Beobachtungen vor der Verreibung
C1
C2
C3
C4
Botanisches
Stoff: | Blütenblatt und Blattspitze einer Tulpe von Blume 2000 |
Prüfungs-Datum: | Sonntag, 6. Dezember 1999 |
Prüfungs-Status: | unblind, es war jedoch kein Arzneimittelbild bekannt |
Personen: | 3 Männer |
Autor: | Olaf Posdzech |
Datum: | 7.12.1999 |
Textstatus: | vollständig |
Durch einen Traum und eine spätere beiläufige Andeutung
in einem C4-Text hatte sich die Tulpe gegenüber Witold Ehrler
kurz gezeigt. In jenem Traum fand Witold sich in einem Bordell
wieder irgendwann gegen Morgen, und die Begegnungen zwischen
Freiern und Prostituierten waren bereits vorbei. Lediglich hinter
einer verschlossenen Tür fand noch etwas statt. An der
Tür war das Symbol einer Tulpe angebracht, und ihm wurde
gesagt, dass es hinter dieser Tür jetzt ein Zuhälter mit
seiner Lieblingsprostituierten treiben würde. Die beiden
würden sich dort völlig fertig machen, und wer von den
beiden diese Aktion überleben würde, sei noch völlig
unklar. Von dieser Szene ging damals eine Ausstrahlung aus, die in
Witold das Gefühl erzeugte, die Tulpe ist in ihrer Thematik so
heftig, dass es noch zu früh sei, sich jetzt diesem Stoff zu
stellen.
Im November 1999 warb ein Berliner Stadtmagazin für sich mit dem Slogan: "800 Singles zum Kennenlernen!". Als Witold eines morgens in diesem Stadtmagazin blätterte, fühlte er sich von der Wucht dieser sinnlosen Vergeudung von sexueller Energie ganz unangenehm getroffen. Das war der Auslöser, nun loszuziehen und sich Teile einer Tulpe zu besorgen, die er an diesem Tag zur C1 verrieb. Dieses "Vorspiel" war den anderen beiden Teilnehmern bekannt, die dann – eine Woche später – mit ihm gemeinsam die Tulpe bis in die C4 verrieben. Hinweisen möchte ich darauf, dass bei diesem Arzneimittel
– ähnlich wie bei AIDS – durch die
gegenüberliegenden Positionen 1 und 3 unterschiedliche
Thematiken fokussiert wurden. Interessanter Weise trafen sich aber
beide Themen zugleich im Erleben von Teilnehmer 2. Aus diesem Grund
soll in diesem Aufsatz keine vorschnelle theoretische Essenz
formuliert werden. Der tiefere Gehalt findet sich wahrscheinlich in
allen drei Perspektiven gemeinsam. |
1 2 3 ---------- | | ----------
Abb 1. Sitzverteilung während der Verreibung
Ein weiterer potentieller Teilnehmer meinte, als ihm der anstehende Termin dieser Tulpen-Verreibung mitgeteilt wurde, es wäre nur die pure Gier, die ihn zu diesem Stoff ziehen würde.
Teilnehmer 2 erzählt begeistert von seinem Filmbesuch am Tag zuvor in "Fight Club", ein einziger Rausch von Blut. Der Film kippt im letzten Teil noch einmal so aberwitzig in seiner Handlung, dass der Teilnehmer beim Zuschauen so etwas wie einen Orgasmus im Kopf erlebte.
Teilnehmer 3 las auf dem Herweg in der S-Bahn eine Zeitschrift. Der erste Artikel handelte von neuen Filmen, die in phantastischen virtuellen Welten spielen. Der zweite war ein Interview mit einer Bordellbesitzerin, die sich über die doppelte Moral der Politik und städtischen Institutionen beklagte.
Darüber hinaus waren Teilnehmer 1 und 2 seit einer Regelblut-Verreibung einige Wochen zuvor in ihrem Alltagsleben mit dem Thema des eigenen Schattens konfrontiert.
Witold erzählte: "Die Geschichte war, dass ich die Tulpe
einzeln kaufen wollte, aber sie wollten sie nur verpackt in einem
Riesenstrauß anderer Blumen verkaufen. Ich habe gedacht: ich
lasse mich nicht verarschen! Ich lasse mir nichts andrehen, was ich
nicht haben will! Das habe ich nicht eingesehen. Da bin ich raus und
habe draußen nur bei einer einzigen Blume so ein bisschen die
Spitze abgeknabbert und ein Blütenblatt gezupft. Ich habe etwas
Verbotenes getan! Vielleicht gehört das zu dem Mittel mit
dazu?
In der C1 hatte ich zuerst das Gefühl, die Tulpe schmeichelt sich
irgendwie so ein. Dazu hatte ich das Bild: es ist Nacht und da ist ein
roter Vorhang. Er ist noch zugedeckt, aber es reizt, dahinter zu
gucken. Das Gefühl, mir wird eine Falle gestellt in der Tulpe, in
die ich irgendwann reintappen muss. Diese Falle kommt mir
sogar mechanisch vor, also sie bedient sich
meiner Triebstruktur, auf der ich ausgeliefert bin. Da gibt es
keine Chance.
Alle Zwiebelgewächse haben etwas mit äußerlichen
Schalen zu tun."
Teilnehmer 1
Für mich ist klarer geworden, worum es geht. Und zwar geht es hier
um eine Grenzüberschreitung gegenüber einem
Verbot. Davor ist etwas passiert. Da steht, glaube ich, eine
Frage dahinter.
Soweit ich das jetzt verstehe: es geht im Grunde um eine
Androhung von einem Kontaktabbruch, einem Verlassenwerden oder einem
Abwenden. Und nur, indem man jetzt den anderen verletzt, indem man ein
Verbot, ein Tabu übertritt – durch diese Wunde oder
Verletzung ist man überhaupt gekettet.
Also der andere sagt: "Wenn du das tust, dann verlasse
ich dich, oder ich breche den Kontakt ab!" Und das ist so, als ob
er sagen würde "Du machst das jetzt! Du verletzt mich jetzt,
damit wir aneinander gebunden sind." Es ist also genau das
Gegenüber.
Also die Drohung oder die Auferlegung des Tabus fordert dann
die Tulpe hervor. Und damit dann eine Bindung entstehen kann,
muss genau das getan werden, was nicht getan werden darf! Das
ist ganz paradox, weil genau das getan werden muss, was das Tabu ist,
und das Gegenteil soll damit aber erzeugt werden. Man will im Grunde
damit diese Beziehung aufrecht erhalten! Das ist also genau das
Gegenüber.
Dann habe ich an das Rotlicht-Milieu gedacht, wo das Verbotene reizt, und daran, dass in diesem Milieu gerade der Reiz im Verbotenen liegt. Es bekommt wie eine zusätzliche Energie durch das Verbot. Wenn es nicht verboten wäre, hätte das Ganze wahrscheinlich noch weniger Reiz.
In der dritten Stufe hatte ich dann: die Lösung aus diesem
Fluch, immer das Verbotene tun zu müssen scheint in der C2 zu
sein, dass man sich vom Gegenüber wünscht:
"Egal, was du tust – ich stehe zu dir und liebe dich
trotzdem!" Also man will im Grunde erlöst werden
davon, indem man hofft, dass der andere Partner sagt, du kannst machen,
was du willst, ich stehe zu dir und ich liebe dich.
