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last update: 1.09.1999

Crotalus horridus – die schreckliche Schlange

Eine Gruppenprüfung

Inhalt
Einführung
C2 – Eiskalte Killer (Gefühle)
C3 – Verschlimmerung und erstes Verstehen
C4-1 Vom nicht gelebten Tod (die Ursache)
C4 – Ongazonga! (der Weg)
C5 – Aus Liebe eine Hölle tiefer (das Ziel)
Links erhöht und rechts erniedrigt (Körpersymptome)
Den Zahn zieh ich dir!
Die schreckliche Schlange (kleine Differentialdiagnose)
Zusammenfassung
 
Stoff: Gift der Klapperschlange
Prüfungs-Datum: C2, C3 (C4): Samstag, 13.06.1998 10.00
C4: Mittwoch, 1.07.1998, 13.00 (19 Tage nach der ersten C4)
C5: Mittwoch, 2.09.1998, 15.00 (9 Wochen nach der zweiten C4)
Prüfungs-Status: nicht blind (Stoff war bekannt)
Personen: 14 = 3 W + 11 M
Autor: Olaf Posdzech
Datum: Dezember 1998-August 1999
Textstatus: vollständig (Originalprotokoll ist separat ladbar)

Dieser Aufsatz ist sehr umfangreich und wegen der Fülle des Material nicht leicht zu verstehen. Gleichwohl bietet er die einmalige Chance, anhand der authentischen Aussagen von 14 Prüfern die homöopathischen, magischen und gruppendynamischen Phänomene während einer Verreibung zu analysieren.
Insbesondere die Erlebnisberichte über die Ereignisse außerhalb der eigentlichen Verreibung reizen zu untersuchen, ob in der Konfrontation mit einem homöopathischen Mittel wirklich die Realität neu geknüpft wird. Vielleicht ließen sich die Erlebnisse ebenso gut mit dem verändertem Fokus der Teilnehmer erklären? Auf jeden Fall versammelt dieser Bericht über das eigentliche Arzneimittelbild von Crotalus hinaus eine Unmasse von Synchronizitäten, die damit erstmals der kritischen Überprüfung unterzogen werden können. Besonderes Augenmerk verdient die Untersuchung, inwieweit Teilnehmer mit benachbarter Sitzposition während der Verreibung tatsächlich auch in benachbarte Erlebnisqualitäten geraten sind, die teilweise zu den anderen Positionen sehr polar waren.
Wenn die Prüfungserlebnisse allein schon durch die Sitzposition vorherbestimmt sind, wird unser Konzept von persönlicher Freiheit ein weiteres Mal dramatisch in Frage gestellt. Wir erleben uns dann als Figuren in einem Spiel, das wir gar nicht durchblicken (ein Gedanke übrigens, der für Crotalus horridus unannehmbar wäre).
 

Einführung

Dieser Artikel über eine Arzneimittel-Prüfung mit Crotalus horridus ist nur unter großen inneren Widerständen entstanden, und das hat natürlich mit der Wirkung des Stoffes selbst zu tun. Auch früher habe ich schon erlebt, dass – wenn ich mich mit einem homöopathischen Arzneimittel beschäftigte – dieses Mittel tatsächlich in meinen Alltag trat und mich mit seinen Themen konfrontierte. Crotalus nun hat uns in der Berliner Verreibegruppe in einen Prozess gestürzt, an dessen Ende der Sinn von geistigen Konzepten jeder Art völlig in Frage gestellt wurde! Was aber ist so ein Artikel anderes als eine Reihung von Konzepten?
Beim Schreiben dieses Aufsatzes passierte es mir regelmäßig, dass mein Gedankenfluss völlig entglitt. Das war aber keine Demenz, wie ich sie in meiner Ambra-Prüfung erlebt habe, sondern ich fühlte es als völliges in mir, wie man aus so etwas Lebendigem wie unseren Prüfungserlebnissen ein Konzept basteln könne, das von der ganzen Vielschichtigkeit nur noch ein flaches blasses Abbild liefern würde. So kam ich mir vor wie ein Mensch, der mit sinnloser Akribie kleine Pappbäume ausschneidet, um damit ein Papierpanorama eines Waldes zu bauen, mit dem er anderen den Wald erklären will.
Jedes Mal, wenn ich beim Schreiben eine kurze Pause einlegte (etwa, um etwas zu essen), setzte in mir eine völlige Desidentifikation mit diesem Artikel ein. Ich hatte das Gefühl: dieses ganze Schreibwerk ist doch völlig sinnlos! Wenn ich dann weiterschreiben wollte, wusste ich regelmäßig nicht mehr, worum es eigentlich ging. So habe ich mich selbst im Angesicht dieser Aufgabe gewunden wie eine Schlange.
Das Paradoxe daran ist, dass ich diese innere Verweigerung nicht als Prüfungssymptom erlebt habe, sondern tatsächlich als einen großen Fortschritt für mich, als ein Stück Heilung. Von diesem Wandlungsweg möchte ich unter anderem berichten.
Gleichzeitig werde ich versuchen, ein möglichst genaues Bild von den Erlebnissen der ganzen Gruppe zu entwerfen, weil gerade bei Crotalus horridus viele Phänomene besonders deutlich zu Tage getreten sind, die uns auch bei anderen Arzneimittel-Verreibungen erstaunen.
Dieser Aufsatz ist also auch eine Sammlung von Synchronizitäten, die wir während dieser Arzneimittel-Prüfung erlebten. Vielleicht gelingt es mir dadurch, das Erleben bei einer Arzneimittelverreibung auch für die Leser transparenter und nachvollziehbarer zu machen, die solche Berichte mit gesunder Skepsis betrachten, aber selbst noch keine ähnlichen Erfahrungen machen konnten.

Als ich diesen Artikel begann, war meine Absicht ein Stück wissenschaftliche Forschungsarbeit zu leisten, indem ich möglichst vollständig und unverfälscht alles berichten wollte, was mit uns in dieser Zeit passiert ist. Diese Absicht hat sich (ganz im Sinn von Crotalus) als undurchführbar erwiesen, weil sich das tatsächliche Bild dieser Verreibung überhaupt nicht in ein starres Beziehungsgefüge pressen lässt. Das hat zwei Gründe:
Zum einen ist die Menge des Stoffes erdrückend. Das schriftliche Protokoll der drei Crotalus-Verreibungen ist 50 Seiten lang! Das ist zum Teil eine Auswirkung davon, dass uns der Heilungsweg in die Konzeptlosigkeit eine solche Angst gemacht hat, dass unsere Gespräche doch gerade wieder voll waren von Modellen und Mutmaßungen darüber, wofür alles Erlebte in einem höheren Sinn wohl gut sein solle. Ich weiß nicht, ob diese Mutmaßungen (Konzepte) richtig sind oder falsch, aber sie sprengen ganz einfach den Rahmen, der an dieser Stelle zur Verfügung steht.
Der andere Grund liegt darin, dass ich selbst durch Crotalus in einen Prozess gekommen bin, an dessen vorläufigem Ende sich für michdie Funktion von Konzepten völlig relativiert hat. Ich kann mir nicht mehr vormachen, ich könnte mit einem Modell das wirkliche Ding beschreiben. Jedes Mal, wenn ich die Originalprotokolle las, war ich gefangen von der Vielschichtigkeit, mit der sich dort das Crotalus-Thema auch zwischen den Zeilen offenbart: in Bildern, Gefühlen, Träumen, der Wortwahl, in der Gruppendynamik und den Einzelerlebnissen der Teilnehmer. So fielen mir immer wieder neue Details auf, in denen ich staunend Synchronizitäten entdeckte.
Doch natürlich enthält letztendlich auch dieser Artikel etliche Konzepte und meine innere Schlange ist des öfteren mit mir durchgegangen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle betonen: alles, was hier über Crotalus steht, ist falsch! Aber man kann es auch auf die hier beschriebene Art sehen.

Die vielleicht seltsam anmutenden Kapitelüberschriften und die fett gesetzten Worte sind dazu gedacht, sich bei einem späteren Überfliegen des Textes wieder gut an die Atmosphäre und Problematik von Crotalus erinnern zu können.
Um beidem gerecht zu werden – dem Bedürfnis nach einer verständlichen Zusammenfassung und dem Anspruch an Unverfälschtheit – habe ich mich entschlossen, neben diesem Artikel auch das anonymisierte Originalprotokoll dem Wissensdurstigen zur Verfügung zu stellen.
 

Das Spielfeld

Einleitend möchte ich hier eine seltsame Polarität darstellen, die Witold Ehrler und Jürgen Becker in ihren Verreibegruppen entdeckten.
Es scheint so zu sein, dass auch die geographische Sitzposition der Prüfer Einfluss hat auf das, was der Einzelne beim Verreiben erlebt. Das klingt sehr abgefahren und unser Freiheitsbedürfnis rebelliert natürlich gegen solche Behauptungen. Trotzdem möchte ich dieses Modell hier kurz vorstellen und es dem Leser überlassen, es einfach anhand der Originalzitate in diesem Text zu überprüfen.

Es gibt ein archetypisches Symbol, in dem die Pole Denken und Fühlen, aktiv Handeln und passiv Erleiden als vier Pole eines Koordinatenkreuzes dargestellt werden (Abb 1). (Wir finden diese Anordnung in vielen unterschiedlichen Systemen, unter anderem im keltischen Kreuz, bei C.G. Jung und auch in den C4-Texten von Witold Ehrler.)
 
 
 

Abb. 1 Pole und Sitzpositionen in der Verreibung

In diesem Koordinatenkreuz lassen sich nun verschiedene Verhaltensweisen ansiedeln. Wir finden dann in den jeweiligen Quadranten vier verschiedene Archetypen: Den aktiven Täter (denken und handeln), den durch seine Gefühle gezwungenen "getriebenen" Täter (fühlen und handeln), den Beobachter (denken und nicht handeln) und das Opfer (fühlen und nicht handeln).
In der Crotalus-Verreibung trat dieses unterschiedliche Erleben je nach Sitzposition recht deutlich zu Tage. (Die Existenz dieses Phänomens war jedoch nur drei Teilnehmern bekannt.)

