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last update: 2001-04-01

Berichte von Teilnehmern über Nachwirkungen der Germanium-Verreibung

Inhalt

Teilnehmer 2 (Bericht ein Jahr später)
Teilnehmerin 7 (Bericht einen Monat später)

Teilnehmer 2 (Bericht ein Jahr später)

Die Begegnung mit Germanium hat mein Leben verändert. Ich bin nicht mehr der Selbe, der ich vorher war. Auch im Rückblick macht mich das traurig und zugleich erkenne ich an, dass diese Veränderung nötig war. Aber sie macht keinen Spaß! Ich habe auf Monate viel von meiner Kindlichkeit und dem Spielerischem, Unbedarften in mir verloren.

Schon in der Germanium-Verreibung selbst wurde ich ganz ernst und bitter. Mein Blick war nur noch auf meinen Tod gerichtet. Mir stand plötzlich deutlich vor Augen: Die Hälfte meines Lebens habe ich schon hinter mich gebracht, vertrödelt, genossen, vertrauert, auch manchmal liebend verbracht (was mir im Rückblick noch den meisten Sinn zu machen schien) – doch eigentlich scheine ich nichts, wirklich nichts getan zu haben, von dem im Moment meines Todes irgend etwas bestehen bleibt! Zu einer Familie hatte ich es bis jetzt nicht gebracht. Ich hatte keine Kinder, nicht einmal eine funktionierende Beziehung hatte ich. Statt dessen habe ich mich nach der letzten Enttäuschung wieder über Jahre in meinem Einsamkeitsschmerz eingesperrt und wagte nichts Neues, weil mir alle potentiellen Partnerinnen zu fremd erschienen. Ich sah keine erreichbare Frau, bei der ich das Gefühl des miteinander wachsen Könnens spürte. Was, wenn ich jetzt stürbe? Welch beschämende, traurige, armselige Bilanz müsste ich ziehen?
In dieser Stimmung, dieser Bitternis verließ ich die Verreibung, und die Stimmung blieb, blieb als Grundstimmung in mir bis heute. Es war, als hätte jemand einen Vorhang vor meinem Tod weggezogen, und ich müsste ihn plötzlich anblicken, müsste ihn immer sehen! Gerade das, was ich am wenigsten sehen wollte! Ich wollte ja noch so viel vor mir haben. Nun sah ich: es kann jeden Moment Schluss sein. Erst die Hälfte des Lebens rum? Irrtum! Schon morgen kann dich ein Stein erschlagen, kann ein Auto dich überfahren. Es kann immer irgend etwas Unvorhergesehenes passieren! Du hast Glück, dass du so alt geworden bist!
Innerlich fühlte ich mich trotz der ernsten Stimmung gleichzeitig weich. Ich war immerzu kurz vor dem Weinen und wusste nicht, warum – vielleicht wegen dem Blick auf den Tod? In der Nacht nach der Verreibung hatte ich einen Traum: Eine Türkin, verhüllt mit einem Kopftuch und schwanger kommt in der U-Bahn auf mich zu und schmiegt sich frontal an mich, macht mich an. Es gefällt mir. Plötzlich ist eine Gang von türkischen jugendlichen Jungs hinter mir und hat mich als gefundenes Ziel. War das Mädchen vielleicht sogar ein Lockvogel, um den Anlass zu liefern? Es ist möglich, und trotzdem will ich ohne Arg bleiben, es spielt keine Rolle. Ich bleibe in dem Gefühl des Moments mit ihr, und das war schön. Die Jugendlichen beginnen, mich zu verhöhnen und auf mich einzuschlagen. Ich wehre mich gar nicht, sondern beginne zu weinen. Irgendwann frage ich einen von ihnen unter Tränen "Warum tust du das mit mir? Du tust mir sehr weh." Da hört er auf. Für mich war der Traum sehr heftig.