Das ist dann wie der Fluch, die Tulpe leben zu müssen. Man ist
dann wie einem Fluch ausgesetzt: denn der andere hat ein Verbot
ausgesprochen oder ein Tabu – und du musst es dann tun,
weil die Tulpe kommt.
In der vierten Runde hatte ich dann den zentralen Satz:
"Es nützt nichts. Jede Zivilisierung, jede Grenze der
Menschen wird unterminiert."
Ich musste dann hinterher an diese Doppelmoral denken und daran, dass
eine Gesellschaft immer auch durch Tabus oder Verbote besteht. Einer
der Eckpfeiler von Zivilisierung sind ja auch Verbote oder Regelungen
– und die Tulpe ist dann so wie die ständige Unterminierung
davon. Und trotzdem kommt mir das vor, als ob das alles eine
künstliche Welt ist, die hat keinen eigenen Boden! Man
lebt ja nur durch das Verbot. Das macht nur das
"Anti", hat keine eigene Existenz. Da kommt wieder
das Zwiebel-artige für mich dabei raus – dieses: es ist nur
Schale.
Aber dann in der fünften Runde hatte ich dieses Lachen (mit
Teilnehmer 2 gemeinsam) und starkes Schwitzen an den Händen.
Lachen tut gut, es befreit einen erst mal von einem Korsett. In der C2
ist das wie eine Befreiung. Da habe ich gedacht, das ist wie
ein Substituierungsmittel für Zwangsneurotiker, die alles
so extrem verbissen sehen, vielleicht so ähnlich wie Medorrhinum:
ein Mittel was so ein bisschen die Leute erst einmal entspannt.
"Lass doch mal locker!" Es lockt aber auch so. Ich musste
viel daran denken, dass Prostituierte auch so locken: "Na, bist du
noch verklemmt? Trau dich doch!"
Dann verabschiedete sich das Mittel für mich in der C2 mit
"Folge der Spur, die verboten ist!" oder wo
du verloren bist. (Was heißt eigentlich "Salem
Aleikum"?)
Teilnehmer 2
Ich zittere am ganzen Körper. Bei mir fing es in
der ersten Stufe damit an, da habe ich wohl die Körperebene
nachgeholt. Und zwar: mein ganzer Körper zittert – wie ich
es kenne nach einem Orgasmus wenn er gut war: von
unten nach oben steigt es auf und es ist so das Gefühl von totaler
Offenheit. Ich bin völlig uferlos! Und denke mir aber so, ja nimmt
es denn nie ein Ende? Dieses Gefühl ist so, als wenn das
völlig endlos ist, und gar nicht mehr aufhört. Es
gibt gar kein natürliches Ende darin. Das nimmt mir aber mein
Menschsein! Das fühlt sich so toll an und offen. Ich will das
immer haben aber weiß: ich kann dann kein Mensch mehr sein.
Das ist wie uferloses Wachstum ohne jede Hemmung, ohne jeden Widerstand
– die totale Offenheit. Ich fühle das ganz stark in meine
Genitalien, da kommt es her.
Kann man so in diesem Zustand überhaupt etwas lernen oder als
Mensch wachsen?
Es ist aber erstaunlich schön für mich. Ich habe das
Gefühl, meine Genitalien sind wie die Zwiebel und mein Herz ist
wie die Tulpenblüte. Das nimmt überhaupt kein Ende, und das
macht mich auch traurig, dass das immer so weiter geht.
Ich muss es solange leben, bis es nicht mehr schön ist. Es ist
erst wahnsinnig schön, und ich muss es solange leben, bis es nicht
mehr schön ist. Dann sehe ich vor mir diese Tulpenblüte, wie
sie so in sich völlig kollabiert, sie wird dann so
stockhässlich.
"Es geht um puren Sex, hemmungslos, bis zum
Ende."
Ich habe das Gefühl, das Mittel heilt mich. Ich bin total
tulpenkrank! Es geht mir total gut damit. Ich schließe irgendwie
Frieden damit, dass ich so bin. Irgendwann wenn man dann so viel Sex
gemacht hat völlig hemmungslos – ist die Zwiebel, also der
Boden, völlig verschrumpelt und lasch, die Blüte kollabiert
plötzlich und dann wird sich eine pralle Samenkapsel bilden.
Vorher war die Zwiebel prall und dann ist die Samenkapsel prall –
dann ist es vollbracht und er kann dann in Ruhe reifen.
Es geht alles so superschnell, finde ich. Auch dieses
Tulpenwachstum ist so "sssssssst bum!"
Es hat alles eine gewisse Unschuld, ohne aber ein tiefes Menschsein zu
haben. Es ist die pure Gier.
Dann habe ich plötzlich so ein Bild gehabt, dass ich in der Praxis
sitze und dann kam der Satz "Die pure Gier treibt die Menschen zu
mir in meine Praxis. Ich bin eine Tulpe und verlocke sie. In
Wirklichkeit prostituiere ich mich total. Sie wollen es haben,
dass ich wie ein Tulpe bin." Ich tue es zwar (da denke ich wieder
an Sex), aber ich bin es müde, es ödet mich an, es ist mir
völlig egal. Aber ich mache so weiter, bringe es zu Ende.
Dann frage ich: Gibt es da überhaupt ein Ende, oder muss ich
selber irgendwie aussteigen, damit es kein böses Ende gibt?
In der 5. Stufe dann, als ich so losgeprustet habe, dachte ich: Es
ist mir alles völlig scheißegal! Meine Sicherungen knallen
durch! Ich bin nur pure Lust. Ich bin eine Prostituierte!
Das ist für mich das Zentrale: eine Prostituierte sein. Dann
für mich der zentrale Satz: "Ich muss die Welt ins
Nichts auflösen." Das ist meine Aufgabe. Ich bin
selber dabei völlig leidenschaftslos. Ich bin
halt pure Lust, das ist halt so. Niemand kann mir widerstehen. Ich bin
purer Sex. Ich bin eine 6 (im Eneagramm). Was danach kommt, ist mir
völlig egal! Nach mir die Sintflut, bitte.
Ich habe mich total geschämt. Es war so paradox. Eigentlich war
es mir alles so scheißegal. Aber irgendwie habe ich mir doch
gedacht: peinlich ist es mir schon! Dann ist das zentrale Gefühl:
ich hoffe die ganze Zeit, dass es bald vorbei ist! Denn dann ist meine
Aufgabe vorbei und es ist vollbracht. Ich hoffe, diese Verreibung ist
jetzt bald vorbei. Ich hoffe, mein Leben ist jetzt bald vorbei. Dann
denke ich plötzlich: wie eine Prostituierte! Die vögelt mit
ihren Typen und denkt auch dabei die ganze Zeit, hoffentlich ist es
bald vorbei! Es macht mir schon längst keinen Spaß mehr! Sex
und Lust ödet mich an, langweilt mich. Ich will endlich etwas
anderes leben, etwas menschlicheres!