Die Verreibung selbst lief so ab, dass jede C-Stufe den Vorschriften Hahnemanns entsprechend jeweils eine Stunde verrieben wurde. Jeder Prüfer zeichnete in dieser Zeit seine Gedanken und Gefühle auf. Nach jeder C-Stufe führten wir eine anschließende Auswerte-Runde durch, in der die Teilnehmer angehalten waren ihre Aufzeichnungen möglichst unzensiert und unverändert vorzutragen. Auf der Basis der Tonbandmitschnitte habe ich ein schriftliches Protokoll erstellt, dem ich die in diesem Text aufgeführten Zitate entnommen habe. Um die Lesbarkeit zu erleichtern, habe ich an einigen Stellen kleine sprachliche Korrekturen vorgenommen, damit die Aussagen besser verständlich sind. Die Kennzeichnungen im Text erklären, welche Symptome wann und bei welchem Prüfer aufgetreten sind. So bedeutet z.B. das Kürzel (t2 c3) dass Teilnehmer 2 während der C3-Verreibung das Symptom erlebte.
 

Begleitumstände

Es war auffällig, dass unter den 14 Teilnehmern nur 3 Frauen waren. Die bisher einzige Verreibung, an der ebenfalls so wenig Frauen teilgenommen hatten, war Lycopodium. (Dort gab es nur eine einzige weibliche Verreiberin.) Das ließ vermuten, dass es auch bei Crotalus um eher kopflastige Themen gehen würde.

Manchmal passieren im Alltag Synchronizitäten, die uns schon vor der Verreibung auf die anstehende Thematik hinweisen. Diesmal war mir selbst nichts besonderes aufgefallen. Aber ich hatte am Tag zuvor ein Treffen mit einer Frau, zu der ich ein Jahr zuvor eine tiefe Liebesbeziehung gehabt hatte. Dieser Zufall sollte dann wider Erwarten ein Schlüssel für meine eigenen Erlebnisse in den nächsten Monaten werden, durch den ich den Crotalus-Zustand ein gutes Teil besser verstehen lernte.


C2 – Eiskalte Killer (Gefühle)

Reise ins Horror-Land

Die Verreibung selbst begann damit, dass alle Teilnehmer der Täterseite (t12, t13, t14, t1) Geschäfte mit den restlichen Teilnehmern machten (Mörser, Spatel und Skripte wurden verkauft und Geld für die Verreibung eingesammelt). Diese gar nicht so außergewöhnliche Situation wurde im Folgenden zum Anlass heftiger feindseliger Gefühle. Binnen kurzer Zeit wurde während der C2-Verreibung die Stimmung im Raum eiskalt und voller Aggression. Das erlebten alle Beteiligten synchron, obwohl während dieser Stunde gar nicht miteinander gesprochen wurde.
Es gab schließlich überhaupt keine Liebe mehr in uns! Die dominierenden Gefühle waren nur noch Feindseligkeit, Hass und Gewalt bis hin zur Mordlust! (Es wird dem Leser schwer fallen zu glauben, dass eine so brutale Stimmung durch bloßes Rühren im Mörser entstehen kann. Man lese sich das Originalprotokoll und die folgenden Zitate durch!)
Es gab auch überhaupt kein Gruppengefühl mehr. In dieser feindseligen Atmosphäre fühlte sich jeder total vereinzelt! Kampf ums Leben! Absolut wachsam sein, ob man angegriffen wird! Jeder ist für sich allein, und jeder andere im Raum ist sein Feind! Die Welt wurde scheinbar nur noch vom Gesetz des Stärkeren beherrscht, und der Stärkere herrscht mit purer kalter Logik – die größere Zahl gewinnt.
Die Prüfer auf der Täterseite spürten in sich sogar Mordimpulse und fanden das erregend. In einer solchen Welt ist der kleinste Fehler tödlich.

Wachsam sein, auf der Lauer, Misstrauen

Mein eigener Einstieg in die C2 begann fast sanft, aber doch mit einem merklichen Spannungsgefühl. Ich hörte in mir den Satz: "Träge und satt auf der Lauer liegen. Warten auf das, was kommt." Vordergründig erlebte ich mich als schläfrig, wobei ich aber zugleich unterbewusst ständig abcheckte, ob irgendwo etwas im Raum passierte, um dann auf den kleinsten Reiz hin sofort hellwach zu sein. (t7 c2)
(Das Thema "hellwach zu sein" tauchte in dieser Verreibungsstufe im Prüfungszustand der Killer auf, es spielt für Crotalus aber auch eine Schlüsselrolle für den späteren Lösungsweg.) Crotalus hat die Qualität über einen großen Intellekt zu verfügen - und dieser muss auch in der Erlösung integriert werden, indem hellwach gelebt wird! Das wird in den folgenden Stufen verständlicher werden.)
Diese Wachsamkeit wurde von anderen schon als brutaleres Gefühl erlebt:

Geschäfte machen, Geld zählen, Berechnung

Die anschließenden Berichte über die erlebten Stimmungen waren auf Seiten der passiven Positionen (Opfer und Beobachter) voll von Wut und Groll über die vorangegangene Geschäftemacherei der Täter. Berechnung, Geschäftigkeit und Geldzählen tauchten aber auch als Themen aktiven Tuns auf.

Machtgefühl, Mord und Totschlag

Auf der Täterseite hatte die Eiseskälte (trotz der auch dort empfundenen Bedrohung) eine gewisse Faszination.

Lieblos sein

Wütende Opfer

Vereinsamung, Abgrenzung

Wilder Westen

Eiskalter Sex

Selbst der Sex ist bei Crotalus kalt und gefühllos: nur noch Gier, nur Körper und Geist ohne irgendein soziales Bedürfnis.



C3 – Verschlimmerung und erstes Verstehen


Die brutale emotionale Nüchternheit aus der C2 steigert sich während der folgenden C3-Verreibung bis ins Unerträgliche. Das wundert nicht, wenn man bedenkt, dass die C3 uns gewöhnlich noch weiter wegführt von den Gefühlen in die Welt der Gedanken. Doch schon die erste Stunde zuvor war gekennzeichnet von einem Klima eiskalter purer Berechnung. Dieser Zustand emotionaler Kälte erreichte mit der Stimmung im Raum im Folgenden eine Intensität, die für viele von uns kaum noch zu ertragen war. Doch schließlich trat am Ende der C3 eine Veränderung ein.
 

Der Kopf geht ...

Ausgerechnet in der Denkstufe, der C3, erlebten einige von uns eine Vergesslichkeit, in der jede Erinnerung an die aufgetretenen Bilder sofort wieder entglitt. (t11 c3), (t1 c3), (t4 c3) Das war ein erster Ausblick auf den Tod von geistigen Konzepten, über den Crotalus einige Wochen später zu uns sprechen sollte.

... und das Herz kommt zurück

Etwa im letzten Drittel der C3-Verreibung gab es einen Umschwung in der Stimmung, den die meisten von uns deutlich und erleichtert wahrnahmen. Von diesem Umschwung blieb die Gruppe der Beobachter jedoch ausgeschlossen.
Diese Veränderung kommt scheinbar blitzartig, wenn Crotalus in all der Faszination plötzlich seinen Schatten erkennt: gefangen zu sein im eigenen Gift. Diesen Umschwung in der Wahrnehmung beschrieben die Teilnehmer wie folgt:

Hindurchgehen

Die sich an diesem Punkt ankündigende Veränderung, dieses Hindurchgehen durch den Wandel zeigte sich auch in einigen Traumbildern von Röhren, Kanälen usw. (alles Dinge, durch die man hindurch muss), als Weg, an dessen Ende das Ego die Waffen streckt.

Abwehr

Aus anderen Verreibungen wissen wir, dass immer wieder zwei Vermeidungsstrategien auftreten, wenn das Thema der Arznei für den Einzelnen zu heftig wird und er sich dessen Wucht nicht stellen kann:
a) man wird müde und kann sich während der Verreibung kaum noch wach halten
b) man spürt nicht in sich hinein, sondern beobachtet statt dessen das Verhalten der anderen
Manchmal fällt zusätzlich auf, dass diese Abwehrreaktionen bei Personen auftreten, die nebeneinander sitzen.
In unserem Falle hatten anscheinend die 'Beobachter' (Teilnehmer 9, 10 und 11) die schwerste Position. Sie hatten kaum eigene Bilder, spürten statt dessen tödliche Langeweile, Herzlosigkeit, Müdigkeit und eine große Abwehr gegen die ganze Veranstaltung. In der Auswertung gaben sie zu Protokoll: Später erzählte Teilnehmerin 9, dass sie zudem während der Verreibung das Gefühl hatte, dass sich Teilnehmer 10 und sie gegenseitig belauern.
Darüber hinaus trat bei einigen Prüfern Müdigkeit auf (t7 c2), (t9 c3), (t11 c3) oder ein Gefühl vor Schwäche kaum noch weiter verreiben zu können (t1 c2), (t11 c3).
Auch ich selbst hatte mit starken Abwehrgefühlen zu kämpfen. Den Zustand des tiefen gegenseitigen Misstrauens, der Wachsamkeit und des Alleinseins konnte ich kaum noch ertragen. Am liebsten wäre ich aus der ganzen Verreibung ausgestiegen. Aber ich wusste, dass es dafür zu spät war, denn damit hätte ich mir die Chance genommen, durch diesen Zustand hindurchzukommen. Ich war so von zerstörerischen Gefühlen überschwemmt, dass ich auf eine Art dicht machte, die ich als Reaktionsmuster aus anderen Verreibungen kannte: ich wollte das alles nicht mehr sehen. Obwohl die Augen anscheinend funktionierten, konnte ich die anderen Teilnehmer nur noch völlig verschwommen wahrnehmen. Mein Hirn weigerte sich, das Gesehene wahrzunehmen. Dieser Zustand zog sich anschließend noch über Stunden hin (t7 c3).
 

