ist es keine Frage
mehr, ob man seine Triebe leben solle, Lachesis folgt der Verführung.
Ewig auf der Suche nach dem verlorenen anderen Teil, der uns wieder heil
macht, fühlt sie sich zutiefst verletzt durch die Spaltung und spaltet
doch selbst immer wieder aufs Neue.
Lachesis steckt in einem Gefühlsdrama, in dem es sich selbst als
Opfer erlebt, das ständig zu wenig bekommt. Aus dieser Verletzung
heraus beißt sie immer wieder zu, ohne ihre eigene Verletzung zu
zeigen. Ihre Wahrnehmung der Umwelt ist vor allem Argwohn. Keinem traue
ich etwas Gutes zu, weil ich die anderen genau so erlebe, wie ich im Grunde
eigentlich bin.
Die Kompensation dieser Verletzung besteht für Lachesis darin,
im Kopf raffinierte Strategien zu entwickeln, mit denen sich das Ganze
noch zum eigenen Vorteil steuern lässt. Der Haken daran ist, dass
sie zumindest unbewusst weiß, dass dadurch alles nichts wert ist,
was sie bekommt. Denn sie hat nichts freiwillig bekommen und sie hat sich
jede Form von Zuwendung nur selbst organisiert.
Die Lösung für Lachesis liegt darin, das eigene Rollenspiel
zu transzendieren und die Täter-Opfer-Sicht völlig zu verlassen.
Dazu muss sie ihr eigenes Tätersein erkennen (was natürlich schmerzhaft
ist) und sie muss lernen, ihre eigene Verletzung und ihre Ängste offen
zu legen, damit sie sich ihrer Umwelt endlich so zeigt, wie sie wirklich
ist.
Crotalus hat auch die Gefühlsebene hinter sich gelassen
und ist damit die Schlange der C3. Sie repräsentiert den reinen Geist.
Es ist grausam anzusehen, zu welchem Monster der Mensch in Crotalus entartet,
wenn er seine Gefühle so vollkommen abgespalten hat!
Weil Fühlen zu sehr wehtut, lebt Crotalus als eiskalter Killer
in einer Welt der reinen Funktionalität. Alles wird nur noch nach
seiner Funktion bewertet, nach messbarem abzählbaren Erfolg. Sexualität
ist auf den rein körperlichen Vollzug reduziert, ohne irgendein Bedürfnis
nach seelischem Kontakt. So zählt nur noch der Überlegene und
Crotalus steuert damit – paradox genug – in diesem Kampf um den persönlichen
Vorteil auf den wirklichen Tod zu, den es zuvor auf der Gefühlsebene
vermeiden wollte. So ist das Schicksal von Crotalus in jedem Fall der Tod:
sie hat die Wahl, irgendwann in diesem Kampf nicht mehr die schnellste
zu sein und zu verlieren. Oder sie nutzt die Chance den ausgeblendeten
Tod in ihr Herz zurückzuholen und den verdrängten Abschiedsschmerz
zu durchleiden, um dadurch wieder leben zu können.
Dann kann sie auch endlich wieder beginnen zu lieben. Doch selbst in
der Liebe ist Crotalus horridus die 'schreckliche' Schlange. Denn was sie
von uns in der Liebe fordert, ist für uns schrecklich: Gib alles auf
was du dir wünschst, vergiss deinen Eigennutz vollständig – nur
dann kannst du überhaupt lieben! Aber nimm in Kauf, dass du dafür
vielleicht noch nicht einmal etwas erhalten wirst!
Als letze in diesem Schauspiel begegnete uns Naja, die mit Zweifel,
Tod und Verführung auf der Wesensebene konfrontiert ist.
Naja hat nun auch dem eigenen Geist entsagt und sucht ihren Trost auf
einer spirituellen Ebene. Hier füllt sich der Geist quasi 'von oben
her' mit fremden spirituellen Konzepten, statt selbst das Leben zu reflektieren.
Der Körper tut klaglos sein Tagwerk und das Ich flüchtet sich
in eine schönere Welt. Diese künstliche Welt ist aber durch den
fehlenden Kontakt zu Gefühl und Körper so entrückt, dass
dort keine wirklichen Erfahrungen mehr gemacht werden können. Damit
ist sie verlogen und unproduktiv. Erlösung für Naja ist, irgendwann
aufzuwachen und plötzlich die Welt und sich selbst ganz wach zu sehen,
und zwar in einer völlig anderen Perspektive.