"Die Tulpe ist die letzte Beschleunigung des
Untergangs." Die pure schale Gier.
Völlige Nüchternheit (das finde ich total abgefahren:
ich bin total nüchtern!) in Verbindung mit absoluter
Hemmungslosigkeit und Lüsternheit. Also es ist alles zu
spät.
Teilnehmer 3
Es geht augenblicklich los, schon in der ersten Minute des Kontakts!
Ich werde ganz schwach – wie ausgelutscht, als hätte
ich mich todejakuliert – die Lebenskraft weicht aus mir
und ich habe sie für eine völlig falsche Sache
draufgegeben.
Mein Körper ist noch da, aber mein Geist hat sich auf der Sucht
nach dem körpereigenen Glückshormon ins Nirwana geschossen.
Das ist völlig absurd, weil dort – im Nirwana hat er keinen
Bezug mehr zu irgendetwas, nicht mal zu sich selbst – und damit
auch keine Möglichkeit für Glück und Lust.
Ein flirriges Gefühl ist in meinem
Körper, wie wenn man stundenlang bis kurz vor den Orgasmus
getrieben wird. Irgendwo ist es noch geil, weil man hofft noch
auf den letzten Kick, aber eigentlich bin ich in dem Zustand schon gar
nicht mehr richtig da. Meine Beine, die den Mörser halten, zittern
vor Schwäche, die Haut am Körper und an den Händen ist
ganz kalt geworden. Was ich nicht verstehe: man wünscht sich doch
eigentlich in der Lust zu einem anderen hinzuströmen - aber ich
erlebe hier, dass sich die Energie im Gegenteil körperlich immer
mehr nach innen zurückzieht.
An diesem Punkt geht ein Text los und spricht. "Hier
geht es um den Kick!" Ich frage mich, was der Sinn des
Kicks ist und spüre – eigentlich fängt die Krankheit
der Geschichte schon viel früher an. Wenn man einen Kick braucht
oder ihn sich wünscht, ist man schon vorher gar nicht mehr richtig
hier und im Jetzt.
Der Kick ist dann ein Stoß (Kick) noch weiter aus dem Leben
hinaus und er gelingt nur, wenn das Prinzip der 8 wirkt und uns
dadurch, obwohl wir in die falsche Richtung gekickt haben, wieder in
das Leben hinein stößt. (Hier meldet sich das Thema des
Kupfervitriols). Was aber, wenn das Prinzip der 8 nicht mehr wirken
kann, wenn etwas falsch gelaufen ist, wenn wir unsere Energie
vielleicht verspielt haben, vielleicht durch zu viele
Kicks?
Dann wird man wahnsinnig, zu einer Hülle ohne Bezug. Oder man
stirbt. Man hat den Körper allein gelassen, ihn missbraucht.
Ich setze noch mal an und frage mich, wie man so weit gekommen ist,
warum ein Mensch in diese Krankheit gelangt? Was hier völlig fehlt
ist ein heiles In-sich-ruhen, ein gesundes auf sich selbst bezogen und
gehalten sein, eine innere Quelle, die dich führt und wärmt.
Deshalb ist der Flusskrebs auf der Körperebene eine Antwort auf
den Kick.
Was aber, frage ich mich, wenn das Dilemma schon seinen Gang genommen
hat? "Dazu warte auf die C3." (An dieser Stelle, bereits eine
Seite voller Text, hatte ich erst 20 Minuten verrieben. Das Mittel
zeigt sich auch hier völlig überstürzt.)
"Der Kick ist der Versuch, das Prinzip der 8 für sich
auszubeuten."
"Was aber ist der Sinn, der tiefere Mechanismus, der dieser
Geschichte zu Grunde liegt?" (Beim Schreiben beobachte ich, dass
diesmal auch die Fragen als Text zu mir sprechen – und das
völlig vorzeitig schon in der C2!) "Man will schon da
sein, das volle Glück genießen, ohne etwas dafür getan
zu haben." Das verstehe ich nicht. Das ist doch das Thema
der Drogen!? Antwort: "Die Tulpe ist eine
Droge!"
"Hier geht es um eine ganz spezielle Form von Glück.
Du willst das Glück, das dir der Körper verschafft,
ohne dich den Gesetzen der Materie zu beugen! Es geht um virtuelles
irdisch-sein. Der Last der Erde willst du dich nicht beugen,
du willst dich (was eurer Gesellschaf scheinbar zu glücken
scheint) den Gesetzen und Pflichten der Erde entziehen und doch das
ganze Glück ernten, das nur im Dienst an der Erde dir
zusteht.
Du willst ernten ohne zu säen, ernten ohne zu pflegen, ernten ohne
zu ernten.
Die Tulpe ermöglicht dir diesen Weg, denn sie kann auch ohne
Wurzeln wachsen.
Aber es ist ein Weg in die Verderbnis, in den Nicht-Kontakt, ins
Nirwana.
Insofern steht sie sogar für all eure Faszination an den
virtuellen Welten, in denen ihr euch einen Kick holt, der bis zum
Orgasmus geht. Dieser Orgasmus ist wie Plastik. Blumen aus
Amsterdam.
Was aber, wirst du mich fragen, soll ich denn tun, wenn ich diesen Kick
wünsche, wenn ich mir Befriedigung sehne, die meinen Tag
erhellt.
Es wird dir nicht gefallen, aber die einzige Antwort, die ich
dir geben kann, ist auf die Arbeit zu verweisen. Du wirst
diese Antwort in einer Wurzel finden. Aber du kannst die Antwort nicht
schlucken, du tust die Arbeit nicht, indem du sie schluckst – du
musst sie leisten!
Wie sieht es aus in deinem Leben mit Familie, mit Kindern, mit dem
Dienst an der Natur?
Die Antwort ist unbefriedigend – und dafür willst du einen
Kick? Gut, ich gebe dir den Tritt." (In diesem Moment fängt
Teilnehmer 2 wie irr an zu lachen, wird knallrot, sagt "Es ist
peinlich." und fragt "Ist es nicht bald vorbei?")
Dieses Mittel ist unheimlich schnell, denke ich. Wie kann es so tun,
als käme ein C4-Text schon in der C2? Dieses Mittel erhebt sich
über die Zeit! Es tut so, als müsste man die Zeit nicht
respektieren. Es tut so, als bräuchten Dinge nicht ihre Weile.
"Du willst den Lohn der Erde, ohne der Erde gedient zu
haben."
Während dieser Stunde habe ich einen Achselgeruch entwickelt als ob ich stundenlang onaniert hätte. Das ist mir peinlich und ich verstehe es auch nicht, weil ich gebadet habe und auch frische Kleidung trage.
Für mich hat die Tulpe eher die Qualität einer Nosode. Sie hat überhaupt keine Lösung, aber sie öffnet einem sozusagen erst einmal die Augen für die Krankheit, in der man ist.
Teilnehmer 1
Es geht wirklich um die Öffnung von Grenzen, um
Grenzüberschreitung bei der Tulpe – und zwar um eine Art
Befreiung von Anstauungen einer Umgrenzung.