Zynismus und indirekte Botschaften

Typisch schlangenhaft waren der Zynismus und das Züngeln mit indirekten Botschaften, die sich teilweise in der Kommunikation zwischen den Prüfern breitmachten. Das war uns zuvor schon bei der Vipera-Verreibung aufgefallen. Exemplarisch dafür steht folgender Dialog zwischen den Teilnehmern 9 und 7:
"Gelinde gesagt, es ist mir peinlich, welche Erkenntnisse höherer Welten hier fließen!" sagte Teilnehmerin 9. Und dann zu Teilnehmer 7 gewandt: "Tut mir leid, wenn ich dir jetzt zu nahe trete." Teilnehmer 7 erwiderte trocken: "Du sagst etwas über dein Herz." Darauf gab es verlegenes Lachen im Raum, wie ertappt. (t9 c4-1)

Zuvor gab es während der C3- Verreibung eine ähnliche Situation beim Prüfer 8, der genau auf der Ecke zwischen Opfer- und Beobachterstatus saß. Er bekam eine unheimliche Wut auf Teilnehmer 12 und einige Dinge, die dieser tat. Während der Verreibung notierte er sich "Ich habe Lust, ihm über meine Verreibungsgedanken indirekt eine reinzubraten." (t8 c3) Dann aber erlebte er am Ende der Stunde synchron mit den anderen Teilnehmern einen Stimmungsumschwung hin zu seinem Herzen. Daraufhin hatte er beschlossen, statt dessen mit seinem Gegner in der Pause unter vier Augen zu sprechen.
Eine ganz ähnliche Dynamik zwischen zwei Teilnehmern ist auch zuvor in der Vipera-Verreibung aufgetreten.
 


C4-1 Vom nicht gelebten Tod (die Ursache)


Während der C3-Verreibung erlebte ein Prüfer eine Antwort darauf, warum das Herz von Crotalus so tief verletzt ist und welchen Weg es gehen muss, um nicht abgeschnitten zu werden. Seine Worte berührten uns tief:

Diese Gedanken über den nicht gelebten Tod wurden in der folgenden Stunde für mehrere Teilnehmer zu einem Schlüssel für ihren weitere Weg aus dem kranken Crotalus-Zustand. Jedoch löste sich während dieser Verreibung der C4 noch nichts für uns, sondern es wurden in uns teilweise sehr persönliche Aufgaben formuliert, wie wir von jetzt ab den Tod in das eigene Leben hineinzuholen hätten. Dass uns darin anschließend die Klapperschlange über Wochen und Monate im täglichen Leben in die Pflicht nehmen würde, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Für mich selbst wurde während der C4 ganz klar, dass mich die Schlange in meine eigene ungelöste Problematik mit meiner ehemaligen Geliebten zurückwarf, auf die sie mich in der vorhergehende Stunde schon verwiesen hatte. Und zwar deshalb, weil in der C3 die Aufgaben formuliert wurde, mein verletztes Herz zurückzuholen und mich dem damit verbundenen Todesschmerz zu stellen. Das war für mich hart zu lösen. Aber ich erkannte in diesem Moment auch, dass ich mich dem Thema stellen muss, wenn ich in Zukunft wirklich leben will. Wie das zu tun ist, darum ging es nun in der C4.
Ich erlebte die inneren Dialoge in der C4 wie ein Zwiegespräch mit einem sehr mercuriellen Therapeuten. Die Antworten der Schlange waren dabei so kurz, deutlich, gnadenlos und klar, dass ich bei einem wirklichen Therapeuten wahrscheinlich vor dieser Schärfe ausgebüchst wäre.
Der Dreh- und Angelpunkt war mein Nachhängen an alten Beziehungen und die Folge, dadurch nicht offen zu sein für etwas Neues (ich habe lange Natrium muriaticum bekommen). Die Sätze von Teilnehmer 5 über den nicht gelebten Abschied hatten mich tief berührt und getroffen. In Anerkenntnis meines eigenen nicht gelebten Abschiedsschmerzes fragte ich die Schlange, wie ich mich ihm jetzt stellen könne, damit ich ihn in mir endlich vollziehe. Ich bekam die Antwort: "Du kannst den Abschied nur leben, wenn Du in der Begegnung hellwach bist."
Daraufhin wollte ich wissen: Was hindert mich denn, in der Begegnung hellwach zu sein? – Ihre Antwort war: "Das Wissen um den Schmerz, den der Abschied bringt."
Hier begriff ich, dass ich in einem Circulus vitiosus gefangen war. Weil ich die Begegnung mit meiner Geliebten nicht mit wachen Sinnen ganz in mich aufgesogen hatte und ohne Bereitschaft zum Tod (zum Verlust), konnte ich mich nun nicht von ihr verabschieden! Und weil ich zuvor in der Begegnung mit ihr schon den Schmerz eines möglichen Abschieds vor Augen hatte, konnte ich mich gar nicht erst richtig auf sie einlassen! Das war ein Teufelskreis. Es verwirrte mich, denn ich sah, auf diese Art zu fragen brachte mich nicht weiter. Aber irgendwie musste es doch einen Ausweg in die Lebendigkeit geben?!
Nun versuchte ich, die Frage nach Begegnung und Abschied bedingungsfrei zu stellen: "Wie kann ich es schaffen in der Begegnung hellwach zu sein?" Es kam die Antwort: "Fang an!"
Ich weiß, die Antwort mag hier banal klingen. Trotzdem war sie in diesem Moment für mich eine Handlungsanweisung, die etwas bewirkte. Daraufhin fragte ich noch nach dem anderen Teil meines Dilemmas: "Wie kann ich Abschied nehmen?" – Darauf hörte ich die Antwort: "Danke, danke und danke!"
Was ich zu tun hatte war nun klar formuliert: der nicht gelebte Abschied muß jetzt endlich genommen werden. Und zwar auf dem auch von Bert Hellinger formulierten Weg, nicht zu hadern für das was fehlte, sondern indem ich danken muss für das, was war. Nur so nehme ich den anderen und alles was war in mich auf und trage es trotz des Todes in mir.
Als ich dann merkte, dass sich in mir kein Verständnis über das höhere Ziel dieser ganzen Crotalus-Dramatik einstellte, versuchte ich mit der Schlange zu feilschen und sagte innerlich zu ihr: "Ich nehme meine Aufgabe an." Darauf erhielt ich die lakonische Antwort: "Handle nicht, handle!" Das war für mich eine klare Absage, zu diesem Zeitpunkt noch irgend etwas gesagt zu bekommen.
Eine letzte Frage hatte ich aber noch. Worin lag aber die Gemeinsamkeit zwischen dem mir eher fremden Crotalus-Zustand des kalten Killers und meinem eigenen eher natrischen Zustand? Als Antwort hörte ich: "Der kalte Killer killt die Vergangenheit, der Träumer die Gegenwart."
Der gemeinsame Ursprung von Natrium muriaticum und Crotalus horridus heißt offenbar Folge von nicht gelebtem Abschied. Nur die Art des Vermeidens ist bei beiden Mitteln dann sehr unterschiedlich. Der kalte Killer versucht dem Todesschmerz auszuweichen, indem er sein Herz völlig abtötet. Das ist der Crotalus-Weg. Der Träumer hingegen kompensiert auf anderem Wege. Er versucht den Todesschmerz zu vermeiden, indem er im Abschied auf halbem Wege stehen bleibt. Das ist der Natrium-Weg.
Crotalus beraubt sich um die Möglichkeit der Erfahrung, Natrium hingegen verschließt sich dem Leben. Das Ergebnis ist, dass ersterer die Vergangenheit killt, letzterer aber die Gegenwart.

Der nicht gelebte Tod tauchte zur selben Zeit synchron auch bei anderen Teilnehmern auf und wurde somit zu einer Schlüsselätiologie für Crotalus.

Interessanterweise saßen die meisten Teilnehmer, die mit der Hingabe an den Tod konfrontiert waren, an den beiden 'Gefühlsseiten' des Tisches.

An dieser Stelle möchte ich noch etwas zum Begriff vom nicht gelebten Tod sagen. Bei dem Wort 'Tod' erschaudern wir zumeist, weil wir sofort an den körperlichen Tod denken. In den Verreibungen spricht aber eine archetypische Kraft zu uns, die Tod in einem gleichnishaften Sinn meint, also als Tod von Gefühlen (C2), Gedanken (C3) oder Wesensbestimmungen (C4).
So gab die Schlange dann auch einen Hinweis, in welchem anderen Lebensbereich die Bereitschaft zu sterben das Leben ausmacht:
 

Sexualität als Erlösungsweg

Ein Teilnehmer erhielt nach einführenden gefühllosen Bildern von schmierigem schmutzigem Sex den Satz: "Der kleine Tod (Orgasmus) kann auch Leben schenken." (t5 c4-1)
Jemand anderes erlebte auf die Frage: "Was habe ich mit Dir zu tun, liebe Schlange?" wie sein Stößel zum Lingam wurde und die Schüssel zum Uterus. Dann kamen die Worte: "Die sexuelle Kraft ist die Schlange in mir – wer hoch hinaus will, muss ihr begegnen!" ... Darauf fragte er, ob das alles gewesen sei, was sie ihm sagen wollte? Es kam die Antwort: "Du sollst dich fallen lassen und hingeben!" (t2 c4-1)
Eine gemeinsame Wahrheit der Schlangen ist damit die Schlüsselrolle der Sexualität. Die in Hingabe gelebte Sexualität ist der einzige Weg, auf dem Körper, Gefühl, Geist und Seele gleichzeitig angeregt werden und so zueinander finden können. In der Vipera-Verreibung artikulierte sich zum Beispiel der Satz: "Es gibt keine Sublimierung. Die Sublimierung ist eine Lüge." (Diesen Teilnehmern waren die Aussagen aus der Vipera-Verreibung nicht bekannt.)
 

Das war gar keine C4!

