Olaf Posdzechs C4-Pool] [Arzneimittel-Index]
last update: 2005-02-10

Lac humanum masculinum
Eine C4-Begegnung mit der Muttermilch

Inhalt

C2
C3
C4
Nachtrag 1999

Stoff: Muttermilch für ein männliches Baby
Prüfung: Herbst 1996
Verreibung: blind (der Stoff war nur 2 Personen bekannt)
Personen: 8 Personen
Autor: Olaf Posdzech
Datum: 25.11.1996
Status: Persönlicher Bericht

Muttermilch für ein männliches Baby zeigte sich uns in dieser ersten Begegnung als ein Mysterium. Obwohl die Verreibung blind war, sprachen alle Teilnehmer von sehr esoterischen Themen. Es ging um Inkarnation, um genährt werden und darum, sich dem Leben zu stellen indem man sich den Gefühlen stellt.
Darüber hinaus wurde das Getrenntsein zwischen den Menschen und die Polarität von Mann und Frau von einigen Teilnehmern als sehr starkes Thema erlebt (Das wiederholte sich, als wir ein Jahr später die Muttermilch für ein weibliches Baby verreiben – auch dort in einer Blind-Prüfung).
Lac humanum weist also auch auf die Pole des Männlichen und Weiblichen und hat in diesem Spannungsfeld in uns eine Aufgabe zu erledigen. Wie diese Aufgabe aussieht, war uns nach der ersten Verreibung noch nicht klar. Im Licht der späteren Begegnung mit der "weiblichen" Muttermilch wird aber verständlich, warum die Milch für einen Jungen im Mann gerade die „weibliche" Fähigkeit verstärkt, sich hingeben zu können.

Eine Urfassung dieses Artikels erschien im Herbst 1996 in einer Zeitschrift der Samuel Hahnemann Schule, Berlin.


C2

Als ich vor der Verreibung aus der S-Bahn ausstieg und mich fragte, was wir wohl heute für ein Mittel verreiben würden, traten mir plötzlich Tränen in die Augen. Ich wusste keinen Grund dafür. Es war keine Trauer sondern eher ein Gefühl der tiefen Anrührung. So nahm ich an, es würde vielleicht eine Natrium-Verbindung verrieben werden. (Das Thema Natrium-carbonicum hatte mich in den letzten Monaten intensiv beschäftigt, ohne es jedoch genommen zu haben). Deshalb fügte ich mich in den Gedanken, dass die Verreibung wohl schwer werden würde, bis mir vielleicht eine Erleichterung in der C4-Stufe begegnen könnte.
Auch die Stimmung im Raum war recht ernst und gefasst, als erwarte uns eine wichtige Tätigkeit. Kurz bevor wir begannen, erfuhr ich, dass eine mir nahestehende Freundin große Probleme mit ihren kranken Eltern hat. Mir ging das sehr nah, weil ich ihre Eltern kannte und sie noch gesund erlebt hatte. Deshalb erwartete ich, dass mich das Mitgefühl während der Verreibung als Trauer überrollen würde.