Also die Tulpe ist der Orgasmus. Das ist
einfach der Archetyp von Orgasmus! Es ist überhaupt der
Wachstumsprozess, der Grenzen sprengt, der orgiastisch ist.
Ich habe den Sinn in der C3 für mich so gesehen: Da gibt es einen
Zyklus zwischen Grenzensetzung, Verboten und dass man sie
übertritt. Die Arbeit besteht im Grunde darin, sich immer an
diesen Grenzen und Tabus abzuarbeiten, um sie irgendwann einmal zu
sprengen. Das ist dann im Grunde der Orgasmus der Gesellschaft. Das ist
der Zyklus der Tulpe für mich. Und nur dafür sind die Grenzen
auch da.
Es geht also in der Tulpe nur um den Orgasmus, und um gar nichts
anderes. Alles ist im Grunde ein Spiel darum. Ohne diese
Arbeit wäre diese Grenzübertretung und der Orgasmus billig,
der wäre dann nichts. Es muss im Grunde vorher so ein Spiel gehen,
es muss einen echten Konflikt geben. Also die Tulpe braucht im
Grunde den Konflikt für einen richtigen Orgasmus. Und das Problem
ist eher, wenn man diesen Konflikt umgeht. Das ist so, als ob
man den Bogen nicht spannt. Man würde den Pfeil abschießen,
und der fällt fast gleich wieder runter. Man muss im Grunde den
Bogen spannen.
In der nächsten Stufe kam: bei der Tulpe muss immer das
getan werden, was nie getan werden darf. Oder es muss das
gedacht werden, was nie gedacht werden durfte. Es sind also
Tabus da und die Tulpe muss das tun. Es ist also das Mittel der
Grenzüberschreitung schlechthin, ganz generell. Es ist darum auch
das Wachstumsmittel überhaupt. Für mich ist
es ein Mittel aus dem C6-Pol, wo es um die Überschreitung von
Grenzen und von Strukturen geht.
Aus der Sicht der Tulpe sind Tabus immer Lügen!
Sie halten uns von der richtigen Erfahrung ab. Freud, der
diese Tabus aufgestellt hat, war ein Neurotiker für die Tulpe!
(Freud hat ja diese ganzen Grenzen gesetzt, was das Verhältnis
zwischen Patienten und Therapeuten angeht. Nach der Tulpe ist das ein
Neurotiker. ) Also es geht bei der Tulpe darum, Strukturen
aufzulösen, zu enthärten, zu überschreiten. Im Grunde
ist es die Funktion des Orgasmus in der Kultur – die
Verführung zur Grenzüberschreitung. Der ewige
Wachstumsimpuls.
Die Tulpe ist der Antagonist vom Kalium. (Kalium setzt Grenzen und
schränkt ein und macht im Grunde diese Mauer.) Das Ganze hat aber
keinen eigenen Sinn, sondern ist einfach pur da – eine pure
orgastische Potenz ohne Sinn.
Der Ausklang war in der sechsten Stufe ganz spannend für mich. Da ging es um den Satz: "Anerkennen, was ist." Die Tulpe sagt also: "Wenn etwas verboten werden muss, dann muss es ja da sein. Dann erkennt man es im Verbot nicht mehr an! Es geht aber bei der Tulpe dahin, wenn es verboten ist, dann muss es da sein, dann muss es jetzt gemacht werden!" Damit fühle ich mich sehr gut!
Teilnehmer 2
In unserem Pausengespräch musste ich ganz viel an mein Leben denken. Heute Nacht im Traum war ich in der Kaba (dem Heiligtum der Muslime) und habe etwas Verbotenes getan. Ich bin da hochgeklettert, um dort in die Geheimnisse einzudringen. Ein muslimischer Kaba-Wächter hat mich erwischt, als ich da gerade so hochgeklettert war, an der Reling hing und drohte runterzufallen. Er sagte: "Andere Leute sind dafür schon hingerichtet worden!" Aber dann hat er mich trotzdem dort hinein gelassen. Und dann hat er mich da oben in einen Blumenladen geführt! Da bin ich aber aufgewacht. Daran musste ich jetzt wieder denken.
"Ich glaube, ich sollte lieber Gärtner werden", habe ich mir aufgeschrieben. Das ist wirklich so ein Gedanke von mir: meinen Beruf an den Nagel hängen, ein ganz banaler Gärtner zu werden.
Ich hatte die ganze Zeit diesen Satz: "Bringen wir es zu
Ende!" Ich will, dass ich jetzt endlich sterbe. Ich bin wie
betäubt, bekomme nichts mehr mit. Ich habe mein Mensch-Sein
völlig aufgegeben! Es ist alles völlig sinnlos, was ich tue,
mein Leben. Ich bin unverstanden und verstehe auch nichts. Es ist schal
und abgeschmackt. Ich habe versucht, über den Sex und die
völlige Enthemmung aus meinem 6-er – Dasein mich meinen
kulturellen Zwängen und der Gesellschaft herauszukicken oder
heraus zubrechen.
Das ist ganz zentral. Ich habe das Gefühl, das ist ein Mittel
für Menschen, die so in diesem Sechsertum drin stecken. Auch
für mich als Sechser, dass ich so in gesellschaftlichem
Kettendasein festgezwängt bin. Ich habe also versucht, das
über Sex zu brechen und stelle nun fest, dass ich dadurch nur um
so tiefer in die Zwänge und Bindungen hinein geraten bin.
Ich habe aufgegeben und füge mich nun in mein Schicksal ein, ein
kleines Rad im Getriebe der Welt zu sein. Nicht einmal der Sex konnte
mich davor bewahren. Hoffentlich ist es bald vorbei! Die Welt ist ein
Gefängnis!
Es ist alles völlig abgeschmackt in unserem Leben. Mittels des
Sexes versuchen wir, uns noch etwas Freude und Befriedigung zu
verschaffen. Aber es ist hoffnungslos, sinnlos. Der Sex ist erst recht
der Untergang meiner Individualität und meines Menschseins. In
diesem Moment sehe ich so ein riesiges Tulpenfeld. Eine Tulpe neben der
anderen. Diese Massenware "Tulpe" – das ist alles so
ein Scheiß! Gott gib, dass das alles bald vorbei ist!
Ich kann mein Ketten-Dasein nicht akzeptieren. Ich habe es als
Prostituierter versucht und stelle nun fest, dass ich das System gerade
dadurch stabilisiert habe. Mir wird das in diesem Moment so
gesellschaftlich klar: Die Prostitution stabilisiert eigentlich das
System, weil sie der Veränderung der individuellen Kraft der
Menschen einfach die Energie absaugt! So bleibt alles beim alten.
Es ist zum Heulen, aber ich bin völlig apathisch. Scheinbar leide
ich zwar unter dem Alten, und denke immer so, "ich will was ganz
Eigenes machen". Aber nun stelle ich fest, dass ich in
Wirklichkeit eine tiefe Abneigung gegen das Neue und die Revolution
trage. Ich betäube mich mit Sex und entziehe mich!