Aber acht von 14 Teilnehmern erklärten nach der C4 spontan und völlig sicher, dass sie diese Stufe gar nicht geschafft hatten! Sie hatten zwar über das Thema der C3 noch mehr erfahren, aber es war ihnen nicht gelungen, ein tieferes Verständnis davon zu erlangen, in welche Richtung sich der Crotalus-Zustand auflösen könnte (was normalerweise in einer C4-Stufe passiert). (Teilnehmer 1, 3, 4, 6, 7, 8, 12, 14)
Einige von uns hatten zwar viele Bilder, aber diese bewegten sich eindeutig weiter auf der selben Ebene, die wir schon in der C3 erreicht hatten.
Ein Teilnehmer fügte hinzu: "Es fühlt sich aber komischerweise für mich nicht schlecht an. Der beste Begriff, der mir eingefallen ist, ist Ent-Täuschung im Sinne von Desillusionierung." (t12 c4-1)
Damit nahm er etwas vorweg, was sich drei Wochen später in unserer zweiten C4-Verreibung als erster Lösungsschritt für Crotalus herauskristallisieren sollte.

Eine solche Verweigerung des Stoffes, wie wir sie in dieser Stunde der C4-Verreibung erlebten, war uns zuvor erst ein einziges Mal geschehen, nämlich in der Vipera-Verreibung. Witold Ehrler (der in beiden Verreibungen zugegen war und der zu diesem Zeitpunkt schon etwa 150 verschiedene Arzneimittel verrieben hatte), war darüber ebenso verblüfft. Auch er hatte so etwas zuvor noch nicht erlebt.
Damit zwangen uns die Schlangen, die ja alle sehr im Zweifel und sehr im Kopf sind, zu einem Stück Schlangen-Erlösung. Denn im Kopf gibt es über das wirkliche Leben nichts zu lernen! Im Kopf ein Antwort auf das Leben zu suchen, ist ein Irrweg. Deshalb heißt Schlangen-Erlösung: Mache erst einmal eine Erfahrung im Leben! Genau auf diesen Punkt zwangen uns hier die Schlangen (bei Lachesis wiederholte sich Monate später dieses Phänomen aufs Neue).
Obwohl Crotalus an dieser Stelle jede weitere Auskunft verweigerte und uns nach Hause schickte, verabschiedete sie sich mit Humor. Ein Teilnehmer erzählte:



C4 - Ongazonga! (der Weg)


Fast drei Wochen (19 Tage) nach dem ersten Versuch einer C4-Verreibung unternahmen wir einen zweiten Anlauf, in dem wir Crotalus bis zum guten Ende verreiben wollten. Auch dieser Vorsatz sollte durchkreuzt werden. Anwesend waren acht Männer und zwei Frauen. Von den 14 Teilnehmern aus der ersten Verreibung waren neun wieder gekommen.
Besonders spannend war für uns der Bericht einer Frau (Teilnehmerin 15), die bei der ersten Verreibung nicht dabei gewesen war. Sie hatte sich die Ausgangssubstanz von Witold besorgt und die C2 und C3 allein zu Hause verrieben. Ohne die Ergebnisse der anderen Teilnehmer zu kennen war auch sie zu den Themen Tod, Sterben, Trauer und Sexualität geführt worden. Sie erzählte:

Alles geht kaputt

Die Erzählungen der verschiedenen Prüfer über ihre Erlebnisse in der Zwischenzeit waren dann nicht sehr aufbauend. Scheinbar war das Mittel in unser Alltagsleben getreten und zwang uns dort, Erfahrungen mit seinem Prinzip zu machen. Viele von uns wurden in diesen drei Wochen von heftigen Zweifeln an ihren Lebensplänen geplagt, auf andere Art desillusioniert oder sie erlebten, dass andere Dinge kaputt gingen. In Folge dieser Desillusionierung brach sogar ein Prüfer eine Lehrerausbildung ab und ein anderer Teilnehmer seine Ausbildung als Heilpraktiker. Für mich selbst war es nach der letzten Verreibung an der Zeit, den nicht gelebten Tod nachzuholen. Gleich am nächsten Tag hatte ich begonnen, Abschiedsarbeit nach Bert Hellinger zu leisten, indem ich mir meine ehemalige Freundin vorstellte und immer wieder die lösenden Sätze zu ihr sprach. Dass dabei so viel Schmerz aufkommen würde, hatte ich nicht geahnt. Aber ich merkte dadurch, dass ich tatsächlich noch in der Beziehung steckte und die Abschiedsarbeit gar nicht geleistet hatte! Die erste Woche heulte ich Rotz und Wasser und blieb dann aber dran und setzte diese Abschiedsarbeit jeden Tag fort. Mit der Zeit veränderte sich dann deutlich etwas, der Schmerz ließ nach und es kam Frieden. (t7 c4-2)
 

Hör auf!

Auch während der Verreibung liefen die Dinge nicht wie geplant. Es passierte nämlich etwas ganz Seltsames: nach und nach stieg einer nach dem anderen aus der Verreibung aus, stellte den Mörser beiseite, legte sich auf den Rücken, machte es sich gemütlich und döste auf irgendeine Art vor sich hin. Schließlich rieb nur noch der Leiter allein (Teilnehmer 12), der dem vorgeschriebenen Konzept folgen wollte.
Nach den Gründen befragt, warum sie mittendrin aufgehört hatten, antworteten die Teilnehmer:

Forget it!

Was die einen im Tun erlebten (nämlich sich dem Moment einfach hinzugeben und alle Konzepte fahren zu lassen), musste den anderen gesagt werden. Teilnehmer 14 war zwar bei diesem Treffen nicht anwesend, aber er verrieb die C4 allein zu Hause und erzählte uns beim nächsten Treffen ganz ähnliche Bilder: Nun liegt die Versuchung nahe, in dieser Phase der Auflösung alles Wissen zu negieren, alle wissenschaftliche Erkenntnis in Frage zu stellen (und damit geradewegs in die Naja-Krankheit hineinzurutschen). Doch das wäre ein Abschneiden und keine Integration! Vielmehr geht es bei Crotalus darum, die Begrenztheit von Wissen zu erkennen und Wissen nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln.
Prüfer 8 erzählte davon: "Mir kam plötzlich die Einsicht, dass die Ermahnung, die ich oft gekriegt habe ('hör auf, alles zu lesen' oder 'hör auf, alles wissen zu wollen, hör auf alles verstehen zu wollen'), eigentlich gar nicht darauf abzielt, dass Wissen nicht erkannt werden soll, sondern dass es einfach ein Schutz vor solchen geistigen Schlangen-Konzepten ist von unzureichendem Wissen, das dich behindert, das Wesen zu verstehen. Das ist eigentlich ganz klar geworden." (t8 c4-2)
 

... und werde neu geboren

Wenn wir sterben, wenn wir eine innere Idee loslassen, dann macht uns das Ungewisse Angst, in das wir fallen. Aber nur durch den Tod kann etwas Neues entstehen. Dieses Neue ist die andere Seite des Endes – und es kündigte sich zaghaft an. Ein Prüfer erlebte in metaphorischen Traumbildern eine ganze Geschichte über ein Hindurchgehen durch den Tod, wodurch Gefühle wieder fließen und eine Wiedergeburt möglich wird, die in Selbsterkenntnis mündet. Wer mit Traumbildern Erfahrung hat, wird diese Gleichnis leicht erkennen: Auch das Bild vom wilden Westen tauchte noch einmal auf. Aber es war nun völlig verändert!

Jedes Konzept ist falsch. Auch dieser Satz.

Für mich selbst begann die Verreibung nach längerem Schweigen mit dem Satz: "Jedes Konzept ist falsch. Auch dieser Satz."
Als ich begann darüber nachzudenken, merkte ich, dass hierbei eine unendliche Gedankenkette entstand, an deren Ende es dann doch wieder richtige und falsche Konzepte geben würde. Denn wenn der Satz falsch ist, dass dieses Konzept falsch ist, ist es dann doch wieder richtig und so weiter... Und dann fragte ich mich, was soll das?
Da kam die Antwort: "Ein Konzept ist nur richtig in Hinsicht auf sein Ziel."
Naja, dachte ich das ist ja ganz nett, aber was ist mit den anderen Zielen? Als Antwort hörte ich: "Manchmal ist es auch nur falsch in Hinsicht auf sein Ziel." Also wieder genau das Entgegengesetzte! Wenn ein Konzept falsch ist, dann ist es auch wieder nur falsch in Hinsicht auf ein ganz bestimmtes Ziel, auf das hin man es gerade betrachtet. Und in einer anderen Beziehung stimmt es dann vielleicht doch wieder. Der Sinn von Erkenntnis und Wahrheit wird hier total relativiert.
Zu dem Zeitpunkt fiel mir auf, dass die Hälfte der Teilnehmer gerade nach der Hälfte der Zeit aufgehört hatte zu verreiben und nun vor sich hin döste, und ich fragte mich, ob es diese Teilnehmer nicht richtiger machten? Da kam der Satz: "Wenn du kein Konzept hast, kannst du auch kein Ziel erreichen!" Ich fragte zurück: Muss ich denn ein Ziel erreichen? Und die Schlange fragte mich: "Musst du?" Da dachte ich darüber nach und kam zu dem Schluss, dass ich eigentlich am Ende ein bisschen zufrieden sein will mit meinem Leben. Und wieder fragte mich die Schlange: "Und wie willst du das tun?"
(Da merkte ich: jetzt fragt sie mich nach meinen Konzepten und zwar auf eine Art, dass ich eingestehen muss, es gar nicht zu wissen!) Denn einem Konzept zu folgen, ohne dass man ein Ziel hat ist auch absurd. Da sah ich, dass ein Konzept einfach nur für den Moment stimmen muss. Und dass es überhaupt nicht wichtig ist, dass jemand bei seinen Konzepten bleibt. Dass es auch gar nicht geht und völlig absurd ist, für lange Zeiträume ein Konzept zur Hand zu haben. Es ist nur wichtig, dass man da ist, ganz und hellwach. (Das Thema hellwach zu sein meldete sich gehäuft in der C 3.)
An diesem Punkt hatte ich auch das Gefühl, das ist sei das, was ich wissen wollte. So hörte ich nun auch auf weiter zu rühren und fand es sehr schön, dazuliegen und kein Konzept mehr zu haben.
Ganz zum Schluss meldete sich aber in mir eine Frage, die mich erschreckte: Was bedeutet die Aussage mit den richtigen und falschen Konzepten denn in Hinsicht auf die Liebe? Ist dieses tiefe Gefühl der Liebe (mit dem ich in diesen Wochen gerade wieder so konfrontiert war) etwa auch etwas, das man gar nicht glauben kann, was nicht stimmt, was auch nur ein Konzept ist? Diese Frage sollte durch die C5 und meine eigenen Erlebnisse in den nächsten Wochen beantwortet werden. (t7 c4-2)
 

Ongazonga?