Sofort in den ersten Minuten der Verreibung überkam mich eine große Weichheit und ich spürte Schwäche in meinem Arm. Es war keine schmerzhafte Erschöpfung, wegen der ich bei Aurum nicht mehr reiben konnte, sondern es war eine hingebungsvolle Schwäche – eine Schwäche, die keine Reserve mehr für einen Widerstand bot, aber die dennoch ausreichte, weiter zu rühren. Diese Schwäche entwickelte eine sehr erotische Komponente. Mir war, als würde ich Pistill und Mörser gleichzeitig empfinden, als würde ich mit ihnen gemeinsam die erotische Sensation des Hineinreibens und die des hingebungsvollen Empfangens und gerieben Werdens erleben. Ich war fasziniert, wie das Zusammenspiel der beiden gegensätzlichen Seiten – weiblich und männlich – zu diesem erotischen Fluss führte, gerade weil beide Seiten zwei entgegengesetzte Polaritäten repräsentieren und sich nicht in einer Synthese auflösen. Ich begann (was mir noch nie passiert war) in der Bewegung mein Becken mitzubewegen. Es war, als käme ich in einen Fluss dieser schaukelnden zueinanderdrängenden Bewegung und könnte daran teilhaben. Dankbarkeit stieg in mir auf, dass ich in einer Freundin einer so alten Seele begegnen durfte. Mich erfüllte stilles Glück. Diese sanfte intime Körperlichkeit in meinem Mörser gab mir das Gefühl von der Sehnsucht eines geistigen Wesens danach, in einen Körper inkarnieren zu dürfen, um so etwas erleben zu können. Ich empfand die Begegnung von Mörser und Pistill sehr weiblich. "Weiblich und männlich müssen sich treffen – das ist schön.", dachte ich. "Dieses Mittel könnte mich süchtig machen."
Im letzten Drittel der C2 entstand in mir plötzlich Lust, nun den Pistill in die rechte Hand zu nehmen und in den männlichen Pol hinüberzuwechseln. Mit einem Schlag änderten sich Perspektive und mein Empfinden völlig. Ich rieb nun sehr kraftvoll und empfand Lust daran, aktiv zu sein (und nicht mehr in der Hingabe). Nun spürte ich nur noch mich und meine Aktion, aber ich bekam nicht mehr mit, was diese Aktivität bewirkt. Ab jetzt war ich in einem Pol der Wahrnehmung.
Zum ersten Mal machte mir die C2 Spaß. Bis auf einen kurzzeitigen stechenden Schmerz im Hinterkopf wie von einer Nadel hatte ich nichts Unangenehmes gespürt. Mir war, als wäre der Stoff bereits in der C4 oder käme aus ihr.
"Es geht um die Pole männlich/ weiblich und die Lust daran, in diesen Polen sein zu können." Das empfand ich ganz deutlich.

C3

Mit Beginn der C3-Verreibung verflogen sofort die angenehmen Gefühle und ich wurde ernst und einsam, wollte weinen. Das Reiben mit der rechten Hand empfand ich als kalt, brutal und gefühllos und ich fühlte mich nicht mehr wohl dabei. "Sich der C3 (Gedankenebene) verweigern", hörte ich als Satz in meinem Kopf.
Ich wechselte auf die linke Hand und wieder änderte sich wie mit einem Schlag die Perspektive. Das Reiben empfand ich als empfangend, weich und innig. Einige der anderen wurden zu diesem Zeitpunkt sehr laut, lachten laut oder rieben rabiat und rhythmisch in ihren Mörsern. Mich stieß dieses rohe Verhalten sehr ab, da ich mich selbst als immer weicher und verletzlicher erlebte. "Der machomäßige Krach der anderen ist unpassend."
Für mich wurde diese Stunde zu meiner aller ersten Lernstunde in Tantra. Mir war, als würde ich mit Pistill und Schüssel schlafen. Und es war, als würde ich die Verreibung dabei aus der Perspektive der Schüssel erleben. Ich spürte, dass es eine Form von geduldiger, drängend kreisender Bewegung gab, bei der der Kontakt von Stange und Gefäß zueinander am intensivsten wurde. Mich durchdrang Scham. Eine solche Form von inniger Sexualität hatte ich in meinem männlichen Drängen bis dahin noch nie erlebt oder ermöglicht.
"Es geht nicht um Gedanken bei dem Mittel, wurde mir dann klar. Es geht darum, in Gefühl und Hingabe zusammenzukommen, und das hat mit der Gedanken-Ebene nichts zu tun."

In der anschließenden Aussprache wird gesagt, dass meine Verreibung mit geschlossenen Augen von einer Frau als sexuell belästigend empfunden wurde.
Unter den Prüfern gibt es jetzt eine Polarisierung in zwei Gruppen: die lauten Lacher und die stillen Empfangenden. Die "Lacher" werfen den Ernsten ihre Verbissenheit vor, nachdem die ernste Fraktion die Lacher gemaßregelt hatte, doch bitte bei sich zu bleiben. Ich denke, dass das blödsinnige Kichern das um-den-heißen-Brei-reden war und das Fahren-in-den-festgefahrenen-Bahnen, von denen die "Lacher" gesprochen hatten. Für mich ist klar, dass die Lacher-Fraktion in der Abwehr ist und sich dem Mittel verweigert. (Tatsächlich saßen diese Prüferinnen auf der geographischen Beobachter-Seite und einige von ihnen erzählten in der anschließenden Diskussion, dass sie nicht oder zu wenig gestillt worden sind).