Dann habe ich diesen Satz gehabt "Prostitution oder
beruflicher Sex ist wie Tulpen für das Volk." Durch
Verbot und Reglementierung (ein bisschen auf Teilnehmer 1 bezogen) und
daraus folgende Übertretung wird die bestehende
Gesellschaftsordnung aufrecht erhalten. Deshalb muss auch der
Staat und die Gesellschaft den Sex so reglementieren. Denn wäre er
nicht reglementiert, wäre nicht das Problem, das alle Sex machen
würden und dann Revolution, sondern dass eben keiner mehr
Sex machen würde und man die Energie dann in wirkliche Revolution
stecken würde!
Mein Grundgefühl ist: dadurch dass wir vögeln und glauben,
wir würden uns dadurch befreien, vögeln wir (gerade in der
Tulpe) statt etwas Vernünftiges zu tun, etwas Sinnvolles, das uns
mehr Freiheit geben würde. Dann musste ich an die tantrische
Weltsicht denken, in der alles miteinander verbunden ist. Da ist diese
Bindung auch da, aber irgendwie ist sie anders.
Bringen wir es hinter uns (ich bin etwas deprimiert)! "Es geht gar
nicht darum, frei zu sein! Das System soll stabilisiert
werden."
Dann hat Teilnehmer 3 gesagt: erst die Arbeit und dann das
Vergnügen. Ich muss kotzen! Es ist ungefähr so Scheiße,
wie diese Scheiß-Gesellschaft. "Erst die Arbeit, und dann
das Vergnügen" – und alles bleibt beim Alten! Du
arbeitest und vögelst mit deiner Frau, und dann wieder zur
Arbeit.
Das Leben kotzt mich an! Das macht alles keinen Sinn! Sex ist ein
Gefängnis. Ich will Natrium-causticum nehmen, damit ich endlich
wieder Sinn finde in meinem Leben! Ich dachte immer, Sex ist der
Ausbruch, der Weg in die Freiheit. Aber in der Tulpe ist das genau das
Gegenteil!
Und zum Schluss sitze ich nur noch so schaukelnd, hospitalisierend hier
auf meinem Stuhl und denk irgendwie "betäubt mich!".
Teilnehmer 3
"Wie sollen wir eine Hinbewegung nennen, die kein Ziel,
kein Gegenüber mehr kennt (denn um eine solche handelt es
sich bei der Tulpe)? Eine Hinbewegung, die nur dem Kick hinterher
rennt, der der Seele aber keine wahre Befriedigung mehr verschaffen
kann, weil der Boden unter den Füßen fehlt?
Sie wird auf Ewig ins Leere laufen und die Seele in ein Nichts
führen, wo sie weder zu sich selbst, noch zu irgend etwas anderes
Bezug hat. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob du einstmals einen
Körper gehabt hast. Er ist nun sinnlos geworden wie die Zwiebel
für die Tulpe, zu nichts mehr nütze. Dein Körper hat
dich auf ewig verloren. Wie aber geht es dir in diesem Zustand?"
Ich merke, es ist ganz schrecklich. Ein Nirwana der Ereignislosigkeit.
"Es ist wie ein Flug durch das Nichts – zeitlos, raumlos.
Denn der Flug folgt auf den Kick.
Verbleibe nun diese Stunde im Zustand dieser Beziehungslosigkeit (zur
Erde), damit du spürst, wie der Lohn deiner Nicht-Arbeit
ist!"
Es fühlt sich dann ganz schrecklich an, so allein zu sein. Niemand ist da, der zu mir spricht. Nicht einmal eine innere Stimme meldet sich den Rest der Zeit.
2: | Für mich ist es klar, dass wir schon irgendwie
das selbe Thema haben, aber aus völlig unterschiedlichen
Seiten. Ich habe irgendwie das Gefühl, ich steckte noch nie so in diesem Kalium-Scheiß wie jetzt in dieser Tulpe! (Ich hasse Kalium, das Sechser-Dasein ist mir so zuwider!) Genau das, was Teilnehmer 1 postuliert hat, habe ich ja so getrieben! Und jetzt stecke ich irgendwie innerlich so fest! |
3: | Ich erlebe das auch so. Ich erlebe diesen Zustand des Dauerorgasmus, des immer-weiter- Wachsens als eine totale Mauer! In dem ich dann überhaupt nicht zu etwas Bezug nehmen kann, weder zu mir selbst noch zu einem Gegenüber! |
1: | Das ist spannend. |
3: | nur noch zu wachsen... |
1: | reines Wachsen ja. Einfach auch sinnlos. |
2: | An dem Punkt treffen wir uns wieder. |
1: | Ja, das Wachsen ist einfach sinnlos. Aber es ist wie
so ein Prinzip für mich: die Tulpe sucht überall da, wo
eine Grenze ist und fragt: warum ist da eine Grenze? Wenn da eine
Grenze ist, dann muss da eine Wahrheit dahinter liegen – also
sprenge sie sofort! Das ist im Grunde die ganze Arbeit, die die
Tulpe leistet. Das Problem ist eher, wenn man sagt, ich will die Grenze nicht haben und davor ausweicht. Der frühzeitige Orgasmus, der bringt ja nichts. Der ist ja im Grunde zu früh rausgeflutscht. Aber diesen Konflikt durchstehen und sagen: Was ist da für ein Tabu? Was soll das? |
2: | Mir geht es darum: ich habe vor ein paar Tagen erst wieder gelesen, man kann zwar ganz viele Arbeit tun, aber wenn man die Arbeiten tut, die man gar nicht als Aufgabe hat, ist das total sinnlos. Ich glaube, es ist nicht von ungefähr, dass ich irgendwie an dieses Natrium-causticum denke. Ich habe das Gefühl, ich kann das zwar alles sprengen, aber das macht irgendwie so gar keinen Sinn für mich! |
1: | Das verstehe ich nicht. |
2: | Dieses Wachstum hat für mich überhaupt keinen Sinn! |
1: | Du wünscht dir lieber, dass du in den Grenzen drin bleibst? |
2: | Sinn gibt es in diesen Grenzen, oder wie? |
1: | Weder noch, glaube ich. Ich glaube, die Sinnfrage
ist weder in der Grenzziehung noch in der Grenzsprengung drin. Die
ist darin gar nicht enthalten. Eine Gesellschaft oder eine
Zivilisation baut sich einfach durch bestimmte Regeln auf. Und die
Tulpe hat irgendwie die Aufgabe zu sagen: "Was? So?