Wir waren in diese zweite Verreibung mit dem Ziel gegangen, Crotalus bis in die C5 zu verreiben und dabei alles Wesentliche zu verstehen. Aber Crotalus hatte zum zweiten Mal unser Konzept zerstört und dafür gesorgt, dass die meisten Teilnehmer während der C4 ausstiegen. Auch unser Bedürfnis nach einer letzten geistigen Erkenntnis wurde von ihr verhöhnt:



C5 – Aus Liebe eine Hölle tiefer (das Ziel)


Nach dem zweiten Verreibetermin kamen erst einmal die Sommerferien, so dass wir ausgiebig gezwungen waren, den Stoff weiter auf uns wirken zu lassen. Zur C5-Verreibung erschienen dann neun Männer und eine Frau aus der ursprünglichen Gruppe. Diese Begegnung fand neun Wochen nach der zweiten C4 – Verreibung statt.
Am Anfang war es für uns spannend zu hören, was die anderen in dieser Zeit erlebt hatten. Tatsächlich drehte sich dann vieles um das Zusammenbrechen von inneren Konzepten, wie es die C4 von uns verlangt hatte.
 

Erfahrungen mit dem Aufgeben von Konzepten

Der nächste Schritt ist zu schwer für mich

In uns kündigte sich an, dass nun in der C5 der eigentliche letzte Schritt zu gehen sei, um unser Crotalus-Erleben einem guten Ende zuzuführen. Es würde der entscheidende, aber vielleicht auch der schwerste Schritt sein. Die Stimmung im Raum wurde traurig, aber es war eine ergriffene Traurigkeit, die mit offenen Augen blickt.
Fünf Teilnehmer spürten aber in der folgenden Verreibung ganz deutlich, dass sie diesen entscheidenden letzten Schritt zur Zeit nicht gehen konnten. Sie sagten übereinstimmend: "Ich habe die C5 nicht geschafft." (t4, t7, t8, t11, t14)
In einem Fall war die Verweigerung der Schlange sehr brutal:

Du glaubst, das ist Liebe?

Gegen meinen Willen hatte mich die Crotalus-Prüfung der letzten Monate gezwungen, mich dem Abschiedsschmerz einer Liebesbeziehung zu stellen, von der ich glaubte, ich hätte sie schon ein Jahr zuvor abgeschlossen. Nachdem ich mich bis zur zweiten C4-Verreibung durch die erneute Abschiedsarbeit endlich ein gutes Stück mehr von meiner ehemaligen Geliebten gelöst hatte, stellte mich die Schlange im Sommer dann auf eine Probe. Und sie lehrte mich eine weitere Lektion.
Wie die Zufälle so sind, traf ich diese Frau im Urlaub auf einem Zeltplatz, und zwar gleich in den ersten Minuten nach meiner Ankunft. Da spürte ich erneut, wie sehr ich sie mochte. Ihre Gegenwart berührte mich wieder und es tat zugleich auch wieder weh und hörte nicht auf, obwohl doch vorher schon so viel Schmerz dagewesen war. Wir saßen dann abends oft beieinander und unterhielten uns. Dann musste ich den Urlaub für eine kurze Fahrt nach Hause unterbrechen. Anschließend fuhr ich spontan wieder hinunter zum Zeltplatz an die See. Als ich dort ankam, sagte sie plötzlich: "Ja, was willst Du eigentlich hier, ich will jetzt meine Ruhe haben!" Und in diesem Moment passierte endlich etwas in mir: Plötzlich kam so ein Loslassen, und zwar nicht nur im Kopf, sondern im ganzen Körper, der plötzlich sagte: Nein, das willst Du eigentlich nicht mehr! Das musst du dir nicht antun.
Bei der vorhergegangenen Verreibung war mir zum Schluss die erschreckende Frage in den Sinn gekommen, wie das mit der Liebe sei. Ist sie vielleicht auch nur ein Konzept? Kann man dann selbst so etwas wie der Liebe nicht vertrauen? Und die Antwort, die sich durch dieses Erlebnis jetzt eingestellt hat, war: Wenn Liebe zu einem Konzept wird, wenn ich also glaube zu lieben, doch in Wirklichkeit einer Vorstellung anhänge, dass es jetzt dieser oder jener Mensch sein müsse – dann kann es eine verlogene Geschichte sein. Denn Liebe stimmt praktisch auch nur aus dem Moment, aus dem wirklichen Gefühl heraus.
Mit großem Erstaunen beobachtete ich dann, wie das, was ich für Liebe gehalten hatte (diese tiefe Sehnsucht nach dieser Frau mit all den dazugehörigen Tränen), sich plötzlich von einem Tag auf den anderen aufgelöst hat. Plötzlich stand ich draußen, sah meine und auch ihre Verstrickungen und konnte erkennen: Ein Miteinander wäre nicht möglich gewesen oder nur unter großen Schmerzen. So habe ich praktisch die Art von Erniedrigung erlebt, von der Wochen zuvor Teilnehmer 14 gesprochen hatte: erkennen zu müssen, dass ich in meiner Wahrnehmung völlig verrannt war. Jetzt erlebte ich es plötzlich als sehr befreiend, dass dieses Konzept nicht mehr da war sondern mein Blick wieder klar wurde für das, was wirklich ist. Auch wie der andere wirklich ist, in welchem Raum sich der andere bewegen kann.
Seit dem verwende ich häufig den Begriff "Wahn-Nehmung", wenn ich ausdrücken will, wie subjektiv wir in unserer "Wahr-nehmung" sind.

Während der Verreibung der C5 wurde mir bald klar, dass ich alles, was bisher passiert war, erst einmal integrieren musste, bevor mich Crotalus irgendwann als wirklich geheilt entlassen könnte. Für eine Lösung an diesem Tag fühlte auch ich mich noch nicht reif.
Das erste, was ich dann in mir hörte, war eine Forderung: "Werde Wert!" und etwas das wie ein Kinderreim klang "Alles, was besteht, ist wert, dass es zugrunde geht." Während mein Verstand das noch in Frage stellte, erschien ein ergänzendes Gegenstück: "Alles was verjährt, ist wert, dass man es ehrt."
Das war schon fast alles. Ich erinnerte mich an einige dramatische Veränderungserlebnisse, die mir während einiger Arzneimittel-Prüfungen widerfuhren: Gedanken, Gefühle und sexuelle Phantasien, die ich lange als etwas Beständiges in mir kannte, waren völlig zerstört worden (vor allem mit Ambra). Das hatte mich völlig verunsichert in meinem Zukunftsentwürfen über Partnerschaft, weil ich immerzu dachte, dieser Umsturz könne doch – um Himmels willen – nicht so bleiben! Ich versuchte weiter ständig, mir Konzepte über Partnerschaft zu machen, anstatt mich einfach irgendwie auf einen Menschen einlassen zu können und zu gucken, was dann geschieht.
Diese Angst vor der Ungewißheit spürte ich jetzt während der Verreibung ganz deutlich. In mir war ein ganz großes Bedürfnis nach Beständigkeit und eine ganz große Angst vor der Veränderlichkeit, die diese Schlange bringt und die sie auch von uns fordert!
Crotalus horridus schob mir darauf hin einen letzten Antwortsatz in den Kopf: "Was die Welt zusammenhält ist, dass sie zusammenfällt."
 

Das ist Liebe!

Einige der Teilnehmer erlebten jedoch in der C5 ein tiefes Gefühl von Liebe oder sahen Bilder, die ihnen erzählten, dass Liebe nur möglich ist, wenn das Ego selbst die leiseste Hoffnung auf Eigennutz völlig aufgegeben hat! Dann kann eine Liebe entstehen, die allem entsagt und gerade dadurch mit dem Abgespaltenen, Ungeliebten verschmilzt und es wieder herein nimmt.
Doch selbst die von uns, die von dieser Liebe berührt wurden, schreckten zugleich vor der völligen Selbstaufgabe zurück, die Crotalus von uns fordert. Wenn man das Protokoll der Verreibung liest, ist es erschreckend, wie voll von Konzepten über die Konzeptlosigkeit gerade diese C5-Stufe war! So viel wurde selten geredet. Und man merkt - dieses Bodenlose, um das es eigentlich geht, macht eine solche Angst, dass selbst die tief Berührten dann irgendwie froh sind, für all das eine Erklärung zu haben. Nach diesen Worten entspann sich ein Dialog, indem die meisten von uns versuchten, dieses Bild von Liebe irgendwie wieder auf ein erträgliches Maß zu relativieren. Wir argumentierten damit, dass diese Spaltung von Gnade und Liebe vielleicht doch innerhalb der selben Person bleibt oder dass nach Bert Hellinger eine Beziehung nur durch das beiderseitige Wechselspiel von Nehmen und Geben funktioniert.
Prüfer 12 antwortete darauf: "Ich finde, ihr habt vielleicht recht. ... Aber um Liebe zu lernen, um wirklich diese Tat zu tun, in die Hölle zu gehen, muss man das ganz absolut sehen können, nicht gleich wieder daran denken, dass man doch auf der anderen Seite wieder hochkommen kann und so ...! Da kann man dieses Opfer gar nicht bringen!" (t12 c5)
 

Eine traurige Geschichte...