Wir sehen zusammenfassend, dass alle vier Schlangen ihren Kopf nicht
mit dem Körper – und vor allem nicht mit ihrem Herz – verbunden haben
(daher auch die vielen Halsprobleme). Wie diese Trennung aussieht, ist
dann aber doch sehr unterschiedlich. Abschließend sei die Art, wie
sie ihre Probleme kompensieren noch einmal an ihrem Umgang mit dem Thema
Einsamkeit veranschaulicht.
Vipera versucht, das Thema durch Masse zu kompensieren.
Lachesis versucht, das Defizit krampfhaft zu managen.
Crotalus schneidet die Gefühle einfach weg.
Naja entflieht dem Schmerz in eine andere Realität.
Versuch einer einheitlichen Beschreibung
Auf einer abstrakteren Ebene kann man das Drama der Schlangen wie folgt
beschreiben (Das hier folgende Konzept stützt sich auf Phänomene
und Sätze, die in den Verreibungen aufgetreten sind):
Die Schlangen zeigen uns vier Irrwege, auf denen das Ich versucht,
mit den Anforderungen des Körpers (Trieb, Es), der Kultur (soziale
Bedürfnisse, Über-Ich), des Geistes (lineares zählendes
Denken) und einer spirituellen Sinngebung umzugehen. Die Art des Umgangs
ist immer manipulativ, das heißt, das Ich versucht auf dem jeweils
fokussierten Gebiet etwas für sich zu maximieren.
Abb. 2 Zyklus der vier Schlangen
Vipera strebt nach maximaler Triebbefriedigung.
Lachesis manipuliert den sozialen Kontakt.
Crotalus agiert allein auf der Basis von Berechnung.
Naja macht sich eine künstliche spirituelle Sinngebung.
Das Drama dabei ist, dass alle vier dabei versuchen etwas zu steuern,
das sich nicht steuern lässt. Jede der vier Schlangen hat dabei zugleich
ihre Wurzel verlassen:
Vipera das Wissen um eine innere Bestimmung.
Lachesis das Gespür für ihre wirklichen Körperbedürfnisse.
Crotalus entbehrt jedem sozialen Gefühl.
Naja verachtet das Gesetz der Logik und der Zahl.
Zugleich ersetzt die Täuschung eine wirkliche Erkenntnis auf der
nächsten Ebene, weil diese Ebene in den Dienst der Verhaftung gestellt
wird.
Vipera gestaltet ihren sozialen Kontakt als Werkzeug der Triebbefriedigung
und verwechselt das mit sozialem Kontakt.
Lachesis findet tausend rationale Begründungen für ihre Manipulationen
und verwechselt dies mit Wissen.
Crotalus glaubt, der einzige Sinn liege darin die Gesetze zu erkennen
und auszunutzen und verwechselt dies mit Sinngebung.
Naja meint, ein spirituelles Dasein sei der Sinn des Lebens und verwechselt
das mit dem Leben.
Alle vier werden in ihrer Heilung ihr inneres Erleben als eine vollkommene
Täuschung erkennen und es auf eine völlig neue Sicht transzendentieren
müssen. Auf dieser höheren Ebene sieht man, dass das alte Erleben
zugleich stimmt und doch eine Täuschung ist.
Es ist nur so, dass diese neue Sicht nicht künstlich von außen
gesetzt werden kann, etwa durch eine Autorität, denn für die
Schlangen gibt es keine Autorität. Vielmehr muss dieser Umschlag im
Ich von allein entstehen, wenn die Verhältnisse reif sind.
Danach könnten die Schlangen Folgendes erkennen:
Vipera erblickt die wechselnden Forderungen ihres Körpers aus dem
Eingebundensein in einen sozialen Kontext.
Lachesis verliert die Täuschung des polaren Erlebens ihrer sozialen
Kontakte und durchschaut nun höhere Zusammenhänge.
Crotalus erkennt die Unwesentlichkeit aller Konzepte aus einer höheren
Sicht.
Für Naja bricht alles, was sie für wesentlich hält,
als Täuschung zusammen und sie beginnt zu leben.