Nee!" Es muss ja irgendwie ein Kraft geben, die das in Frage stellt! Ich finde das ganz logisch |
2. | Ja. |
3: | Was für mich komisch ist, ist dass dieser
Aspekt den du jetzt favorisierst, bei mir überhaupt nicht
ankommt. Ich spüre den Aspekt der Grenzverletzung
überhaupt nicht! Teilnehmer 2 hat aber irgendwie von unseren
beiden Seiten etwas. Dann geht es wahrscheinlich doch eher um eine
Synthese, die wir beide aber nicht haben. Für mich ist es wirklich von Anfang an ein Mittel der Beziehungslosigkeit, der Bezugslosigkeit, wo ich überhaupt keinen Sinn drin finde. Das Orgasmusgefühl war schon gleich unbefriedigend am Anfang. "Wachstum", habe ich gemerkt, ist für mich auch der falsche Begriff (ich weiß auch gar nicht, ob ich ihn verwendet habe), weil es nur um die Bewegung hier geht, aber überhaupt nicht um Wachstum als moralische Kategorie, im Sinne von Entwicklung beispielsweise, sondern nur als Bewegungs-Begriff. |
1: | Dann ist eindeutig, dass du darunter leidest! Aber ich habe das Gefühl, ich leide darunter nicht. |
W | Ich habe da schon darunter gelitten, als ich dachte, "Die Scheiß Tulpe, jetzt muss ich dich endlich mal verreiben!" Da habe ich den Zustand, wo du jetzt auch gerade drin bist deutlich gefühlt. |
1: | Aber ich verreibe mich da jetzt raus. Ich habe das Gefühl, jetzt verstehe ich die Tulpe, was sie eigentlich will und wozu sie da ist. |
3: | Aber deinen Aspekt erkenne ich eben in diesem dem Orgasmus hinterherhechelnden Zustand nicht, den ich erlebt habe. Den Grenzverletzungsaspekt finde ich darin überhaupt nicht. Bei Teilnehmer 2 hat sich aber beides überschnitten. |
2: | Nachdem ich diesen Orgasmus hatte, hatte ich ja
wirklich diesen Satz "Was danach kommt, ist mir völlig
egal! Nach mir die Sintflut, bitte." Der Punkt, womit ich nicht klar komme ist, dass es gar keinen Sinn macht! In dieser Tulpe ist irgendwie gar kein Sinn enthalten außer dem, dass sie alles sprengt! Damit komme ich nicht klar. Ich habe das Gefühl, ich kann jetzt mein ganzes Leben alles sprengen, was ich ja im Prinzip auch anstrebe: ich möchte meine Leben als einen einzigen Orgasmus gestalten. |
1: | Dann bist du voll Tulpe! |
2: | Dann bin ich voll Tulpe. Aber wo bin ich denn dann? |
3: | Was hat der Orgasmus mit der Grenzüberschreitung zu tun? |
1: | Der Orgasmus selber ist die Grenzüberschreitung! |
2: | Ja, stimmt. |
1: | Du hast eine Grenze und weißt, du darfst nicht. Und dann knallst du irgendwie darüber und hast den Orgasmus! Das ist einfach so. |
2: | Ja, das stimmt, das erlebe ich auch so. |
1: | Du spannst den Bogen, und dann geht es los. Loslassen ist das Thema beim Orgasmus. |
2: | Jedenfalls kriege ich jetzt eine klare Frage. Es müsste auf der C4 vielleicht auch irgendwann kommen, was das für ein Sinn ist. |
1: | Also für mich ist eure Frage nach dem Sinn bei
der Tulpe einfach falsch gestellt! Wenn ich aus meinem
Verständnis von der Tulpe heraus schaue sage ich: Was fragt ihr
nach dem Sinn? Die Strukturen sind doch auch sinnlos, die gesetzt
wurden! Die sind einfach nur dafür da, damit ihr eine
Zivilisation habt. Aber mehr Sinn haben sie nicht! Natürlich ist das nur ein reines "Anti". Das was vorher die Mauer gesetzt hat, hat ja auch nur einen begrenzten Sinn oder hatte keinen Sinn außer dass es vielleicht eine Struktur geschaffen hat. Die Struktur als Selbstwert vielleicht. Aber die Tulpe sprengt das eben. Da sucht ihr was, was sie nicht bietet! |
2: | Damit kann ich schon ein bisschen besser leben. Das leuchtet mir irgendwie ein. |
1: | Ich weiß nicht, ob du damit leben sollst. Mich hat es damals so aufgeregt bei dem homöopathischen Sonntag zu Carcinosin. Da hat jemand einen Vortrag gemacht über Wilhelm Reich und die orgastische Potenz und diese ganzen Sachen. Das fand ich unter Carcinosin ziemlich daneben. Ich habe gedacht – der nimmt die Krankheit überhaupt nicht ernst! Der setzt einfach das Gegenteil und sagt "Sei doch mal locker und mach deinen Orgasmus – und dann hast du kein Krebsthema!" Aber jetzt in der Tulpe würde ich das völlig verstehen. In der Tulpe wäre das genau der richtige Vortrag gewesen. Das ist der ganze Körperpanzer und der ist verspannt – und den musst du sprengen. Das ist Tulpe. |
3: | Es ist schon seltsam. Bei mir kommt das genau als Krankheitssymptomatik, was du als gesund darstellst. |
1: | Bei Carcinosin habe ich das als krank erlebt. Weil
er das, was die Kraft uns sagen will überhaupt nicht anerkennt,
sondern einfach das Gegenteil setzt. (Also nach dem Prinzip der 2,
einfach das Gegenteil zu setzen.) Und Teilnehmer 3 kann ich verstehen mit dieser Arbeit. Für einen richtigen Orgasmus muss man auch richtig hart arbeiten. Da kann man nicht einfach sich so hinlegen und sofort drin sein. Da ist nichts, das bringt es nicht! Du musst ja wirklich auf einen echten Konflikt eingehen, dich auf ein Gegenüber einlassen, und so weiter! Ich erlebe das ja bei mir so, dass nach starken Streitgesprächen der Sex viel viel besser ist. Also wenn der Konflikt ausgetragen wird, ist es wirklich toll. |
2: | Wahrscheinlich ist es so, wenn man sich –
genau wie du sagst – auf die Kultur einlässt und auch auf
die Zwänge eingeht und dann die Zwänge sprengt –
dann macht die Tulpe plötzlich auch wieder ganz viel Sinn. Dann
ist sie am richtigen Ort. Aber wenn man sich so in eine Orgasmus-Welt zurückzieht, wo man ständig nur ejakuliert – dann wird es plötzlich zu so einer Art Sucht. |
1: | Ja, das ist schrecklich, das geht nicht. Dann wird es sinnlos. |
3: | So habe ich es erlebt. |
Teilnehmer 1
Die Tulpe ist für mich ein "Anti"-Mittel. Bisher hatte
ich so etwas nur bei Antimonium crudum. Aber dort kam man in einen
Zustand, der Gesellschaft zu zeigen, wie Scheiße sie ist. Hier
geht es aber auf eine positivere Art um das "Anti" –
eben durch das Sprengen.
Der Kernsatz war für mich bei der C4: "Es ist, was ist."
Es geht im Grunde um eine Akzeptanz von allem. Das fühlt sich
für mich ganz wertfrei an, ganz klar und ganz interessenlos in der
Tulpe. Es hat ganz enorm angefangen in der C2 und hat nun ganz einfach
geendet – überhaupt nicht spektakulär. Es geht
im Grunde auch um eine Akzeptanz sexueller Mechanismen oder den ganzen
Sachen, die verboten sind.
Plötzlich hatte ich in der C4 einen ganz klaren Blick bekommen.