Für einen in normalen Bahnen denkenden Menschen ist vielleicht schwer zu verstehen, worüber wir uns in unserem Crotalus-Wahn die Köpfe zerbrachen und was mit dieser selbstlosen Liebe gemeint ist, von der ein Teil der Prüfer plötzlich sprach. Es wäre absurd, mit Worten weiter erklären zu wollen, was sich hier unserem Verstand verschließt. Eigentlich ist Crotalus auch nur über das Gefühl zu verstehen, denn unsere logischen Gedankengebäude läßt es als leere Ruinen zurück, wie alte Schlangenhaut. Es gibt eine andere Sprache, die der Prozeßrichtung von Crotalus vielleicht mehr angemessen ist. Es ist dies die Sprache der Träume, die in einer mehrdeutigen Logik spricht und die unser Gefühl erreicht. In solchen Bildern sprach Crotalus zu Teilnehmer 5, der auch in den vorhergehenden Verreibungsstufen den anderen Teilnehmern immer ein Stück voraus gewesen war. Wer sich auf diese Bilder einläßt, wird darin alles finden, was ich bis hier in meinen Konzepten über Crotalus schon beschrieben habe.

Links erhöht und rechts erniedrigt (Körpersymptome)


Vor allem in den unteren Verreibungsstufen sind eine Reihe von Körpersymptomen aufgetreten, die sich deutlich auf nur wenige Körperteile begrenzen: Kopf, Augen, Hals und Brustkorb.
Das Körpergefühl wurde 'schlangenartig', Arme und Hände existierten nicht oder zeigten Funktionsstörungen.
Einige Teilnehmer erlebten eine deutlich veränderte Wahrnehmung ihres Leibes: links erhöht, rechts erniedrigt oder sie hatten das Gefühl, dass sie sich aufrichteten.
Als körperliche Sinnesempfindungen traten vor allem Jucken, Taubheit und brennende Hitze auf.
Wo es angebracht scheint, werde ich im Folgenden versuchen, die aufgetretenen Körpersymptome in einem gleichnishaften Kontext zu deuten. Solche Konzepte beweisen zwar nichts, aber sie erleichtern es, sich diese Symptome zu merken. Als häufigste oder außergewöhnlichste Symptome traten auf:
 

Verändertes Zeitgefühl

Seitenbezug

Es gibt eine deutliche Trennung zwischen beiden Seiten und viele einseitige Symptome.
Nicht ein einziges Mal traten beidseitige Beschwerden an paarigen Organen (Augen, Extremitäten) auf.
 

Kopf

Kopfschmerzen wurden überwiegend als druckvoll, gestaut erlebt. Teilweise gab es die Empfindung einer in den Kopf aufsteigenden Energie/Hitze.
Wenn man um die seelische Thematik von Crotalus weiß, passen diese Symptome sehr gut zu dem Bild eines Menschen, der alle Energie nur noch in seinem Kopf zentriert (Gedanken, Gedanken und noch mehr Gedanken) – und dass dieser Mensch dafür aus den anderen Teilen des Körpers Kraft abzieht (Funktionsausfälle).
Diesen Zusammenhang zwischen Denkenergie und Kopfschmerz erlebte ein Teilnehmer in der C5 so: "Ich fühlte nur im Kopf und mein Herz (aber das war ganz ruhig). Im Kopf waren keine Gedanken, die abschweiften, sondern ich nahm den Kopf einfach nur wahr, nahm wahr, dass er da ist. Ich versuchte sogar einmal, in ein Problem hineinzugehen, da gingen die Gedanken wieder zurück an einen ganz speziellen Punkt und zentrierten sich und dann war ich nur in diesem einen Punkt. Ich war ziemlich leer und total bereit für das, was kam. Das ging so weit, dass in dem Punkt, in dem nichts kam, sogar ein Schmerz entstand, aber der war eigentlich angenehm." (t5 c2)
 

Ohren

Zwei Prüfer bekamen eine Mittelohrentzündung mit heftigen Schmerzen.

Augen

Gerüche

Ein Prüfer hatte in den verschiedenen Stufen ausgeprägte Geruchsempfindungen.

Mund

Hals

Der Hals kann – von seiner deutlichen Schlangensymbolik einmal abgesehen - auch verstanden werden als ein Bindeglied zwischen Kopf (Geist) und Körper (Gefühle). Diese Verbindung ist bekanntlich für alle Schlangen problematisch und schwer zu schaffen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass der Hals auch für Crotalus eine ganz offensichtliche Problemzone ist.
Es gab jedoch kein Bedürfnis, sich von äußerer Bedrängung an Hals und Brustkorb frei zu machen, wie es einige von uns in der Lachesis-Verreibung erlebt hatten.
 

Arm, Hand

Man kann sich gut merken, dass diese Schlange Probleme mit der Wahrnehmung ihrer Arme oder Hände hat.
 

Brust, Herz, Schulter, Atmung

Die Brustsymptomatik wurde hauptsächlich als eine Beklemmung des Herzens erlebt. Das ist eine klare körperliche Übersetzung des geistigen Zustandes eines eiskalten Killers: kein Herz.
 

Rücken

Unterleib

Die Sexualität im Bannkreis von Crotalus ist auf das pure Körpergefühl begrenzt. Sie kennt nur einen rein körperlichen Vollzug ohne Bedürfnis nach seelischem Kontakt.
 

Allgemein

Die Gefühle von der 'Erhöhung der Schlange' waren in unserer Gruppe eines der auffallendsten Symptome. Sie äußerten sich zum einen als Aufrichten in der Größe oder als die Wahrnehmung, links erhöht, rechts erniedrigt zu sein.
Eine Asymmetrie von links und rechts steht metaphorisch für eine Asymmetrie von Geist und Gefühl.
 

Verlangen nach Süßigkeiten

Zwei Teilnehmer erlebten nach der ersten Verreibung ein extremes Verlangen nach Süßigkeiten, das sie sonst nicht von sich kennen. (t4 c4-2), (t5 c4-2)
Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Ersatzhandlung für die fehlende Liebe im Crotalus-Bild.
 

Taubheit / Lähmung

Jucken

Hitze

Diese Gruppe der Symptome, nämlich die häufigen Wahrnehmungen von Jucken und Hitze sehe ich als eine deutliche Parallele zu Sulfur.
Beide Mittel (Crotalus und Sulfur) zeichnen sich interessanterweise durch ein massiv übersteigertes Ego-Prinzip aus, das zur alleinigen Zentrierung in der Welt wird (wenn mich nichts Fremdes mehr juckt, jucke ich mich selbst).

Den Zahn zieh ich dir!


Als sich die Teilnehmer der Gruppe nach drei Wochen Einwirkungszeit der C3 wieder trafen um die C4 zu verreiben, machten wir eine verblüffende Entdeckung. Fast alle Prüfer hatten in dieser Zeit auf irgendeine Art Probleme mit ihren Zähnen!
Weitere neun Wochen später, bei der Verreibung der C5, wiederholte sich das Thema. Auch hier hatte jeder weitere Erfahrungen mit Zahngeschichten sammeln müssen.
So massiv und geschlossen ist noch nie ein Körpersymptom nach einer Verreibung in unserer Gruppe aufgetreten!
Im einzelnen wurde erzählt:

Um das Maß voll zu machen, folgen hier noch die Aussagen der restlichen Prüfer, die durch ihre Zahnbeschwerden aufgefordert waren, auf eine Crotalus-Frage eine Antwort zu geben. Man könnte wirklich meinen, die Schlange hätte uns alle an diesem Punkt der Reise auf eine Prüfung geschickt, in der wir beweisen mussten, wie gehe ich mit Schmerz in mir um? Dieser Prüfer ist durch seine Zahnschmerzen direkt zum Thema seines eigenen Selbstbildes geführt worden, das von Crotalus ja (wie jedes andere geistige Konzept) in Frage gestellt wird.
Er erzählte: Auffälligerweise waren all diese Zahnbeschwerden in den niedrigen Verreibestufen gar nicht aufgetreten! Das ist seltsam, denn normalerweise erscheinen die Körpersymptome eigentlich vor allem dort.
Das Auftreten der Zahnbeschwerden in der C4 und C5 stellt diese Schmerzen quasi in einen höheren Zusammenhang. Auf diesen Stufen erleben wir in der Regel eine relativ entkörperlichte Sicht der Welt, hier kreisen unsere Gedanken eher um Wesenhaftes.
Wir waren dann sehr verblüfft, als uns klar wurde, dass die Zähne in vielen Systemen Symbol für innere Einstellungen sind! Es wird gesagt, der Verlust von Zähnen deute darauf hin, dass man auch eine bestimmte innere Einstellung aufgeben müsse. Letztlich sind Einstellungen ja auch nur ein Konzept darüber, was für uns gut sei. Und genau das hatte uns Crotalus ja immer wieder erzählt: laßt endlich eure Konzepte los!
Eine schöne Metapher dafür ist der Umstand, dass zwei Teilnehmern der Arzneimittelprüfung durch ihre Zahnärzte jetzt ausgerechnet die Weisheits(!)-Zähne gezogen werden sollten. (t14 c5), (t7 c5)

Die schreckliche Schlange (kleine Differentialdiagnose)

 

Im Laufe des Jahres 1998 hatte die Berliner Verreibegruppe die seltene Gelegenheit, gemeinsam mit Witold Ehrler alle vier Schlangengifte zu verreiben und mit diesen Arzneimitteln Erfahrungen im eigenen Leben zu machen. Zwei Mal war der Ausgangsstoff vor der Verreibung bekannt (Vipera und Crotalus) und zwei Verreibungen waren für die meisten Teilnehmer blind (Lachesis und Naja; in der Zwischenzeit wurden unter anderem Aranea und Selen verrieben).
Als wir mit Vipera begannen, wussten wir nicht, was uns dieses Experiment bringen würde. Es bestand die Aussicht, dass sich die vier Stoffe sehr ähneln würden und diese Aktionen vergleichsweise langweilig werden dürften. Zu unserer Überraschung erwiesen sich die Schlangen aber dann als so völlig unterschiedlich, dass es mir schwerfällt überhaupt Gemeinsamkeiten zu benennen!
Erstaunlicherweise siedeln die Schlangen ihr jeweiliges Thema in jeweils einer anderen der vier Ebenen von C1 bis C4 an. Sie decken damit den ganzen Zyklus unsere eigenen Schlangenproblematik vom Körper über die Gefühle und Gedanken bis in die Bereiche unserer Sinnsuche ab. Hier kann ich nur staunend wahrnehmen, dass unsere Urväter, die diese Schlangenmittel in die Homöopathie einführten, wussten, was sie taten, obwohl sie nicht wussten, was sie taten!
Zugleich scheinen die vier Schlangen auch einen speziellen Weg zu beschreiben, den die Seele im Umgang mit diesen Kräften gehen kann, wobei jede Schlange in ihrer Krankheit auf einem anderen Punkt dieses Weges festklemmt und nicht mehr weiter kann.
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Schlangen möchte ich an dieser Stelle in ihrem Umgang mit Sexualität, Einsamkeit und Schmerz darstellen.
Allen Schlangen gemeinsam ist, dass sie versuchen die Lösung ihres Problems im Kopf zu finden. Worin dieses Problem besteht und wie diese Kompensation dann konkret aussieht, ist aber recht unterschiedlich.
 