Eine innere Stimme sagte unentwegt zu mir "Tue etwas Relevantes! Deine Zeit läuft ab! Wie lange willst du noch warten?" Wenige Tage nach der Verreibung kaufte ich mir für 700 Euro Lederbekleidung. So viel Geld hätte ich vorher nie für einen solchen Luxus ausgegeben. Ich hatte immer versucht, so viel wie möglich für "später" zu sparen. Dabei hätte ich schon lange gern Kleidung aus Leder angezogen. Germanium gab mir den nötigen Tritt, um das Später endlich ins Heute zu verlegen. In mein Tagebuch schrieb ich: "Wie lange willst du noch warten? Willst du es mit 60 kaufen? Ich möchte mich für die Frauen attraktiv machen (ich schaue selbst sehr gern eine schön gestylte Frau an) – und jetzt das Gefühl: Das bist du ihnen schuldig! Schließlich willst ich selbst es ja auch."
Eine Woche später besuchte ich eine Freundin mit ihrem zwei Jahre alten Kind und sah: Sie ist plötzlich ganz alt geworden! Sie stand da und kümmerte sich um ihre Tochter und ich sah in ihrem Gesicht plötzlich das Gesicht ihrer verstorbenen Mutter und dachte: "Oh Gott, wir sind keine Kinder mehr!" Es ist wie ein Erschrecken. Die nächsten Wochen trug ich nur schwarze Kleidung. Ich fühlte mich, als sei meine Jugend geschwunden.
Auch im Außen war ich plötzlich mit dem Thema Tod konfrontiert. Wenige Tage nach der Verreibung riefen mich meine Eltern an, und erzählten mir fassungslos, dass ihr Auto über Nacht vollständig abgebrannt war. Jemand hatte auf dem Parkplatz an einem Firmenwagen Brandstiftung begangen, und das Feuer war auf das Auto (das "Selbst") meiner Eltern übergegriffen und es war vollständig ausgebrannt. Bis auf eine Hülle war nichts mehr übrig. Die Versicherung zahlte nicht genug, um sich einen vergleichbaren Wagen leisten zu können. Obwohl meine Eltern von Germanium nichts wussten, löste der plötzliche "Tod" ihres Autos in Ihnen auch ein Revision bisheriger Werte aus. Brauchen wir dieses Fahrzeug wirklich, oder macht das Fahrzeug uns zu seinen Sklaven? Könnten wir nicht genauso gut ohne Auto auskommen? Senden wir unsere Aufmerksamkeit nicht überhaupt auf Dinge, die eigentlich völlig nebensächlich sind?
Einen Monat später rief mich die Frau eines lieben Bekannten an und erzählte mir unter Tränen, dass ihr Mann am 16.2. eine plötzliche Gehirnblutung bekommen habe, dass er seitdem ohne Bewusstsein wäre und dass er künstlich beatmet würde. Dieser Mann, den ich sehr in mein Herz geschlossen habe, sollte das Krankenhaus nie mehr verlassen. Es fällt mir schwer, dieses Zusammentreffen nur als Zufall abzutun, denn es gibt einen zweiten Teil der Geschichte, der sich wieder mit meinem Germanium-Kontakt überschneidet. Fast genau ein Jahr nach unserer Verreibung habe ich mich ein zweites Mal in die Stimmung jener Zeit begeben und diesen Rückblick geschrieben. Kurz nachdem ich ihn beendet hatten bekam ich einen Anruf. Der alte Mann, an den ich in diesen Tagen wieder so oft denken musste, ist jetzt gestorben. Er hat noch ein Jahr bei seiner Familie liegend verbracht, nicht mehr sprechen könnend, um langsam von diesem Leben Abschied zu nehmen