Auch darüber, was Süchte sind oder Sehnsüchte der
Männer sind und so weiter. Dabei das Gefühl: jeder bekommt
eben das, was er dabei braucht. Das ist so. Nichts ist daran verboten
oder verrucht! Also ein sehr offenes Gefühl habe ich dabei
bekommen, überhaupt nicht verlogen. "Offen" in dem Sinn,
dass man offen schauen kann, welche Mechanismen da ablaufen, und worum
es dabei geht, auch in der Prostitution. Das ist natürlich
letztlich nicht offen, denn wir haben ja eine Doppelmoral in unserer
Kultur! Aber in der Tulpe ist eben diese Seite ganz offen da.
Wo es um Verführung und Sünde geht, ist hier
völlig akzeptiert. Der Sinn des Mittels ist gerade Verführung
und Sünde. Wenn man das akzeptiert, dann hat jeder Schrecken ein
Ende. Wenn man sagt, diese ganzen Grenzüberschreitungen
sind okay so, dann ist es völlig in Ordnung. Ganz deutlich
für mich ist auch: weil es ein "Anti"-Mittel
ist, gibt es keine Lösung! Wenn ihr nach Lösungen sucht, dann
seit ihr verloren. Darum geht es hier nicht.
Zum Thema, man muss akzeptieren, wo man ist: Irgendwo hatte ich so eine Sequenz, da sagte eine esoterische Frau zu mir "Wir gehen jetzt in eine Kultur über, da wird sich die Zeit auflösen. Wir leben dann nicht mehr in der Zeit, sie spielt keine Rolle mehr." In der Tulpe-C4 war ich plötzlich völlig wütend auf sie und habe gesagt, im Grunde musst du doch akzeptieren, dass wir Zeit haben und bekommen haben! Wenn du das nicht akzeptierst, willst du dich da nur hinaus stehlen. Also so "Anti" zu sein, dass man sagt, ich hau da einfach ab, ist im Grunde gar nicht das Thema von Tulpe, sondern zu sagen "Bleib in dem Problem drin und mach da dein Ding!" Also nicht die Grenzen zu sprengen indem man sagt, ich geh ganz und gar raus!
Am Schluss kam ich noch einmal auf die Frage, die für mein persönliches Leben noch einmal die zentrale war: es war ja in der C2 das Thema, dass es ein Beziehungsmuster gibt, wo man immer Grenzen übertritt, damit man den anderen verletzt, damit dieser gebunden ist. Dahinter steckte der Wunsch: nimm mich doch mal so, wie ich bin. Für mich war ja die Frage, ob wir das in der C4 noch genau so sehen werden. Aber es bleibt dabei. Wenn du mich nicht so akzeptieren kannst, wie ich bin, dann musst du eben leiden. Dann musst du es eben alleine ausbrüten. Das blieb so. Das ist dieses "Es ist, was ist." Du kannst dir ja ein Wunschbild von mir machen – aber es ist, was ist! Die Lösung ist, es bleibt der Konflikt.
Teilnehmer 2
Bei mir fühlt es sich jetzt ganz okay an. Das hat auch gleich in
der C4 angefangen. Ich musste erst mal tief seufzen. Dann hatte ich so
eine Art Text:
"Mich, die Tulpe, zu leben macht nur Sinn in deinem Leben,
wenn du den Widerstand lebst." Das war für mich
total zentral. Ich musste mich an die C2 erinnern. Da hatte ich das
Gefühl, diese Tulpe schießt so empor, und es ist irgendwie
ganz schlimm, dass sie von der Welt gar keinen Widerstand kriegt. Sie
hat solche Power und dadurch verpufft die so!
"Wenn du eine Reibungsfläche hast zu deiner Umwelt,
macht es Sinn. Ohne eine Reibungsfläche verpufft meine Kraft ins
Nichts. Du musst den Widerstand leben! Widersteh, und dann gib dich
ganz hin. Dann macht meine Kraft – pure Lust – erst Sinn.
Darin entzündet sich das Feuer der Revolution, an nichts
sonst." Also nicht zu Prostituierten gehen sondern leben,
da wo es wehtut - nicht, wo es erlaubt ist. Bei Prostituierten ist es
ja schon wieder erlaubt, das zu leben.
"Der Sex muss das Gegenteil sein von Angepasstheit. Er
muss ein Risiko beinhalten." Dann dachte ich, dass ist so
eine Differentialdiagnose zu Hyoscyamus und den
Nachtschattengewächsen. Die haben ein ganz ähnliches Thema.
Doch im Gegensatz zu den Nachtschattengewächsen, wo es eine
natürliche Sexualität ist, geht es bei der Tulpe um eine
künstliche.
"Es muss ein Risiko beinhalten. Das ist es. Sonst ist es schal und
abgeschmackt." Das ist das Gegenteil von der Sykose, von
symbiotischer Verschmelzung. Denn in symbiotischer Verschmelzung hat
man gar keine Reibung mehr. Da ist man sich so eins und in der Stimmung
"wir wollen ja alle das selbe" – und dann ist alles so
lasch! Deshalb ist die Tulpe genau das Gegenteil, wenn man sie richtig
lebt.
"Die Tulpe ist die Antwort auf ein kulturell –
das heißt: künstlich geschaffenes –
Problem." Es ist nicht wie bei den
Nachtschattengewächsen das natürliche Problem, weil wir diese
Triebe haben.
"Ich trage keinen eigenen Sinn für dich. Mein Sinn
liegt in der Auflösung der dir von der Gesellschaft auferlegten
Grenzen. Diese rufen mich auf den Plan. In ihnen findest du deinen
Sinn, denn sie geben deinem Dasein den Rahmen und die Reibung, an der
du den Sinn erst schöpfen kannst. Ich verstärke deine Reibung
an diesen Grenzen, lasse dich und deine Umwelt den Widerstand
spüren, an dem sich das Feuer erst entzünden kann. Reibung
bringt Wachstum. Darum geht es.
Also akzeptiere dich in den Grenzen, die dir gesetzt sind, aber
akzeptiere nicht die Grenzen, die dir gesetzt sind!" Also
ich muss mich in den Grenze, die mir gesetzt sind akzeptieren, z.B.
meine Arbeitsstelle. In diesen Grenze sagen mir die Kollegen: "Das
sind deine Grenzen." Aber ich darf die Grenzen, die mir gesetzt
sind, nicht akzeptieren. Das ist für mich ganz entscheidend. Denn
wenn eines von den beiden nicht mehr da ist, kann man keine Reibung
mehr haben!
"Sonst kannst du nicht an ihnen wachsen, sondern wirst zum
Mitläufer. Das ist dann das Gegenteil von erfüllter
Sexualität. Die Kraft wird dich verlassen und du verlierst jede
Fähigkeit, dich zu widersetzen und so die Kultur mit zu gestalten,
in Veränderung, Wandlung und Wachstum zu halten.
Deine orgiastische Potenz wächst mit deiner Bereitschaft zu
Widerstand, Konflikt, Reibung – ganz einfach! In mir geht es
nicht um deinen Sinn. In mir ist die Kraft, die du brauchst, um in
deinem Leben die nötige Reibung zu erzeugen, damit es Sinn macht.
Du musst die Kraft in die rechte Richtung lenken: dorthin, wo
es knallt! Sonst ist dein Leben wie das eines Hamsters! Er
sitzt im goldenen Käfig und rennt im Laufrad umher. Irgendwann ist
er leer und tot. Das findet an den Grenzen statt."