Empirisches Bild

Vipera erschien uns als die Schlange der Körperebene. Ständig sexualisiert und von allen Seiten verführt, versucht sie ganz hilflos, im Kopf irgendwie eine Antwort auf die Frage zu finden, was sie denn nun tun soll. Soll ich mit diesem Mann, oder doch lieber mit diesem? Oder vielleicht doch mit einer Frau? Und bin ich denn überhaupt monogam? Eigentlich habe ich ja doch Lust auf alle – aber wie soll ich das denn nun wieder hinkriegen? Der Zweifel durch Verführung ist allgegenwärtig und Vipera ist ziemlich hin und her geworfen in den Trieben, die sich in ihr von allen Seiten melden. Ein wunderschöner Satz aus der Vipera-Verreibung war die Erkenntnis, dass der Zweifel nur dadurch entsteht, dass zu der festen Lösung ein zusätzliches Angebot hinzutritt, eine zusätzliche zweite Chance, alles ganz anders zu machen. Dass also der Zweifel, den Vipera als Fluch erlebt, eigentlich der Eintritt der Freiheit ist.
Die Lösung für Vipera ist hier zu erkennen, dass es egal ist, was man tut. Entscheidend ist nur, dass man überhaupt etwas tut - denn nur so kann man im Leben eine wirkliche Erfahrung machen. Im Kopf macht man keine Erfahrung.
Man kann also sagen, die erste Aufgabe von Vipera besteht darin, der Verführung zu folgen. Sie muss mit ihr umgehen, und zwar im praktischen Handeln. Das bedeutet, den Konflikt zwischen körperlichen Bedürfnissen und sozialem Verhalten lebendig zu leben. Dabei ist die Forderung an Vipera, diesen Umgang mit der Verführung sozial offen zu legen. Es wäre wahrscheinlich politischer Sprengstoff, wenn das wirklich gelebt würde. Witold Ehrler hat diese Aufgabe auf die schöne Formel des Wahrhaftigseins gebracht. Die Aufgabe für Vipera ist es, wahrhaftig zu sein in ihrem Umgang mit der Verführung.
Auch die oft benannte Verquickung von Vipera mit totalitären Gewaltorganisationen (SA, Stasi) scheint aus der Verführung zu kommen. Ein Prüfer hatte vor der Verreibung folgenden Traum: Er wird im Zug von der Leibgarde des Führers mitgenommen, damit er dieser Leibgarde beitritt. In dieser Situation ist er ständig hin und her geworfen zwischen klarer moralischer Entrüstung und einem Gefühl der Verführung und des Geschmeicheltseins.

Während Vipera bei all dem noch etwas Leichtes und Flüchtiges in sich hat (von einer Verführung zur nächsten), steckt Lachesis wesentlich tiefer in diesem Drama. Für Lachesis ist es keine Frage mehr, ob man seine Triebe leben solle, Lachesis folgt der Verführung. Ewig auf der Suche nach dem verlorenen anderen Teil, der uns wieder heil macht, fühlt sie sich zutiefst verletzt durch die Spaltung und spaltet doch selbst immer wieder aufs Neue.
Lachesis steckt in einem Gefühlsdrama, in dem es sich selbst als Opfer erlebt, das ständig zu wenig bekommt. Aus dieser Verletzung heraus beißt sie immer wieder zu, ohne ihre eigene Verletzung zu zeigen. Ihre Wahrnehmung der Umwelt ist vor allem Argwohn. Keinem traue ich etwas Gutes zu, weil ich die anderen genau so erlebe, wie ich im Grunde eigentlich bin.
Die Kompensation dieser Verletzung besteht für Lachesis darin, im Kopf raffinierte Strategien zu entwickeln, mit denen sich das Ganze noch zum eigenen Vorteil steuern lässt. Der Haken daran ist, dass sie zumindest unbewusst weiß, dass dadurch alles nichts wert ist, was sie bekommt. Denn sie hat nichts freiwillig bekommen und sie hat sich jede Form von Zuwendung nur selbst organisiert.
Die Lösung für Lachesis liegt darin, das eigene Rollenspiel zu transzendieren und die Täter-Opfer-Sicht völlig zu verlassen. Dazu muss sie ihr eigenes Tätersein erkennen (was natürlich schmerzhaft ist) und sie muss lernen, ihre eigene Verletzung und ihre Ängste offen zu legen, damit sie sich ihrer Umwelt endlich so zeigt, wie sie wirklich ist.

Crotalus hat auch die Gefühlsebene hinter sich gelassen und ist damit die Schlange der C3. Sie repräsentiert den reinen Geist. Es ist grausam anzusehen, zu welchem Monster der Mensch in Crotalus entartet, wenn er seine Gefühle so vollkommen abgespalten hat!
Weil Fühlen zu sehr wehtut, lebt Crotalus als eiskalter Killer in einer Welt der reinen Funktionalität. Alles wird nur noch nach seiner Funktion bewertet, nach messbarem abzählbaren Erfolg. Sexualität ist auf den rein körperlichen Vollzug reduziert, ohne irgendein Bedürfnis nach seelischem Kontakt. So zählt nur noch der Überlegene und Crotalus steuert damit – paradox genug – in diesem Kampf um den persönlichen Vorteil auf den wirklichen Tod zu, den es zuvor auf der Gefühlsebene vermeiden wollte. So ist das Schicksal von Crotalus in jedem Fall der Tod: sie hat die Wahl, irgendwann in diesem Kampf nicht mehr die schnellste zu sein und zu verlieren. Oder sie nutzt die Chance den ausgeblendeten Tod in ihr Herz zurückzuholen und den verdrängten Abschiedsschmerz zu durchleiden, um dadurch wieder leben zu können.
Dann kann sie auch endlich wieder beginnen zu lieben. Doch selbst in der Liebe ist Crotalus horridus die 'schreckliche' Schlange. Denn was sie von uns in der Liebe fordert, ist für uns schrecklich: Gib alles auf was du dir wünschst, vergiss deinen Eigennutz vollständig – nur dann kannst du überhaupt lieben! Aber nimm in Kauf, dass du dafür vielleicht noch nicht einmal etwas erhalten wirst!

Als letze in diesem Schauspiel begegnete uns Naja, die mit Zweifel, Tod und Verführung auf der Wesensebene konfrontiert ist.
Naja hat nun auch dem eigenen Geist entsagt und sucht ihren Trost auf einer spirituellen Ebene. Hier füllt sich der Geist quasi 'von oben her' mit fremden spirituellen Konzepten, statt selbst das Leben zu reflektieren. Der Körper tut klaglos sein Tagwerk und das Ich flüchtet sich in eine schönere Welt. Diese künstliche Welt ist aber durch den fehlenden Kontakt zu Gefühl und Körper so entrückt, dass dort keine wirklichen Erfahrungen mehr gemacht werden können. Damit ist sie verlogen und unproduktiv. Erlösung für Naja ist, irgendwann aufzuwachen und plötzlich die Welt und sich selbst ganz wach zu sehen, und zwar in einer völlig anderen Perspektive.
Wir sehen zusammenfassend, dass alle vier Schlangen ihren Kopf nicht mit dem Körper – und vor allem nicht mit ihrem Herz – verbunden haben (daher auch die vielen Halsprobleme). Wie diese Trennung aussieht, ist dann aber doch sehr unterschiedlich. Abschließend sei die Art, wie sie ihre Probleme kompensieren noch einmal an ihrem Umgang mit dem Thema Einsamkeit veranschaulicht.

Vipera versucht, das Thema durch Masse zu kompensieren.
Lachesis versucht, das Defizit krampfhaft zu managen.
Crotalus schneidet die Gefühle einfach weg.
Naja entflieht dem Schmerz in eine andere Realität.
 

Versuch einer einheitlichen Beschreibung

Auf einer abstrakteren Ebene kann man das Drama der Schlangen wie folgt beschreiben (Das hier folgende Konzept stützt sich auf Phänomene und Sätze, die in den Verreibungen aufgetreten sind):
Die Schlangen zeigen uns vier Irrwege, auf denen das Ich versucht, mit den Anforderungen des Körpers (Trieb, Es), der Kultur (soziale Bedürfnisse, Über-Ich), des Geistes (lineares zählendes Denken) und einer spirituellen Sinngebung umzugehen. Die Art des Umgangs ist immer manipulativ, das heißt, das Ich versucht auf dem jeweils fokussierten Gebiet etwas für sich zu maximieren.

Abb. 2 Zyklus der vier Schlangen
 

Vipera strebt nach maximaler Triebbefriedigung.
Lachesis manipuliert den sozialen Kontakt.
Crotalus agiert allein auf der Basis von Berechnung.
Naja macht sich eine künstliche spirituelle Sinngebung.

Das Drama dabei ist, dass alle vier dabei versuchen etwas zu steuern, das sich nicht steuern lässt. Jede der vier Schlangen hat dabei zugleich ihre Wurzel verlassen:

Vipera das Wissen um eine innere Bestimmung.
Lachesis das Gespür für ihre wirklichen Körperbedürfnisse.
Crotalus entbehrt jedem sozialen Gefühl.
Naja verachtet das Gesetz der Logik und der Zahl.