C4

Der Vorwurf der sexuellen Belästigung hatte mich tief getroffen, gerade als ich am verletzbarsten und hingegebensten war. Für mich war die erotische Lust von einem Gefühl begleitet gewesen, einer heiligen Handlung hingegeben zu sein. Von jetzt an fühle ich mich nur noch beobachtet. Obwohl ich mit geschlossenen Augen verreibe, habe ich das Gefühl, dass jedes Kichern der "Lach-Fraktion" sich auf meine Ernsthaftigkeit, Leidenssucht und Eiferschaft bezieht. Ich bin bitter, weil ich unter diesen Umständen nichts mehr erleben werde. Da kommen nach einer halben Stunde mitten in der C4 Sätze, die ich aufschreiben muss.

"Solange Du inkarniert bist und nicht im All-einen, wirst du immer verletzt werden. Verletzung endet erst, wenn alles andere ein Teil von Dir ist, was in der Inkarnation nicht möglich ist. Nur so kann Gott die Konsequenzen seiner Teile erleben."

Das Anderssein der anderen muss ich also ertragen. Die Wahrheit liegt außerhalb unser beiden Perspektiven und in ihnen.

Diese Sätze klingen möglicherweise banal. Es waren Gedanken, die schon in den letzten Monaten in mir im Entstehen waren, seit ich Witold Ehrlers Muttermilch-Text begegnet war. Obwohl schon vorher gehört, hatten diese Wahrheiten in diesem Moment eine andere Qualität. Jetzt erlebte ich,  was hier gesagt wurde. Ich spürte meinen Ernst und meine Verletzung durch das Lachen der anderen und wusste. "Ja, das Leben ist ernst und schwer zu ertragen." Und ich hatte das Gefühl, dass meine Perspektive wahr ist. Und gleichzeitig hörte ich dieses fremde Lachen und merkte: auch das ist wahr. Das Leben ist leicht und das Leben ist zum Lachen. Und beides stimmte. Und die wirkliche Wahrheit, dass nämlich beides wahr ist, kann keiner von uns beiden allein wahrnehmen. Sie liegt außerhalb von uns und braucht doch beide Pole.
Seit der C3 war ich mir relativ sicher, dass wir entweder Muttermilch (weiblich) verreiben oder ein anderes Mittel, dass mit Weiblichkeit oder Polarität zu tun hat (Pulsatilla, Sepia). Im Anschluss war ich dann sehr verblüfft, dass es sich um männliche Muttermilch gehandelt hatte. Zu dem Zeitpunkt konnte ich keine Erklärung dafür finden, warum mir in der Verreibung eine sehr weibliche Perspektive begegnete.

Unsere Begegnung mit der Muttermilch erlebte ich als ein Mysterium. Hier waren sich fremde Menschen zusammengekommen (unter anderem 3 Gäste einer anderen Schule, nur 4 Stammgäste). Und trotzdem sprach in der C4-Stufe jeder von Gott, als es völlig normal, nach drei Stunden darüber mit Fremden zu sprechen.
Außerdem ging es um das Spüren von Polarität und Wahrheit, um Weibliches und Männliches, um Einsamkeit und Verschmelzung, um Erlösung und Wiedergeburt. Die Abwesenheit von Ratio ("spaciges Gefühl"), das Lachen und die immer wieder auftauchende Thematik Sucht und genährt werden wollen, hat einige von uns an Cannabis denken lassen.
In dieser Verreibung durften wir von Anfang an ein sehr geschlossenes Bild von Gefühlen und Gedanken erleben. Die Überraschung, in den Gesprächsrunden von anderen genau die Themen genannt zu bekommen, mit denen man selbst in dieser Zeit beschäftigt war, kann mit Worten eher nur entheiligt werden.