Neben dem ich-bezogenen Lebensmodell der Schlangen, mit diesen Kräften
umzugehen scheint es auch den entgegengesetzten Versuch einer Lösung
zu geben, in dem das Ich sich völlig aus diesem Konflikt isoliert
und nicht mehr handelt. Dann handeln nur noch die reinen Kräfte
in uns und das Ich trägt keine Verantwortung mehr.
Auf dieser passiven Seite finden wir zum Beispiel Ambra im Pol der Entrückung
und Bufo auf der Seite der Triebsteuerung.
Zusammenfassung
Als ich mit diesem Artikel begann, war es eigentlich nur wissenschaftliches
Interesse, das mich trieb, denn ich war beeindruckt von dem in sich konsistenten
Bild der Verreibung.
Erst indem ich durch diese Beschäftigung in eine zweite intensive
und lange Auseinandersetzung mit Crotalus eintauchte, dämmerte es
mir allmählich, dass es kein bloßer Zufall sein konnte, dass
es mich ausgerechnet zu Crotalus trieb! Bis dahin hatte ich mir jede persönliche
Betroffenheit gut wegrationalisieren können. Dass ich mit einem eiskalten
Killer nicht viel gemein hatte, war ja klar. Und als ein besonders cleverer
Geschäftsmann erlebe ich mich auch nicht. Erst beim Schreiben der
Differentialdiagnose gingen mir plötzlich die Augen auf.
Ich musste sehen, wo der Schwerpunkt meines Lebens in den letzten Jahren
lag – und das ist ganz eindeutig die Position des einsamen Gelehrten. Seit
vielen Jahren war ich auf der Suche nach einer sauberen naturwissenschaftlichen
Weltanschauung, die zugleich die Grenze zu den geistartigen Prozessen überschreitet.
Unter anderem hatte ich mich vier Jahre intensiv mit der einheitlichen
Quantenfeldtheorie von Burkhard Heim befasst, mit der zum Beispiel der
Begriff der 'Lebensenergie' überraschend gut und auf ganz andere Art
zu verstehen ist.
In dieser ausschließlichen Beschäftigung mit dem Gesetz
der Zahl habe ich meine sozialen Kontakte immer mehr reduziert – schon
allein weil ich mich selten mit jemandem darüber austauschen konnte,
was mich da bewegte. Jetzt weiß ich, dass die Krankheit der Schlangen
unter anderem darin liegt, ihre Perspektive und ihr Handeln auf jeweils
ein Feld von Körper, Gefühl, Geist und Seele zu begrenzen.
Was hat sich nun durch die Konfrontation mit Crotalus für mich
geändert? In dieser Zeit musste ich mehrmals erleben, wie innere Einstellungen
und Gefühle, die ich für echt und authentisch in mir hielt, als
vollständige Täuschung zusammenbrachen. In meinem Alltag begann
ich zu bemerken, wie oft ich in meinem Handeln irgendwelchen Konzepten
folge, ohne dass es überhaupt ein Ziel gibt, dem sie dienen könnten.
Seitdem wird mein Alltag spielerischer und ungeplante Dinge dürfen
geschehen. (Auch Aranea hat mir dabei ein gutes Stück geholfen, aber
das wäre wieder eine andere Geschichte.)
Am meisten aber bewirkt hat der Blick auf das Spiel der vier Schlangen
und ihren Grundirrtum, in einem einzelnen Lebensbereich mit Gewalt etwas
maximieren zu wollen und dafür alles andere zu vergessen. Mir wurde
klar, wie eng mein eigener Fokus war. Es geht ja scheinbar nicht
darum, nun statt dessen etwas anderes zu wollen (gleichsam nur das Ziel
auszutauschen), sondern Heilung vom Schlangenhaften kann nur geschehen,
indem wir die Fokussierung selbst opfern.
Seitdem ich das lernen durfte, begann ich meine sozialen Kontakte viel
bewusster wahrzunehmen, sie mit großer Freude zu genießen und
zu befördern. Dabei muss ich wach bleiben, damit es bei dieser Änderung
bleibt und sich nicht über alte Verhaltensroutinen wieder alte Verhältnisse
einschleichen. Da ist eine gewisse Disziplin gefragt und das tägliche
Üben.