Zugleich ersetzt die Täuschung eine wirkliche Erkenntnis auf der nächsten Ebene, weil diese Ebene in den Dienst der Verhaftung gestellt wird.

Vipera gestaltet ihren sozialen Kontakt als Werkzeug der Triebbefriedigung und verwechselt das mit sozialem Kontakt.
Lachesis findet tausend rationale Begründungen für ihre Manipulationen und verwechselt dies mit Wissen.
Crotalus glaubt, der einzige Sinn liege darin die Gesetze zu erkennen und auszunutzen und verwechselt dies mit Sinngebung.
Naja meint, ein spirituelles Dasein sei der Sinn des Lebens und verwechselt das mit dem Leben.

Alle vier werden in ihrer Heilung ihr inneres Erleben als eine vollkommene Täuschung erkennen und es auf eine völlig neue Sicht transzendentieren müssen. Auf dieser höheren Ebene sieht man, dass das alte Erleben zugleich stimmt und doch eine Täuschung ist.
Es ist nur so, dass diese neue Sicht nicht künstlich von außen gesetzt werden kann, etwa durch eine Autorität, denn für die Schlangen gibt es keine Autorität. Vielmehr muss dieser Umschlag im Ich von allein entstehen, wenn die Verhältnisse reif sind.
Danach könnten die Schlangen Folgendes erkennen:

Vipera erblickt die wechselnden Forderungen ihres Körpers aus dem Eingebundensein in einen sozialen Kontext.
Lachesis verliert die Täuschung des polaren Erlebens ihrer sozialen Kontakte und durchschaut nun höhere Zusammenhänge.
Crotalus erkennt die Unwesentlichkeit aller Konzepte aus einer höheren Sicht.
Für Naja bricht alles, was sie für wesentlich hält, als Täuschung zusammen und sie beginnt zu leben.

Neben dem ich-bezogenen Lebensmodell der Schlangen, mit diesen Kräften umzugehen scheint es auch den entgegengesetzten Versuch einer Lösung zu geben, in dem das Ich sich völlig aus diesem Konflikt isoliert und nicht mehr handelt. Dann handeln nur noch die reinen Kräfte in uns und das Ich trägt keine Verantwortung mehr.

Auf dieser passiven Seite finden wir zum Beispiel Ambra im Pol der Entrückung und Bufo auf der Seite der Triebsteuerung.


Zusammenfassung

Als ich mit diesem Artikel begann, war es eigentlich nur wissenschaftliches Interesse, das mich trieb, denn ich war beeindruckt von dem in sich konsistenten Bild der Verreibung.
Erst indem ich durch diese Beschäftigung in eine zweite intensive und lange Auseinandersetzung mit Crotalus eintauchte, dämmerte es mir allmählich, dass es kein bloßer Zufall sein konnte, dass es mich ausgerechnet zu Crotalus trieb! Bis dahin hatte ich mir jede persönliche Betroffenheit gut wegrationalisieren können. Dass ich mit einem eiskalten Killer nicht viel gemein hatte, war ja klar. Und als ein besonders cleverer Geschäftsmann erlebe ich mich auch nicht. Erst beim Schreiben der Differentialdiagnose gingen mir plötzlich die Augen auf.
Ich musste sehen, wo der Schwerpunkt meines Lebens in den letzten Jahren lag – und das ist ganz eindeutig die Position des einsamen Gelehrten. Seit vielen Jahren war ich auf der Suche nach einer sauberen naturwissenschaftlichen Weltanschauung, die zugleich die Grenze zu den geistartigen Prozessen überschreitet. Unter anderem hatte ich mich vier Jahre intensiv mit der einheitlichen Quantenfeldtheorie von Burkhard Heim befasst, mit der zum Beispiel der Begriff der 'Lebensenergie' überraschend gut und auf ganz andere Art zu verstehen ist.
In dieser ausschließlichen Beschäftigung mit dem Gesetz der Zahl habe ich meine sozialen Kontakte immer mehr reduziert – schon allein weil ich mich selten mit jemandem darüber austauschen konnte, was mich da bewegte. Jetzt weiß ich, dass die Krankheit der Schlangen unter anderem darin liegt, ihre Perspektive und ihr Handeln auf jeweils ein Feld von Körper, Gefühl, Geist und Seele zu begrenzen.

Was hat sich nun durch die Konfrontation mit Crotalus für mich geändert? In dieser Zeit musste ich mehrmals erleben, wie innere Einstellungen und Gefühle, die ich für echt und authentisch in mir hielt, als vollständige Täuschung zusammenbrachen. In meinem Alltag begann ich zu bemerken, wie oft ich in meinem Handeln irgendwelchen Konzepten folge, ohne dass es überhaupt ein Ziel gibt, dem sie dienen könnten. Seitdem wird mein Alltag spielerischer und ungeplante Dinge dürfen geschehen. (Auch Aranea hat mir dabei ein gutes Stück geholfen, aber das wäre wieder eine andere Geschichte.)
Am meisten aber bewirkt hat der Blick auf das Spiel der vier Schlangen und ihren Grundirrtum, in einem einzelnen Lebensbereich mit Gewalt etwas maximieren zu wollen und dafür alles andere zu vergessen. Mir wurde klar, wie eng mein eigener Fokus war. Es geht ja scheinbar nicht darum, nun statt dessen etwas anderes zu wollen (gleichsam nur das Ziel auszutauschen), sondern Heilung vom Schlangenhaften kann nur geschehen, indem wir die Fokussierung selbst opfern.
Seitdem ich das lernen durfte, begann ich meine sozialen Kontakte viel bewusster wahrzunehmen, sie mit großer Freude zu genießen und zu befördern. Dabei muss ich wach bleiben, damit es bei dieser Änderung bleibt und sich nicht über alte Verhaltensroutinen wieder alte Verhältnisse einschleichen. Da ist eine gewisse Disziplin gefragt und das tägliche Üben.

Die Schlangen haben in der Begegnung meine Lebenssituation oder meine Muster nicht schlagartig verwandelt. Statt dessen haben sie den Blick geweitet. Wir müssen in jeder von ihnen erkennen, auf was für eine eingeschränkte Perspektive wir unser Lebensthema jeweils reduziert haben. Auf diese Art machen die Schlangen wissend, obwohl sie die alte Täuschung (das alte Wissen) zerstören.

Nach der Begegnung mit den Schlangen kann man nicht mehr behaupten, man wisse es nicht anders. Man kann nach Crotalus nicht mehr so tun, als wisse man nicht um die Folgen eines bloßen Handelns aus dem Kopf heraus. Nach den Schlangen sind wir schuldig. Sie geben uns damit die Ehre zurück unsere Schuld selbst zu tragen und es von nun an besser zu tun.

Die Verantwortung jedoch überlassen die Schlangen (raffiniert genug) dem Ich. Es hat auch die Möglichkeit, auf Schlangenart weiterzumachen. Dann könnte es sein, dass es – vielleicht in einem anderen Lebensfeld, aber nicht klüger geworden – erneut in das Drama einer Schlange eintreten wird.
 

Körpersymptome

links erhöht und rechts erniedrigt, Verlangen sich aufzurichten, einseitige Beschwerden
verändertes Zeitgefühl, entrücktes Körpergefühl
Beschwerden in Kopf, Hals, Brust und Herz (Beklemmung), Arm und Hand
Zahnschmerzen
Taubheit, Brennen (wie Feuer), Hitze, Jucken
 

Der Krankheitszustand

Eiseskälte; totale Abwesenheit des Herzens mit der Ätiologie eines nicht gelebten Abschieds; auf der Lauer sein; eiskalt funktionieren; Geschäfte machen; nur noch seinen Konzepten folgen; völlig konzentriert auf den Geist; Berechnung; gnadenlos; liebloser Sex; Wissenschaftler; kalter Beobachter; Wilder Westen (!); Geld regiert die Welt
 

Die erlöste Klapperschlange

tiefes Wissen darum, dass Konzepte immer nur wahr sind in Hinsicht auf ein Ziel; Dinge auf verschiedene Art sehen können; den eigenen Gefühlen und den Regungen des Augenblicks folgen; im Fluss mit der Welt; intuitiv beweglich sein; Hingabe; hellwach sein in der Begegnung und hellwach im Abschied; den Tod leben im Leben; dankbar sein für den Tod; selbstlos lieben; das Ausgeschlossene in sich aufnehmen; Körper, sozialen Kontakt, Geist und Sinnfindung zusammenbringen
 

Ich danke allen Teilnehmern an dieser Verreibung ganz herzlich dafür, dass sie bereit waren, ihre Gefühle mit uns zu teilen. Besonders bedanken möchte ich mich bei Witold Ehrler, der mir diese Art von Erfahrung überhaupt erst ermöglicht hat.

Ein besonderer Dank gilt auch Hans-Wulf von Uslar der diesen Text für die ursprünglich geplante Veröffentlichung Korrektur gelesen hat.

Olaf Posdzech
Berlin, Dezember 1998 bis August 1999
 
 

Nachsatz

Bert Hellinger schreibt zur gelebten Trennung:
Die Lösung besteht darin, dass beide sich dem tiefen Schmerz und der Trauer überlassen, darüber, dass es vorbei ist. Diese Trauer dauert nicht lange, geht aber sehr tief und tut sehr weh. Dann aber sind sie gelöst und können anschließend sehr gut miteinander und voneinander reden und alles, was noch zu lösen ist, in gegenseitigem Respekt lösen.
Wichtig: Bei einer Trennung ist die Wut oft der Ersatz für Trauer und Schmerz. Sehr häufig fehlt, wenn zwei sich nicht lösen können, das Nehmen.
Lösender Satz: "Ich nehme, was du mir gegeben hast. Es war eine Menge und ich werde es in Ehren halten und mitnehmen. Was ich dir gegeben habe, habe ich gern gegeben, und du darfst es behalten. Für das, was zwischen uns schiefgegangen ist, übernehme ich meinen Teil der Verantwortung und ich lasse Dir deinen. Und jetzt lasse ich dich in Frieden."
 

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