Bei der C3 hatte ich am Ende ganz schnell gerieben und habe mich dabei
gefühlt, wie ein Hamster. Da habe ich immer schneller gerieben,
aber es hat überhaupt keinen Unterschied mehr gemacht.
"In mir liegt nur Potenz zum Sprengen der Grenzen, zum Brechen
der Gesetze. Der Sinn, welche Grenzen zu überschreiten sind,
findest du nicht in mir.
Die C4-Homöopathie droht die Grenzen eures Schulsystems zu
sprengen, weil sie lebendiger ist als dieses. Das Lebendige ist
immer Gefahr für das Leblose! Und alles, was sich bewahren will,
stirbt. Du kannst das Leben nicht künstlich einzäunen,
umgrenzen, ohne dass es langsam stirbt!
Ich mache diesen Widerspruch durch Reibung offenbar und bin so
die künstliche Antwort auf ein künstlich geschaffenes
Problem. Es geht darum, im System zu bleiben, und es immer wieder zu
sprengen! Nur die ständige künstliche Wiederverlebendigung
des künstlichen Systems ist die garantierte Möglichkeit
seines Fortbestehens. Die Dynamik von Grenzsetzung und ihre
Übertretung ist der eigentliche Wachstumsprozess, zu dem das
System ja ursprünglich angetreten ist. Es ist ein Mittel
gegen die Versteinerung."
Bei der letzten Stufe hatte ich das Gefühl, meine Wirbelsäule
ist wie ein Tulpenstängel, und die Energie kann wieder
aufwärts quellen. Jetzt bin ich ganz rund geworden. Und ich finde,
die Tulpe ist eigentlich ein ziemlich schöne Pflanze!
Mir ist aufgefallen, das ich immer auf der 5. Stufe meiner Verreibungen
den entscheidenden Knackpunkt hatte. Deshalb überlege ich, ob es
eine C5-Arznei ist. (Ergänzung: in der C2 hatten das sogar alle
drei Teilnehmer synchron so erlebt.)
Teilnehmer 3
Es kam nicht mehr viel. Ich habe versucht, dem Mittel verschieden
Fragen zu stellen, wie z.B. Was ist das Wesen des Orgasmus? Aber es kam
keine Antwort.
Körperlich geht es mir jetzt wieder besser. Ich habe jetzt ganz
warme durchodete Hände.
Dann frage ich, Wie kann es in der Tulpe zu einem guten Ende
kommen?
Antwort: "Das ist in mir nicht vorgesehen. Du musst selbst
wissen, wieweit meine Kraft für dich gut ist."
Wie kann ich wieder auf den rechten Weg finden, frage ich weiter.
Antwort: "Hattest du ihn je?"
Letztendlich habe ich keine weiteren Antworten bekommen. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass diese Verreibung und die Konfrontation mit dem Stoff und dem Thema mir helfen werden, das mir das im Leben seltener passiert (Lohn haben zu wollen ohne Dienst).
Teilnehmer 2: | Lohn auf körperlicher Ebene? |
Teilnehmer 3: | Ja, bei mir war das Mittel hauptsächlich körperlich. Ich hatte keine spirituellen Beweggründe oder so etwas dabei. |
Teilnehmer 1+2: | (beide bestätigen dieses Gefühl) |
Nachtrag:
Teilnehmer 3 erzählte, er war nach dieser Verreibung so
erschöpft, dass er anschließend nur noch ins Bett gehen
konnte und dann 12 Stunden durchschlief.
Die Tulpe (Tulipa gesneriana, Liliengewächs) treibt von April bis
Mai ihre 4 – 8 cm langen, glockenförmigen Blüten aus
der Zwiebel. Je nach Zuchtform variiert die Blütenfarbe dabei von
weiß über gelb, orange, rosa, rot bis blau und sogar
schwarz. Ihre Laubblätter haben eine lanzettartige Form und werden
bis zu 30 cm lang.
Die Wildform (Tulipa silvestris) trägt gelbe, duftende
Blüten. Sie ist inzwischen nur noch selten zu finden, am ehesten
findet man sie in Weinbergen und Laubwäldern Süddeutschlands
und Südeuropas. In den Alpen wächst sie bis zu einer
Höhe von 2000 m.
Die Bezeichnung Tulpe und im Gattungsname Tulipa, soll dem persischen
Wort Dulbend für Turban entstammen, da sie im Mittelalter von den
Türken mit einem Turban verglichen wurde.
Die Tulpe ist ein Giftgewächs! Vor allem durch Verwechslung der Blumenzwiebel mit normalen Küchenzwiebeln sind Vergiftungen möglich. Hauptsächlich Zwiebel und Spross enthalten verschiedene Alkaloide (Tulipanin). Die Symptome einer Tulpenvergiftung sind Erbrechen, Magen – und Darmbeschwerden, Bauchkrämpfe und auch Untertemperatur. Bei starker Vergiftung ist selbst ein Atemstillstand nicht ausgeschlossen. Äußerlich bewirkt das Gift exzemartige Reizungen der Haut, die sogenannte Tulpen-Dermatitis oder Tulpenkrätze. Diese Krankheit wird vor allem bei Personen beobachtet, die beruflich mit der Pflanze zu tun haben. Trotz dieser starken Giftwirkung spielt die Tulpe in der Heilkunde jedoch keine Rolle.
Geschichte der Tulpe
Die in Persien wild wachsende Tulpe war schon in alter Zeit ein
Zeichen der Liebeserklärungen. Sie wurde von vielen
Dichtern beschrieben und von Malern abgebildet. Schon in den
Erzählungen von "Tausendundeinernacht", etwa 1255 n.
Chr., kommen Tulpen vor. Sie waren im Mittelalter in der Türkei
sehr beliebt und sind in vielen alten türkischen Werken
erwähnt. Sultan Selim II soll 1574 allein 50000
Tulpenzwiebeln bestellt haben und im 16. Jahrhundert gab es
bereits über 1300 verschiedene Formen.
In Europa wurde die Tulpe durch den belgischen Diplomaten Busbeck
bekannt, der 1544 Samen der Pflanze nach Wien schickte. Sie verbreitet
sich von dort aus nach England und Holland. In den Jahren 1634 –
1637 gab es in Holland eine richtige Tulpenmanie.
Alle, die Geld hatten, wollten auch Tulpen besitzen und es
wurden horrende Summen bezahlt, allein für die Sorte
"Semper Augustus" 13000 Gulden, für "Admiral
Enkhuizen" 6000 Gulden und für "Vizekönig"
über 4000 Gulden. Auch Spekulationen und Betrügerein um die
Tulpenzwiebeln waren plötzlich an der Tagesordnung, bis per Gesetz
dem Treiben ein Ende gemacht wurde. Holland steht heute in der Zucht
der Tulpenzwiebeln an erster Stelle. 1945 schickten die Holländer,
aus Dankbarkeit für ihre Befreiung, 1 Million Tulpenzwiebeln nach
England. [1,2]
Quellenangaben:
[1] verschiedene botanische Informationen aus dem Internet
[2] http://www.botanikus.de/Gift/Tulpe.htm
Olaf Posdzech
Dezember 1999