Die Schlangen haben in der Begegnung meine Lebenssituation oder meine
Muster nicht schlagartig verwandelt. Statt dessen haben sie den Blick geweitet.
Wir müssen in jeder von ihnen erkennen, auf was für eine eingeschränkte
Perspektive wir unser Lebensthema jeweils reduziert haben. Auf diese Art
machen die Schlangen wissend, obwohl sie die alte Täuschung
(das alte Wissen) zerstören.
Nach der Begegnung mit den Schlangen kann man nicht mehr behaupten,
man wisse es nicht anders. Man kann nach Crotalus nicht mehr so tun, als
wisse man nicht um die Folgen eines bloßen Handelns aus dem Kopf
heraus. Nach den Schlangen sind wir schuldig. Sie geben uns damit die Ehre
zurück unsere Schuld selbst zu tragen und es von nun an besser zu
tun.
Die Verantwortung jedoch überlassen die Schlangen (raffiniert genug)
dem Ich. Es hat auch die Möglichkeit, auf Schlangenart weiterzumachen.
Dann könnte es sein, dass es – vielleicht in einem anderen Lebensfeld,
aber nicht klüger geworden – erneut in das Drama einer Schlange eintreten
wird.
Körpersymptome
links erhöht und rechts erniedrigt, Verlangen sich aufzurichten, einseitige
Beschwerden
verändertes Zeitgefühl, entrücktes Körpergefühl
Beschwerden in Kopf, Hals, Brust und Herz (Beklemmung), Arm und Hand
Zahnschmerzen
Taubheit, Brennen (wie Feuer), Hitze, Jucken
Der Krankheitszustand
Eiseskälte; totale Abwesenheit des Herzens mit der Ätiologie
eines nicht gelebten Abschieds; auf der Lauer sein; eiskalt funktionieren;
Geschäfte machen; nur noch seinen Konzepten folgen; völlig konzentriert
auf den Geist; Berechnung; gnadenlos; liebloser Sex; Wissenschaftler; kalter
Beobachter; Wilder Westen (!); Geld regiert die Welt
Die erlöste Klapperschlange
tiefes Wissen darum, dass Konzepte immer nur wahr sind in Hinsicht auf
ein Ziel; Dinge auf verschiedene Art sehen können; den eigenen Gefühlen
und den Regungen des Augenblicks folgen; im Fluss mit der Welt; intuitiv
beweglich sein; Hingabe; hellwach sein in der Begegnung und hellwach im
Abschied; den Tod leben im Leben; dankbar sein für den Tod; selbstlos
lieben; das Ausgeschlossene in sich aufnehmen; Körper, sozialen Kontakt,
Geist und Sinnfindung zusammenbringen
Ich danke allen Teilnehmern an dieser Verreibung ganz herzlich dafür,
dass sie bereit waren, ihre Gefühle mit uns zu teilen. Besonders bedanken
möchte ich mich bei Witold Ehrler, der mir diese Art von Erfahrung
überhaupt erst ermöglicht hat.
Ein besonderer Dank gilt auch Hans-Wulf von Uslar der diesen Text für
die ursprünglich geplante Veröffentlichung Korrektur gelesen
hat.
Olaf Posdzech
Berlin, Dezember 1998 bis August 1999
Nachsatz
Bert Hellinger schreibt zur gelebten Trennung:
Die Lösung besteht darin, dass beide sich dem tiefen Schmerz und
der Trauer überlassen, darüber, dass es vorbei ist. Diese Trauer
dauert nicht lange, geht aber sehr tief und tut sehr weh. Dann aber sind
sie gelöst und können anschließend sehr gut miteinander
und voneinander reden und alles, was noch zu lösen ist, in gegenseitigem
Respekt lösen.
Wichtig: Bei einer Trennung ist die Wut oft der Ersatz für
Trauer und Schmerz. Sehr häufig fehlt, wenn zwei sich nicht lösen
können, das Nehmen.
Lösender Satz: "Ich nehme, was du mir gegeben hast. Es
war eine Menge und ich werde es in Ehren halten und mitnehmen. Was ich
dir gegeben habe, habe ich gern gegeben, und du darfst es behalten. Für
das, was zwischen uns schiefgegangen ist, übernehme ich meinen Teil
der Verantwortung und ich lasse Dir deinen. Und jetzt lasse ich dich in
Frieden."
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