Ich erlebte Germanium wie einen heftigen Tritt in den Arsch, mein Leben endlich in die Hand zu nehmen und ins Heute zu kommen. Zwei Wochen nach der Verreibung lernte ich eine Frau kennen. Wieder bemerkte ich, wie sich im Kopf sofort Vorurteile einstellten und mein Gehirn schnell aus ihrem Verhalten zu wissen schien, warum sie nicht die Richtige für mich sein könne. Aber inzwischen war ich in einer Stimmung in der ich wusste: Es ist kein Spiel mehr! Entweder, du wagst es, dich jetzt verbrennen zu lassen und dich vielleicht von einem Irrtum verletzen zu lassen oder du stirbst vielleicht schon morgen allein. "Welche Bilanz willst du ziehen?" Das fragte mich Germanium unaufhörlich. Und ich sah diese Bilanz, und ich sah eine Null! Diesem Tritt in den Arsch ist es zu verdanken, dass ich mich trotz aller Ängste begann, auf diese Frau einzulassen. Und ich entdeckte einen wunderschönen Menschen! Ich entdeckte eine wunderbare Seele, die ich immer mehr liebte. Ich schloss diese Frau ganz tief in mein Herz. Ich ließ mich verletzen und war bereit, mich ihrem und meinem Schmerz zu stellen. So tief hatte ich mich noch nie zuvor einen Beziehung verändert! Das alles habe ich Germanium zu verdanken.
Meine Stimmung dabei ist ernst und traurig. Die Zeit läuft ab. Diese Wahrnehmung blieb. Ich bin nicht mehr unwissend. Ich darf nicht mehr Kind sein.

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Teilnehmerin 7 (Bericht einen Monat nach der Verreibung)

Vorherrschende Gedanken und Ereignisse um den 29.1.2000 (Ger.-Verreibung) herum

(viel in Schwarz gekleidet)

16.1.2000
Jede kleinste Tat erscheint wesentlich, da in einem Augenblick das ganze Leben sich wenden kann eben durch diese Tat. In nur einer Sekunde kann das Leben sich in einen Alptraum verwandeln. Ein Schritt und alles ist anders. Eine Sekunde Unaufmerksamkeit und das Leben verwandelt sich in etwas, was nur ein schrecklicher Traum sein kann, aus dem man hofft, irgendwann zu erwachen.

20.1.2000
fühle mich in bestimmter Umgebung, "wie im Gefängnis"

21.1.2000
krank, schwach und schlaflos, "glaube, zu sterben"

27.1.2000
"Das Leben ist ein Gefängnis"

28.1.2000
Mir ist, als sei ich in der Mitte meines Lebens angelangt, als ginge ich von jetzt an dem Tode zu.
Ich sehe mein Leben als Ganzes, als "Stück" irgendwo in der Zeit und es erschreckt mich gar nicht (wie früher die Gedanken daran), ich fühle mich darin sogar geborgen.
Ich bin dem Ende näher als dem Anfang, ich gehe nun "bergabwärts", dem Ende zu. Dies macht mich friedlich, ruhig.

29.1.2000
Verreibung, daraufhin rasende Kopfschmerzen/ Zahnschmerzen, völlig am Ende

30.2.200
Schlaflose Nacht durch höllische Zahnschmerzen, ich heule und schreie und versuche, durch völliges Hineingehen in den Schmerz, diesen zu verwandeln. Jede Sekunde ist so unerträglich, dass ich lieber tot sein würde, als dies noch eine Sekunde länger zu fühlen. Der Schmerz ist zu groß.

1.2.2000
Schmerztabletten, die kaum helfen. Genieße jede schmerzfreie Sekunde und fürchte doch gleichzeitig das Wiederauftreten des Schmerzes. Irgendwann wirken die Tabletten überhaupt nicht mehr, darum wieder solche Schmerzen, dass ich nur noch weine und lieber tot sein würde.

2.1.2000
Entfernung der Zahnnerven. Jeder Moment ohne Schmerz ist ein Wunder.

13.2.2000
Traum von Frau, die mir ein für sechs Monate gültiges Orakel legt, welches mich, wie sie sagt, vom Verreibungs-Gruppenorakel befreit, es lautet: "Mut und Glück"

28.2.2000
"Zufällig" untersuche ich mein eigenes Horoskop auf Todesdirektionen hin, was ich früher immer vermieden habe. Und diesmal erleichtert es mich fast (früher hat mich die Möglichkeit, den Tod unter Umständen aus dem Horoskop lesen zu können immer völlig geschreckt, es kam mir so vor, als "dürfe" man solches nicht wissen oder wissen wollen).

Der Tod verliert seinen Schrecken, wenn man ihn anblickt.

Olaf Posdzech
März 2001

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