Sehr berührt ging ich nach Hause. Am Abend leckte ich meinen Pistill ab in der Hoffnung auf gute Träume. Nach nur 6 Stunden wachte ich energiegeladen auf, obwohl ich vorgehabt hatte, am Sonntag endlich einmal auszuschlafen. Bis zum Nachmittag war ich voller Tatendrang und Entschlusskraft und weniger ängstlich als sonst. Meine Lust nach Süßigkeiten war in eine Abneigung gegen Süßes umgeschlagen. Diese Energie steigerte sich über eine Woche immer mehr, so dass ich jede nacht weniger schlief und zum Schluss nach nur 4 Stunden Schlaf erholt aufwachte. Dann ebbte die Wirkung allmählich ab.
 

Olaf Posdzech
25.11.1996

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Nachtrag 1999

Obwohl ich die Muttermilch anschließend in größerem Abstand immer mal wieder in der C30 nahm, spürte ich eine solch deutliche Veränderung wie in den ersten Wochen nicht mehr. Allerdings zeigt ein Rückblick nach 2 Jahren, dass sich die Felder in meinem Leben deutlich weiterentwickelt haben, auf  denen nach Witold Ehrler die Muttermilch nährend wirken soll. Dies betrifft (gemeinsam mit anderen Mitteln, die ich genommen habe) vor allem meinen Umgang mit Gefühlen und meine intuitiven Fähigkeiten, die sich langsam herausbilden. Gegen die Lust auf Süßes half übrigens später auf lange Zeit Sepia.

1998 verrieb ich (ebenfalls blind) die Milch für ein weibliches Baby. Diese Verreibung sollte mein eigenes Männer- und Frauen-Bild völlig verändern. Erst danach begann ich, nun auch die männliche Milch besser zu verstehen.
Nun wurde klar, dass die Polarität von Mann und Frau tatsächlich das zentrale Wirkungsthema dieser Muttermilch ist. (Das sei an dieser Stelle betont, denn das Mittel "lac maternum" von Tinus Smits wird auf eine andere Art zubereitet – es besteht aus der Milch von mehreren Müttern.) Lac humanum weist auf die Pole des Männlichen und Weiblichen und hat in diesem Spannungsfeld in uns eine Aufgabe zu erledigen. Im Licht der späteren Begegnung mit der "weiblichen" Muttermilch wurde verständlich, warum die Milch für einen Jungen in der Lage ist, in ihm gerade die Fähigkeiten zu verstärken, die er als Junge nicht im selben Maße mit in die Wiege bekommen hat wie ein Mädchen. Die männliche Muttermilch nährte in mir als Mann die Fähigkeit zur Hingabe. In der Verreibung der weiblichen Milch hingegen erlebten die Frauen der Gruppe einen starken Impuls, sich gegen unpassende Entwicklungen beizeiten zu wehren. Hier ging es also gerade darum, aus der Hingabe heraus zu kommen!

Das Spiel der Pole als etwas ganz Wesentliches in unserem Menschendasein wurde von der Muttermilch noch auf eine zweite Weise fokussiert. Seit dieser ersten Verreibung (ich habe danach die Muttermilch über drei Jahre immer mal wieder genommen) entdeckte ich, dass sich in mir eine Fähigkeit entwickelte, polare Gefühle gleichzeitig wahrzunehmen und zu ertragen. Das ist etwas völlig anderes, als Ambivalenz!
In der Ambivalenz sind wir zwischen Gefühlen hin und her geworfen und wir wissen nicht, welche Empfindung nun die "richtige" ist. Mit Lac humanum entsteht die Fähigkeit, die Gleichzeitigkeit von zwei entgegengesetzten Gefühlspolen anzunehmen, ohne sie werten zu müssen. Das gibt in den entsprechenden Situationen ein Gefühl von "Ja, es ist wahr – es tut sehr weh, was ich erlebe. Aber es ist zugleich auch schön. Beides ist da."
Dabei entsteht so etwas wie ernste Ruhe und tiefe Wahrhaftigkeit. Man ist dann in der Lage, die tiefere Wahrheit der Dinge zu konfrontieren – auch wenn sie der persönlichen Bedeutung widerspricht.

Gleichnishaft könnte man sagen, es gelingt mit der Muttermilch, die Polaritäten im Leben zu fühlen und zu ertragen und sie zugleich im Verständnis zu transzendentieren.

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